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Wohllebens Anwältin und der Verfassungsschutz – das NSU-Medienlog vom Montag 3. Juni 2013

 

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Die Anwältin des im NSU-Prozess Angeklagten Ralf Wohlleben, Nicole Schneiders, soll seit 20 Jahren in der rechten Szene aktiv gewesen sein. Mehrere Medien berichten, so lange werde sie auch vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet.

Schneiders habe Vorwürfe, sie sei eine „Nazi-Anwältin“, als „Unverschämtheit“ bezeichnet, heißt es bei stern.de unter Berufung auf vertrauliche Unterlagen des Landeskriminalamtes. Aus einem Briefwechsel gehe außerdem hervor, dass der Verfassungsschutz Schneiders als Verbindungsperson gewinnen wollte. Darüber hatten zuvor auch die Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung berichtet. (siehe Medienlog vom 31. Mai)

 


Stern.de beschreibt Schneiders‘ Aufstieg in der Szene, laut dem Bericht nahm sie schon als Teenager an Neonazi-Treffen teil. Sie war in der gewaltbereiten Neonazi-Gruppe Kameradschaft Karlsruhe aktiv, habe Kameraden in Waffen- und Versammlungsrecht geschult, sie war Ansprechpartnerin der Polizei bei einer Demonstration der Kameradschaft Karlsruhe. Mehrere Medien greifen die Informationen auf und bringen eigene Berichte und Meldungen: (siehe Artikel von Andreas Förster in der Stuttgarter Zeitung; taz, Focus Online, Die Welt, ZEIT ONLINE und die Europa-Ausgabe der türkischen Tageszeitung Sabah.

Ebenfalls um Ralf Wohlleben dreht sich ein Bericht des Focus. Der Mitangeklagte Carsten S. erhebt demnach schwere Vorwürfe gegen Wohlleben und will ihn vor Gericht belasten. Carsten S. soll Mittelsmann zwischen Wohlleben und der NSU-Dreiergruppe gewesen sein. „Wohlleben führte mich ein, wie ich telefonischen Kontakt mit den drei Untergetauchten aufnehmen konnte“, zitiert der Focus Aussagen von S. gegenüber der Bundesanwaltschaft. Die Wünsche der Dreiergruppe habe er immer an ihn weitergegeben. „Jeder Auftrag der Gruppe hat die Einbindung und Entscheidung des Ralf Wohlleben bedingt“, heißt es in den Unterlagen. Das gelte „selbstverständlich auch für die Beschaffung der Schusswaffe“.

Weitere Berichte und Analysen: Viele Medien machen die anstehenden Aussagen von Carsten S. und Holger G. zum Thema, die zur Prozessfortsetzung am Dienstag zu erwarten sind. Die Märkische Allgemeine vergleicht den Auftakt des NSU-Prozesses mit dem RAF-Prozess. Das Hamburger Abendblatt beschreibt mögliche weitere Aktivitäten der Gruppe in der Hansestadt.

Laut Spiegel wird der Prozess etwa 20 Millionen Euro kosten. Das sei eine erste Einschätzung der Bundesanwaltschaft, berichtet das Magazin. Diese Kosten umfassten die Honorare für die Verteidiger der Angeklagten, Zeugen- und Sachverständigenentschädigungen, Übernachtungs- und Reisekosten sowie Dolmetscherhonorare. Allein die Aufwendungen für die mehr als 80 Nebenkläger in dem Prozess und ihre Anwälte liegen laut Schätzungen bei etwa 13 Millionen Euro.

Diese Meldung des Spiegel greift auch die Europa-Ausgabe der Sabah auf, weiterhin die türkische Tageszeitung Zaman.

Lokalwellen und ein Frauenmagazin: Vor Wochen gab es Streit darüber, dass reichweitenstarke Zeitungen im Gerichtssaal keinen Reporterplatz erhalten hatten, dafür mehrere Lokalmedien und Magazine, die bisher kaum über den NSU berichteten. Wie diese Medien den Prozess begleiten, hat Marc Reichwein von der Welt am Sonntag aufgeschrieben.

In den englischsprachigen Medien wurden online keine Artikel zum NSU-Prozess veröffentlicht.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, den 4. Juni.