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Mit zweierlei Maß…

 

Dieser antifaschistische Demonstrant in Hamburg musste mit Bisswunden im Krankenhaus behandelt werden

Zwei Ereignisse des vergangenen Wochenendes werfen erneut kein gutes Licht auf die polizeiliche Arbeit im Kontext mit Aktivitäten der Extremen Rechten: Im Hamburger Stadtteil Blankenese werden gegen einen NPD-Stand protestierende Antifaschisten und Anwohner so brutal angegangen, dass mittlerweile sogar das Dezernat Interne Ermittlungen die Vorwürfe prüft, während im schleswig-holsteinischen Rendsburg 20 vermummte Nazis nach einem ebensolchen Stand unter den Augen der Polizei durch die Stadt ziehen und ungehindert vermeintliche, politische Gegner angreifen.

Mit Polizeihunden und Schlagstock gegen Demonstranten

Am vergangenen Samstag wollte die NPD in Blankenese erneut ihre menschenverachtende Propaganda verteilen. Wie so oft in den vergangenen Monaten stießen die Nazis dabei auf „Braune Säcke“ zur Entsorgung des Nazi-Mülls, antifaschistische Umleitungsschilder und lautstarken Protest durch antifaschistische Aktiuvisten und Anwohner. Kam es in der Vergangenheit immer wieder zu brutalen Übergriffen durch die Nazis auf die Protestierenden, prügelten dieses Mal andere. Unter dem breiten Grinsen der 15 NPDler attackierten Polizeibeamte mit Diensthunden und Schlagstöcken antifaschistische Demonstranten.

Wie NPD-Blog.Info und taz  berichten, wurde eine 16jährige, die am Zaun des eigenen Gartens „Nazis raus“ rief, von Polizisten überwältig und zu Boden gerissen. Der 50jährige Vater sah dies, wollte seiner Tochter zu Hilfe eilen, wurde umgehend ebenfalls brutal zu Boden gerissen und von zwei Polizisten im eigenen Beet liegend wie ein Schwerverbrecher gefesselt – das alles vor den Augen des 10jährigen Sohnes, der am Fenster stand und diese Bilder sicherlich erst einmal zu verarbeiten hat. „Bisher dachte ich, wir leben in einem Rechtsstaat“, so der angegriffene Familienvater gegenüber der taz.

Polizisten attackieren Familienvater im eigenen Vorgarten

Dies war jedoch nicht der einzige Polizeiübergriff an diesem Tag, wie die taz berichtet:

„Fotos, die der taz vorliegen, bestätigen die Angaben von Augenzeugen: Polizisten droschen auf NPD-Gegner ein, hetzten Diensthunde auf sie. Ein bereits festgenommener Jugendlicher wurde gewürgt, ein älterer Mann herumgeschubst. „Ohne Vorwarnung wurden die Jugendlichen mit Schlagstöcken verprügelt“, sagt Michael Sauer von der Partei „Die Linke“. Auch eine Frau im Rollstuhl berichtet: „Es war ein sehr brutaler Einsatz.“ Auf der anderen Seite der Blankeneser Bahnhofstraße erfreuten sich daran offenbar rund 15 breit grinsende NPD-Sympathisanten.

Morgens um 9 hatte die NPD ihren Infostand aufgebaut. Bereits kurz darauf sollen dann etwa 15 Jugendliche „Nazis raus!“ rufend auf den Stand schnell zugegangen sein. Hier bereits kam es dann offenbar zu einer ersten Rangelei mit Polizisten. Danach versuchten der Polizei zufolge Rechte die Gegendemonstranten anzugreifen. Die Uniformierten indes seien „bloß gegen die linken Autonomen vorgegangen“, sagt eine Frau vom Blankeneser Bündnis gegen Rechts, dessen Mitglieder Müllsäcke für das NPD-Material mitgebracht hatten.“

Auf der Seite „Keine Stimme den Nazis“ gibt es eine Reihe von Fotos der Übergriffe und eine Zusammenstellung von Presseberichten zu den Vorfällen, die sicherlich ein Nachspiel haben werden. So wurden nach Anzeigen gegen Polizeibeamte interne Ermittlungen aufgenommen, zudem haben SPD und Linke angekündigt, im Senat mittels Anfragen Licht in diesen empörenden Polizeieinsatz zu bringen.

In Rendsburg prügeln Nazis. Festnahmen? Keine.

Ganz anders die Ereignisse in Rendsburg, ebenfalls am vergangenen Samstag. Nach einem NPD-Stand in der Innenstadt sammelten sich nach Aussagen der Antifaschistischen Aktion Rendsburg (AARD) 20 Nazis am Bahnhof, um von dort aus provozierend in Richtung des alternativen Kommunikationszentrums T-Stube zu gehen. Die T-Stube war in der Vergangenheit immer wieder Angriffsziel von Nazis und wurde schon zweimal von diesen mittels Brandanschlägen angegriffen. Bereits die Nacht zuvor wurden genau auf dieser Strecke Ha­ken­kreuz, SS-​Ru­nen, die Ab­kür­zung von Com­bat 18, einer ver­bo­te­nen rech­ten Ter­ror­grup­pe, die Drohung „Wir kriegen Euch alle“ und eine Menge NPD-​Auf­kle­ber hin­ter­las­sen.

Nazi-Schmierereien in Rendsburg

Die AARD berichtet weiter:

„Nach­dem die Grup­pe von Nazis zum Bahn­hof zu­rück­ge­kehrt war, gin­gen die Nazis ver­mummt auf 4 An­ti­fa­schis­ten los, die sie auf dem na­he­ge­le­gen Park & Ride ent­deck­ten. Die Nazis war­fen mit Fla­schen und Stei­nen, die An­ti­fa­schis­ten konn­ten in den na­he­ge­le­ge­nen Edeka flüch­ten. Die Nazis folg­ten ihnen zwar hin­ein, be­en­de­ten aber den An­griff. Da­nach fuhr die Grup­pe Nazis ge­schlos­sen im Zug nach Kiel, wo sie sich zer­streu­te. Be­son­ders pi­kant ist hier, dass die Po­li­zei di­rekt vor dem Ein­gang des Bahn­hofs park­te, 20 ver­mumm­te Nazis al­ler­dings kein Grund zum Ein­grei­fen waren. Le­dig­lich die An­ti­fa­schis­ten muss­ten ihre Per­so­na­li­en kon­trol­lie­ren las­sen.“

Erst NPD-Stand machen, dann Leute verprügeln: Vermummte Nazis nach einem Angriff auf Antifaschisten in Rendsburg

Öffentliche Kontrolle und Kritik sind nötig

Die zwei geschilderten Ereignisse sind skandalös, in dieser Form leider jedoch kein Einzelfall (z.B. hier) im bundesdeutschen Alltag. Sie müssen öffentlich thematisiert und kritisiert werden, um polizeiliches Agieren gesellschaftlich zu kontrollieren. Andernfalls könnten es die Schläger der NPD und Co als weitere Einladung  und Freibrief für ihr menschenverachtendes Agieren sehen.