Im NSU-Prozess haben die Plädoyers der Verteidigung begonnen. Am Mittwoch schloss Beate Zschäpes Verteidiger Hermann Borchert seine Bewertung der Beweise ab. Dabei kritisierte er erneut heftig die Bundesanwaltschaft, die seiner Ansicht nach die Indizien gegen seine Mandantin einseitig ausgewertet habe.
„Sein Frontalangriff auf die Bundesanwaltschaft dürfte allerdings ins Leere zielen“, meint Marcel Fürstenau von der Deutschen Welle. Borchert versuchte, Zschäpe als unbeteiligt an den Verbrechen des NSU darzustellen – dies sei „eine letzte Nebelkerze“, die „verpuffen“ werde. Er habe ein „reichlich naives und zuweilen dreistes Plädoyer“ gehalten, in dem Zschäpe aufgrund ihrer Aussage von 2015 als Opfer dargestellt wurde.
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Immer wieder wies Borchert darauf hin, dass Zschäpe in ihrer Aussage bestritten hatte, in die Morde des NSU eingeweiht gewesen und somit mitschuldig zu sein. „Also müssen die Staatsanwälte manipulieren und alles zurechtbiegen“, fasst Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung seinen Standpunkt zusammen. „Immer wenn es schwierig wird, wischt Borchert das weg.“
„Anwalt Borchert hat sich in Sachen Plädoyer gründlich verschätzt“, heißt es auch bei uns auf ZEIT ONLINE. Bei Beteiligten des Prozesses herrscht demnach nicht der „Eindruck, dass die Anklage gegen Zschäpe ernsthaft ins Wackeln geraten ist, ja auch nur einen leichten Stoß erhalten hat“. Der Anwalt genieße seinen Auftritt und die deftigen Breitseiten, die er gegen die Bundesanwaltschaft austeilte – die davon alles andere als beeindruckt war.
„Es fällt schwer, seinen kleinteiligen, sich immer wiederholenden Ausführungen zu folgen“, resümiert Julia Jüttner von Spiegel Online. Kompliziert werde auch die Aufgabe für Zschäpes Altverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm, im Anschluss ein Plädoyer zu halten.
Der Vertrauensanwalt habe die Thesen der Anklage weggewischt, „ohne eine glaubhafte Alternative zu bieten“, analysiert Ina Krauß vom Bayerischen Rundfunk. Die „markigen Worte“ würden wohl nichts daran ändern, dass Zschäpe mit ihrer eigentümlichen Version von dem, was in den 13 Jahren im Untergrund des NSU passierte, nicht durchkommen werde.
Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 27. April 2018.