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Die Hooliganpatrouille von Düsseldorf

 

In Düsseldorf marschiert eine Truppe selbst ernannter Aufpasser durch die Stadt. Ihr Ziel: Angst und Einschüchterung verbreiten. Jetzt formiert sich Widerstand.

Von Jennifer Marken

Rechtsextremismus: Mitglieder der Bruderschaft Deutschland, hier bei einem angeblichen Trauermarsch für einen toten Neonazi im September 2018 in Mönchengladbach © Christophe Gateau/dpa
Mitglieder der Bruderschaft Deutschland, hier bei einem angeblichen Trauermarsch für einen toten Neonazi im September 2018 in Mönchengladbach © Christophe Gateau/dpa

Die einschüchternden Bilder waren gewollt: 34 Hooligans versammelten sich im Oktober 2018 zum Gruppenfoto am S-Bahnhof Düsseldorf-Eller Süd, gekleidet in Bomberjacken, schwarzen Kapuzenpullovern oder Anoraks mit Tarnfarben. Das Foto der Männergesellschaft, die öffentlich unter dem Namen Bruderschaft Deutschland auftritt, wurde über Twitter verbreitet.

Die rechte Truppe selbst marschierte anschließend durch den Stadtteil Eller. Das Viertel in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt sollte ab jetzt ihr Gebiet sein, das war die eindeutige Botschaft der Patrouillen. Es folgten noch weitere.

Patrouillengänge von gleichförmig gekleideten Hooligans und Rockern sind seit einiger Zeit eine beliebte Strategie extrem rechter Gruppen. So hat der Störungsmelder zuletzt mehrfach über Bürgerwehren von NPD-Anhängern in verschiedenen Städten berichtet.

Rechte Bürgerwehren haben Konjunktur

In Düsseldorf wendet sich am 9. Februar 2019 eine Demonstration des Bündnisses Düsseldorf stellt sich quer gegen das Gebaren, sie steht unter dem Motto „Kein Platz für rechte Schläger“. Die Einschüchterungsgesten der Hooligans sollen nicht weiter hingenommen werden, sagt Uwe Funke vom Düsseldorfer Bündnis dem Störungsmelder. Vergangene Woche hattenn die Aktivistinnen und Aktivisten bereits gegen eine Kundgebung der rechtsextremen Gruppe Patrioten NRW demonstriert, die mit rund hundert Teilnehmern vor der Staatskanzlei auflief.

Das Schnittmuster der rechten Bürgerwehren findet sich in vielen größeren Städten. In Köln patrouillierte die sich vor allem aus der Türsteherszene rekrutierende Internationale Kölsche Mitte, in Essen-Steele die uniformierten Steeler Jungs. Diese Gruppe aus 80 Hooligans und Rockern marschierte immer wieder auf, wortlos, aber bewusst Ängste schürend. Zwischen den Steeler Jungs und der Düsseldorfer Bruderschaft gab es bereits Treffen, wie das Antirassistische Bildungsforum Rheinland berichtet.

Rechtsextreme Machtbotschaften

Entstanden ist die Bruderschaft Deutschland vor drei Jahren in Düsseldorf-Garath. In diesem abgehängten Stadtteil waren Anfang 2016 rund 80 Hooligans unter Anführung der Republikaner-Partei aufmarschiert. Es kam zu massiven Übergriffen gegen linke Gegendemonstranten und Menschen mit migrantischem Aussehen. Mehrere der seinerzeit Beteiligten sind heute bei der Bruderschaft aktiv.

Keinen Zweifel über Sinn und Ziel lässt auch die Mitwirkung von Dominik Roeseler aufkommen, Ratsherr im Stadtrat von Mönchengladbach und früher Mitglied der rechtsextremen Partei pro NRW. Roeseler war Hauptakteur des Kölner Aufmarsches Hooligans gegen Salafisten im Oktober 2014, kurz Hogesa. Er fungierte auch als Hauptredner bei einem angeblichen Trauermarsch für einen Neonazi, der im September 2018 Selbstmord begangen hatte.

Vor einem Jahr bekamen die Bruderschaftler erstmals Probleme mit der Polizei: Auf ihren T-Shirts verwendeten sie einschlägige neonazistische Symbole wie „88“, das in der Szene für die nationalsozialistische Parole „Heil Hitler“ steht. Im Januar 2018 durchsuchte der Staatsschutz drei Wohnungen, Dutzende T-Shirts wurden beschlagnahmt, Strafverfahren eingeleitet. Seitdem haben die Düsseldorfer Hooligans ihr Erscheinungsbild ein wenig gemäßigt.

„Schlagt sie tot!“

Dass die Machtgesten der Bruderschaft nicht auf „ihren“ Stadtteil Düsseldorf-Eller beschränkt sind, zeigte sich bei einer Kundgebung im November 2018. Bei einem Aufmarsch von 450 gewaltbereiten Hooligans unter Federführung der Patrioten NRW kam es im Stadtteil Unterbilk zu massiven Ausschreitungen und Angriffen auf Gegendemonstranten sowie die Polizei. Der Ruf „Schlagt sie tot!“ ist dokumentiert. Dabei soll es auch zu einem Messerwurf gekommen sein.

Mittlerweile regt sich in Düsseldorf Widerstand gegen das braune Treiben – angefangen bei den Kneipen. So kehrten die Bruderschaftler bei ihren Patrouillen gern in eine bekannte Gaststätte ein. Im Dezember 2018 appellierte die Bezirksvertretung Düsseldorf-Eller in einem einmütigen Beschluss „an alle Gastronomen im Stadtbezirk“, dieser Gruppierung „kein Gastrecht in ihren Räumlichkeiten anzubieten“. In ihrer früheren Stammkneipe haben die Hooligans mittlerweile Hausverbot.