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Schwülwarm ins Nirwana

Es gibt Ratgeber für Schriftsteller. Wie schreibe ich einen Dialog?, Wie baue ich Spannung auf?, Wie finde ich Themen?. Es gibt auch einige, die helfen sollen, richtig erotische Liebesszenen zu schreiben. Aber halt! Sexszenen in Büchern sind eine schwierige Sache. Meistens geraten sie peinlich und plump. Oft will man sich beschämt abwenden, das Buch zuklappen, man ist ja nicht prüde, aber das, puh. Eine Erzähltechnik ist die Kunst des Auslassens. Sie lässt solch heikle Szenen erst reizend werden, weil sie die Fantasie des Lesers fordert. Der Autor blendet aus, anstatt von „Lustgrotten“ und „Liebesstiften“ zu schwallen, bis einem ganz blümerant wird vor Scham. Das Berliner Autorenhaus lobte einmal gar einen Preis für besonders missratene Sexszenen in Büchern aus, den „Spitzen Stift“. Ich möchte jemanden nominieren:

Das Buch heißt Der Sexte Weg zum Nirwana. Geschrieben hat es Gunter Held, und der fackelt nicht lange, Seite 9, zack, Kapitel eins, „Die Orgie“:

„Der Blitz hatte eingeschlagen: Zwei Lustschreie erbebten gleichzeitig wie der Donner des Himmels. Die Schenkel zitterten noch vor der Hitze und Ekstase. Gelee und Samen verglühten in der Tiefe ihrer Höhle.“

Zwölf Personen sind an dieser Orgie beteiligt, Internatsfreunde von früher, die sich eines Tags wiedertreffen. Allesamt werden zuvor in einer Tabelle kurz vorgestellt: Singh Khan (Restaurantbesitzer), Christina (Künstlerin), Nalingha (Yoga-Lehrerin), Hubert (Bio-Landwirt), Tanja (Ärztin), Ivan (Computerexperte), Pierre (Filmproduzent), Jaqueline (Lebedame), Arona (Philosophin), Rednug (Insurance-Manager), Boris Green (Börsenheini), Peter Winter (Politiker). Schon klar, wen interessiert das, Sie wollen mehr Sexszenen, jaja, gewiss:

„Währenddessen stieß Singh wie ein Weltmeister im Speerwerfen zu“
„Gemessen von der Basis hatte Hubert den Längsten mit 16,5 cm“ (Bio-Kost machts möglich)
„Dann griff sie sich selbst zwischen die Schenkel und massierte den Türklopfer“
„Sie (…) spreizte ihre Schenkel im geometrischen Winkelmaß von 90 Grad, dessen Exaktheit jeden Landvermesser erfreut hätte.“
„Boris (…) errechnete als mittleres Schwanzvolumen der drei Männer – nach der mathematischen Formel eines Zylinders – 50 cm³ und meinte, das sei für Christina bestimmt genau das richtige Volumen, worauf sie mit den Worten ‚bitte 150 cm³‘ um die Trinität bat.“

Wird Ihnen schon heiß?

Geschlagene sechs Seiten der offenen Hosen. Man lernt fünfzig neue Begriffe fürs weibliche Geschlechtsorgan, ein paar Helden bilden ein „heißes Oktett“, und wie das geht, möchte ich Ihrer Fantasie überlassen. Am Ende der Szene essen alle den Anus eines indischen Elefanten, „dargereicht in einer Silberterrine“. Falls man die Seiten bis dahin überstanden hat. Wenn ja, erfährt man, dass diese Orgie die Freundschaft der Zwölf belastet. Es folgen Exkurse in die Welt der Finanzen, in die Politik, in die Seele der Natur, zum Karma, zum Schicksal, in die Evolutionstheorie, zum Tantra, in die Magie, und schließlich gründen alle eine Stiftung, kaufen eine Kapelle und finden das Tor zum Nirwana. Zwei befassen sich mit sexueller Transmutation und ernähren sich fürderhin nur noch von Licht, was sicher besser ist als von Elefantenhintern. Und dann, auf Seite 208, ist das Buch endlich vorbei.

Falls Sie dieses Buch haben wollen, ich verschenke mein Exemplar gern. Falls Sie eine vernünftige Liebesgeschichte lesen wollen, empfehle ich Yasushi Inoues Jagdgewehr, und falls Sie mal richtig guten Sex lesen möchten, werden Sie hier fündig.

 

Romantik, wo bist du?

Welt online blickt auf das Kulturjahr 2007 zurück, auch aufs Buch. In verlagstypischer Manier als TOP und FLOP. Und was da zu Tage kommt, ist irgendwie, nunja, bitte:

„TOP: Die Romantik ist zurück in der deutschen Literatur, nicht nur in Rüdiger Safranskis Kulturgeschichte – Der Buchpreis macht Bestseller: Julia Francks „Mittagsfrau“ versöhnt Erzählkunst und Verkaufserfolg – Kleeberg, Peltzer, Pehnt & Co.: Auch die Politik ist zurück in der deutschen Literatur.“

„FLOP: Die Listen des Deutschen Buchpreises spiegelten alles Mögliche, nur nicht den Stand der literarischen Dinge – Walser und Grass, die großen alten Medienorganisten, fühlen sich von den Medien verfolgt – Auch Nobelpreisträger haben eine Halbwertszeit: Heinrich Böll ist literarisch zu Recht vergessen.“

Die Romantik in der heutigen deutschen Literatur mögen mir die Verfasser dieser Liste bitte zeigen. Sucht noch irgendwer nach der Blauen Blume? Nehmen wir die Autoren auf der Liste des Deutschen Buchpreises. Diese ist zwar nicht grundsätzlich repräsentativ für den literarischen Stand der Dinge, zeigt aber durchaus einen netten Querschnitt dessen, was so geschrieben wird und eine Vielzahl an Lesern haben will: Familiengeschichten wie Julia Francks Mittagsfrau, Liebesgeschichten wie Katja Lange-Müller in Böse Schafe oder Alltagsgeschichten wie Annette Pehnt in Mobbing, Geschichten also, die jeder Leser erlebt hat oder sich vorstellen könnte. Die Sprache der Autoren ist zugänglich und frei von Zweifeln. Sie schreiben verständlich, was die Bücher keineswegs schlecht macht, aber eben auch nicht romantisch. Die Romantiker haben sich ja bisweilen selbst untereinander kaum verstanden. Die Unverständlichkeit war ein Merkmal dieser Strömung. Das kann man bei Rüdiger Safranski nachlesen. Sollte sich die Welt vielleicht zum kommenden Jahr vornehmen.

Und dass Nobelpreisträger eine Halbwertzeit haben, ach bitte. Liest jemand noch T.S. Eliot? Ist Paul Heyse noch relevant? Darüber könnte man auch reden. Aber man macht’s sich einfach: „Heinrich Böll ist literarisch zu recht vergessen.“ Auf Böll einzudreschen ist leicht, das haben schon zuvor viele gemacht. Und die konnten das obendrein eleganter: Robert Gernhardt, Eckhard Henscheid, sogar das Magazin Titanic. Warum soll Böll literarisch vergessen sein? Die Themen, die er beschrieb, die Erregungen, aus denen seine Romane entstanden, sind freilich abgeklungen oder nicht mehr so nachvollziehbar wie damals. Bloß wenn das ein Kriterium fürs Vergessenwerden ist, vergessen Sie jetzt bitte auf der Stelle folgende Bücher: vieles von Grass, so manches von Lenz und Arno Schmidt, ’ne Menge Thomas Mann, alles von Heine, alles von Büchner und lesen künftig nur noch Bücher von Autoren, die über Dinge schreiben, die Sie kennen oder erlebt haben. Also die Longlist des Deutschen Buchpreises rauf und runter. Viel Vergnügen damit.

 

Erzähl mal was vom Handy

Vergessen Sie bitte Schreibmaschinen, Laptops oder den guten alten Füller. Wenn Sie literarische Ambitionen haben und richtig zukunftsgewandt sein wollen, dann sei Ihnen geraten, künftighin ihre Geschichten, Gedichte oder Stücke auf Ihrem Mobiltelefon zu schreiben. In Japan ist das bereits ein richtiger Trend. Handy-Romane stürmen die japanische Bestsellerliste. Anfang diesen Jahres waren fünf der zehn meistverkauften Bücher auf einem Mobiltelefon geschrieben. Und, da reiben sich Literaturwissenschaftler die Hände – es gibt sogar Gattungsmerkmale für diese neue literarische Form. Kurze Sätze, einfache Worte und wenig Varianz. Das liegt nicht an den Wortfindungsstörungen der Autoren, sondern an der Beschränkheit japanischer Schriftzeichen, die das Handy kennt. Nebensatzsalat und aufgeblasene Stelzen erledigen sich so von allein.
Und noch ein weiteres Merkmal: Besonders Frauen schreiben diese Bücher. Woran das liegt, weiß niemand. Da tun sich doch wieder Magisterarbeitsthemen auf für verzweifelte Japanologiestudenten.

 

Auf Kurt Becks Nachttisch liegt…

Prominente, Politiker und Nunja-Berühmte lesen auch Bücher. Wollen Sie wissen, welche? Die Presseagentur dpa hat herumgefragt! Ich hab mal zusammengefasst:

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Chef Kurt Beck erkor mehrere Werke zu seinen Favoriten: „Das Buch der Bücher, die Bibel, begleitet mich ein Leben lang“, sagte er. Auch möge er Geschichten von Wolfgang Borchert, und, wie es sich als Sozialdemokrat gehört, natürlich Die Blechtrommel von Günter Grass.

Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) greift gern zum Buch, wenn sie sich vom öffentlichen Streit um Krippenplätze und Jugendschutz erholen wolle. Als Kind habe sie Otfried Preusslers Klassiker Krabat fasziniert. „Krabat ist nicht nur die spannende Geschichte eines Zauberlehrlings, sondern auch eine der schönsten Liebesgeschichten, die je erzählt wurde“, sagte die Politikerin.

Die Opposition steht deutlich näher am literarischen Zeitgeist:
Guido Westerwelles Lieblingsbuch sei derzeit Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt. Wenn sich der Mathematiker Carl Friedrich Gauß und der Naturforscher Alexander von Humboldt aus verschiedenen Perspektiven die Welt des 19. Jahrhunderts erklären, dann sei das schon eine „deutsche Geistesgeschichte vom Feinsten – mit einem großartigen Gefühl für die Umstände der damaligen Zeit“. Und Claudia Roth, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, habe nicht nur ein Lieblingsbuch, sondern lässt sich immer wieder von Neuerscheinungen beeindrucken: „Zur Zeit ist es Der Bastard von Istanbul von Elif Shafak“, sagte sie. „Das Buch handelt von starken und selbstbewussten Frauen und beschreibt auf eine großartige Art und Weise die politischen Konflikte rund um die Tabuisierung der Armenierfrage und die Multikulturalität in der Türkei.“

Musiker durften auch was sagen:
Der Sänger und Komponist Stefan Waggershausen schwöre auf die „spannenden Werke von John le Carré“, besonders auf den Klassiker Dame, König, As, Spion. Olaf Malolepski, der Sänger und Gitarrist der Flippers, ziehe sich zuweilen gern zurück, um ein gutes Buch zu lesen. Besonders begeistere den 61-Jährigen Heinrich Heines Buch der Lieder, in dem, nun, der Liebe in ihren vielfältigen Gestalten gehuldigt wird.
Wie auch in Malolepskis Liedern. Dort heißen sie Angelina, Julia, Elisa, Maja oder Natascha. Und geliebt wird sich darin wahlweise einen Sommer lang auf Mallorca, im heißen Sand von Rhodos, mitternachts in Trinidad, wenn es Frühling wird in Amsterdam oder wenn in St.Petersburg die weißen bzw. in St.Remo die roten Rosen blühen.

Hitparadenkollege Tony Marshall komme an kaum einem Buch vorbei, das die Aufarbeitung von Geschichte verspreche. Er lese gerne Darstellungen der Menschheitsgeschichte, insbesondere solche, die Afrika in den Blickpunkt rückten.

Und nun zum Sport:
Der Schwergewichtsboxer Luan Krasniqis liest am liebsten Paulo Coelhos Der Alchimist, denn darin werde in einer „offenen und mutigen Art“ von der Kunst zu überleben erzählt. Die zweifache Fußball-Weltmeisterin Renate Lingor greift zu historischen Romanen. Ken Folletts Säulen der Erde sind ihr als einer der besten in Erinnerung geblieben.

 

Lyrik unter Pferdepostern

Vertonungen von Lyrik gibt es schon lange. Viele Gedichte Heinrich Heines wurden von Robert Schumann musikalisch unterlegt. Der Sänger Pilo tat ähnliches mit Rilke oder Goethe. Nun hat sich das sogenannte World Quintet der Poesie Selma Meerbaum-Eisingers angenommen – eine jüdische Lyrikerin, die im Alter von 18 von den Nazis ermordet wurde und lediglich 57 Gedichte schrieb. Sie wurden erst 1980 entdeckt und veröffentlicht. Zwölf von ihnen finden sich auf der CD Selma. In Sehnsucht eingehüllt und sind Teil eines bundesweiten Schulprojekts, das für Toleranz und Verantwortung wirbt. So weit, so schön.

Dann fällt der Blick auf die Besetzung der Musiker, die die Gedichte singen. Da kann einem schon anders werden: Hartmut Engler! Yvonne Catterfeld!! Xavier Naidoo!!! Und, Teufel auch, Sarah Connor!!!! Jetzt könnte manch einer sagen: Ist ja für Schüler, da muss man sich an der Zielgruppe orientieren. Ach wirklich? Bleiben wir bei Sarah Connor. Eine Sängerin, deren lyrische Qualität sich bislang in Zeilen zeigte wie Kiss me on the left, kiss me on the right / With you’re uh uh, boy, you make me happy all night / Boom, boom, boom my heart’s going / All I wanna do is stay in bed with you . Jetzt interpretiert sie Eisingers Das Glück, und deren zarte Natur- und Sehnsuchtslyrik gerät zu einem derart diddlmausigen Stück, zu dem die Zielgruppe fürderhin im Jugendzimmer unter Pferdepostern kuscheln und knutschen kann.

Zweifellos sind die Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger sentimental, zuweilen kitschig. Kein Problem, völlig in Ordnung. Sie sprechen von Liebe und unerfüllten Erwartungen, Ahnungen und Verlangen einer 18-Jährigen. Sie war eine Dichterin, von der ihre Entdeckerin Hilde Domin sagte: „Ihre Begabung steht sicher auf einer Stufe mit dem jungen Hofmannsthal.“ Nun werden größtenteils Musiker auf die Lyrik losgelassen, die sich irgendwo zwischen Tanzschul-Disco und Engtanz-Abend bewegen und machen daraus, was sie am besten können: Schwulst. In einer manchmal hitparadentauglichen, manchmal biederen Wurschtigkeit. Wenn Reinhard Mey Abend I singt, klingt das immer noch wie Über den Wolken; knödelt Xavier Naidoo Spätnachmittag könnte es auch von einem Walt Disney-Soundtrack sein. Und Hartmut Engler stimmt die gleichen Töne an, mit denen er und seine Gruppe PUR schon weiß der Himmel wie viele Menschen ins Nirwana georgelt haben. Da nützt das Baseler Sinfonieorchester wenig. Nicht viele Interpretationen sind gelungen. Rapper Thomas D, Volkan Baydar und die Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß legen schöne Stücke hin.

Karl Kraus schrieb einmal von Heines Gedichten stellvertretend für jedwede Form der Lyrik: Die Sangbarkeit der Verse sei der größte Fehler. Vielleicht liegt es gar nicht an der Sangbarkeit, sondern an den Leuten, die die Verse singen. Die Gedichte Selma Meerbaum-Eisingers lohnen sich wirklich. Doch nicht in dieser Form.

 

Schlafen mit Büchern

Der österreichische Aktionskünstler André Heller kann abends nur einschlafen, wenn er vorher zwei Stunden gelesen hat.
Lesen sei seine Hauptleidenschaft, sagte er am Dienstag in der Aufzeichnung der ZDF-Sendung Lesen! mit Elke Heidenreich. Bücher seien für ihn die Rettung in dem Jesuiteninternat gewesen, in dem er einen Teil seiner Kindheit verbracht habe. In dem Schlafsaal mit 80 Jungen sei alles Private verboten gewesen, sogar ein Bild der Mutter. Man habe aber Bücher lesen dürfen. Und das geht bei Heller so:

„Ich hab mir’s so übers Gesicht gelegt und hatte dadurch ein Haus, eine Schutzhütte.“

Sein Lieblingsbuch war und ist der Roman Radetzkymarsch von Joseph Roth. „Das war mein Karl May, so als Zwölfjähriger“, sagte Heller. „Ein Buch der Nuancen, eine Raserei der Zwischentöne. Es geht einem nach diesem Buch in jedem Fall besser als vorher.“

Wenn Sie nicht einschlafen können, legen Sie sich einfach auch ein Buch aufs Gesicht, am besten ein richtig schweres. Krieg und Frieden zum Beispiel. Oder Voltaires Briefwechsel mit Friedrich dem Großen. Da kommt kein Licht mehr durch und die Augen bleiben zu. Gute Nacht.

 

Mehdorn dichtet

Von den Machenschaften der Bahn bleibt man ja nicht verschont. Erst das endlose Gestreike der Lokführer, dann auf dem Weg zur Buchmesse kein Service im Bordbistro und jetzt auch noch das: Der Journalist Hugo Müller-Vogg sprach nicht nur mit Hartmut Mehdorn, nein, er macht ein Buch daraus! Es erschien gestern, trägt den passenden Namen Diplomat wollte ich nie werden und erscheint bei Hoffmann und Campe. Müller-Vogg ist ehemaliger Herausgeber der FAZ und schrieb in den vergangenen Jahren schon zwei ähnliche Begegnungsbücher. Eins über Angela Merkel und noch eins über Horst Köhler. Nun also Mehdorn. Anne Seith hat’s für Spiegel online schon gelesen. Und, gnade uns Gott, sie findet es ganz gut.

Die ersten 90 Seiten seien langweilig, schreibt Seith. Da frage sich Müller-Vogg durch die Kindheit des Bahnchefs, und heraus kommen Sätze, die einem Robin Hood zur Ehre gereichten: „Ich habe mich auf dem Schulhof für die Schwächeren geprügelt.“ Mit seiner Körpergröße sei „Macher“ Mehdorn sehr zufrieden. 1,70 m, „Astronautenmaß“. Habe der Leser das alles überstanden, werde das Buch spannend. Dann trete der „typische Mehdorn“ zu Tage. Doch auch seine heitere, träumerische Seite. Zuweilen wird’s gar discount-poetisch, spricht Mehdorn über den geplanten Börsengang des Unternehmens: „Mutter und Baby müssen sich trennen. Der Börsengang ist der Schnitt in die Nabelschnur.“ „Sehr lebhaft“, findet das Anne Seith. Vielleicht lesen wir ja fürderhin ein Paar Zeilchen Mehdornscher Poesie auf den Gleisanzeigen, gleich hinter dem Hinweis „Die Abfahrt des Zuges verzögert sich um unbestimmte Zeit“.

Und wer ist danach dran? Mehr Manager, mehr Macher, mehr Player – so nennt Hugo Müller-Vogg diese Leute. Josef Ackermann vielleicht? Ich hätte dafür schon einen Namen: „Gespräche mit Ackermann“. Goethe möge mir diesen Kalauer verzeihen.