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Angeklagter entschuldigte sich persönlich bei Opferfamilie – Das Medienlog vom Freitag, 9. Februar 2018

 

Knapp drei Monate nach ihrem Anfang sind die Plädoyers der Nebenklage im NSU-Prozess zu Ende gegangen. Die letzten Vorträge hielten Yvonne Boulgarides, die Witwe des 2005 in München erschossenen Theodoros Boulgarides, und ihr Anwalt Yavuz Narin. Dabei kam heraus: Die Hinterbliebenen des Griechen hatten sich mit Carsten S. getroffen, dem geständigen Mitangeklagten, der die NSU-Tatwaffe Ceska 83 besorgt haben soll. Er entschuldigte sich bei diesem Gespräch erneut.

Der Prozesstag „zeigt noch einmal, was alles möglich ist in diesem Verfahren: menschliche Abgründe und menschliche Größe“, schreiben Annette Ramelsberger und Wiebke Ramm in der Süddeutschen Zeitung. Anwalt Narin sagte über die Witwe und ihre beiden Töchter, sie hätten „mehr Rückgrat und Größe bewiesen als alle Angeklagten und Zeugen zusammen“. Kritik übte Yvonne Boulgarides an Ermittlern, Verfassungsschutz und Bundesanwaltschaft.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Frank Jansen vom Tagesspiegel nennt die Abschlussplädoyers „bedrückende Momente“. Yvonne Boulgarides war von Carsten S.‘ Reue überzeugt. „Dennoch bringt der Prozess für sie und ihre Familie keinen Rechtsfrieden“, stellt Ina Krauß vom Bayerischen Rundfunk fest.

„Kurz vor dem Urteil war es eine Mahnung, an die Richter, an die Öffentlichkeit: Vergesst uns nicht! Und es war auch ein Signal an die Angeklagten: Wir sind die, denen ihr wehgetan habt. Doch wir sind immer noch hier“, heißt es bei uns auf ZEIT ONLINE. Dennoch: „Es ist das letzte Mal, dass die Opfer in diesem Verfahren Gesicht, Stimme und Aufmerksamkeit bekommen.“ Danach werden die Opfer nur noch als Namen in der Urteilsbegründung auftauchen.

Am Donnerstag wurden zudem die Plädoyers der Verteidigung terminiert. Sie beginnen am 13. März mit Beate Zschäpes Wunschverteidigern Matthias Grasel und Hermann Borchert, eine Woche darauf folgen ihre Altanwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm.

In einem Kommentar kritisiert Süddeutsche-Autorin Ramelsberger den Antrag des Nebenklageanwalts Adnan Erdal, das Kreuz im Gerichtssaal für die Urteilsverkündung abzunehmen. Sie argumentiert, im Prozess habe „dieses Kreuz nie eine Rolle gespielt“. Auch für den NSU sei Religion kein Thema gewesen: „Beate Zschäpe und ihre Männer glaubten an die Überlegenheit einer angeblichen Herrenrasse, nicht an Christus.“

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 12. Februar 2018.