Die Aussage des Polizisten Martin A. war ein erster wichtiger Einblick in das Geschehen am 25. April 2007 in Heilbronn. Damals wurde A.s Kollegin Michèle Kiesewetter neben ihm im Streifenwagen erschossen, A. überlebte schwerverletzt. Die Vernehmung des 31-Jährigen ist auch Ausgangspunkt für eine der vielen Fragen, die nach dem Mord bleiben: Gab es einen persönlichen Hintergrund für die Tat, kannten sich Opfer und Täter womöglich? Martin Debes untersucht diese These in der Thüringer Allgemeinen.
An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Tatsächlich gab es dem Bericht zufolge schon kurz nach der Tat mehrere Verdachtsmomente: Kiesewetter stammt aus dem Dorf Oberweißbach in Thüringen, in dem der Schwager des Mitangeklagten Ralf Wohlleben eine Pension betrieb. Zeugen wollten gar Uwe Mundlos in dem Ort gesehen haben. Doch reichen Indizien wie diese, um den Polizistenmord als Beziehungs- oder Szenetat zu deklarieren? Nach heutigem Kenntnisstand gehört diese Vermutung ins Reich der Verschwörungstheorien. Debes zitiert Bundesanwalt Herbert Diemer, der gesagt habe, die Ermittler seien auch den „fernliegendsten Hinweisen“ nachgegangen – übrig blieb als Motiv eine Machtdemonstration gegen die Bundesrepublik: „Wenn der Staat als der Feind gilt, dann sind die Polizeibeamten seine Vollstrecker, die mit allen Mitteln bekämpft werden dürfen“. Kiesewetter sei somit zum „zufälligen Opfer in einem Krieg“ geworden.
Ein Grund für die nicht abebbenden Spekulationen sind sicherlich die Pannen bei den Ermittlungen, die eine dpa-Meldung auflistet: Unter anderem notierten Polizisten während einer Ringfahndung das Kennzeichen eines Wohnmobils, das ihnen auffällig erschien. Später stellte sich heraus: Mieter des Fahrzeugs war Uwe Böhnhardt. Die Ermittler hatten jedoch nie die Fahrzeughalter überprüft.
In einem Beitrag für die Berliner Zeitung analysiert die Publizistin Anetta Kahane von der Amadeu-Antonio-Stiftung die Diskrepanz zwischen Beate Zschäpes Äußerem und der Grausamkeit, die ihr vorgeworfen wird: Zschäpe sei eine „Frau, die im selben Moment ein Kätzchen streicheln und ein Kaninchen mit dem Kopf gegen eine Wand schleudern kann, sodass es blutig zerplatzt“. Die Angeklagte entziehe sich den Klischeebildern von Rechtsradikalen und auch von Frauen: In ihrem Inneren sei sie kalt und gleichgültig, könne dies jedoch für sich selbst mit der harmlosen Rolle vereinen, mit der sie dem NSU eine bürgerliche Tarnung verschaffte.
Keine Berichte in englischsprachigen Onlinemedien.
Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 21. Januar 2014.