71 Verhandlungstage sind absolviert, 113 weitere stehen bis Ende 2014 auf der Agenda des Münchner Oberlandesgerichts. Doch selbst die werden nicht ausreichen, wie Frank Jansen im Tagesspiegel schreibt. Der NSU-Prozess werde nicht nur lang, sondern für den Staat auch sehr teuer werden.
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Ein Ausblick auf das Urteil, das in ungewisser Zeit fallen wird: „Nach dem bisherigen Verlauf des Prozesses ist zu vermuten, dass der Strafsenat alle Angeklagten zu Strafen verurteilen wird. Bei Zschäpe ist allerdings offen, ob die Indizien genügen, sie als Mittäterin zu verurteilen.“ Womöglich werde sie nicht der Mittäterschaft bei den Morden, sondern der Beihilfe für schuldig befunden, zudem der Brandstiftung im Zwickauer Wohnhaus des Trios. Das würde für die Hauptangeklagte eine lange Zeit im Gefängnis bedeuten.
Jansen analysiert weiter: „Die Zahl der Unterstützer und Mitwisser war vermutlich gering.“ Besonders interessant sei die Frage nach der Beteiligung des ehemaligen V-Manns Tino Brandt. Dieser ist ebenfalls als Zeuge geladen. Die rechte Szene sei indes nicht einig, was sie vom NSU-Prozess halten soll. Die kaum durchschaubare Zschäpe sei „keine Ikone des braunen Milieus“ – eher schon der frühere NPD-Kader Ralf Wohlleben, der mit auf der Anklagebank sitzt. Er wird von Anwälten verteidigt, die als szenenah gelten.
Ähnliche Ansichten äußert der Nebenklage-Anwalt Sebastian Scharmer in einem ebenfalls im Tagesspiegel erschienenen Interview mit Jansen. Scharmer spricht sich dagegen aus, die Kölner Sprengstoffanschläge vom NSU-Prozess abzutrennen und in einem gesonderten Verfahren zu behandeln. Wahrscheinlich sei dies jedoch bei einzelnen Raubüberfällen, die der NSU laut Anklage zur Finanzierung verübte.
Auch Johannes Radke vom ZEIT-ONLINE-Blog Störungsmelder beschäftigt sich mit dem Blick des rechten Milieus auf den Prozess. Demnach teilt sich die Gemeinschaft in Bezug auf den NSU in drei Gruppen: Bewunderer, Verschwörungstheoretiker und Kritiker. Wie Jansen schreibt Radke, Bewunderer unterstützten vor allem Wohlleben. Verschwörungstheoretiker betrachten die Angeklagten demnach als Opfer staatlicher Machenschaften, während Kritiker einen guten Grund sähen, sich von den Taten zu distanzieren: „Rassismus als Motiv für eine grausame Mordserie passt nicht in das Bild des sauberen, ordnungsbewussten Rechtsextremen„, heißt es in dem Beitrag, der auf einem Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung basiert.
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Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 9. Januar 2014.