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Rechtsextremisten im Kleinkrieg

 

In Sachsen hat sich Der III. Weg zur aktivsten rechtsextremen Partei gemausert. Dennoch wurde aus einer geplanten großen Maidemo nur eine kleinlaute Kundgebung.

Von Hardy Krüger & K. Moritz Bauch

III. Weg: Rechtsextremisten im Kleinkrieg
Tony Gentsch, Schatzmeister des III. Wegs, spricht vor einer Handvoll Anhängern. © Hardy Krüger

Dichte Polizeisperren vor der Parteizentrale des III. Wegs im sächsischen Plauen. Dahinter ein Transporter mit einem Rednerpult, auf dem sich Tony Gentsch, Bundesschatzmeister der rechtsextremen Partei, vor knapp 50 Anhängern über die Infektionsschutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie empört. „Freiheit statt Corona-Impfzwang“ steht für das Publikum deutlich sichtbar auf einem Plakat hinter ihm geschrieben. Die Rückseite richtet sich dagegen an die Anwohner: „Reserviert für Volksverräter“, untermalt mit einem Gefängnisbild.

Diese Art von Rhetorik kommt heraus, wenn Neonazis zu Pandemiezeiten eine Maidemonstration abhalten. Während bürgerliche Politiker wie die Grünenkanzlerkandidatin Annalena Baerbock die Gelegenheit nutzen, um auf die Situation von Pflegekräften aufmerksam zu machen, schüren Rechtsextreme den Hass auf das Establishment. Der III. Weg füllt diese Sparte seit Jahren. Einerseits beansprucht er den Status einer bürgerlichen Partei, andererseits sieht sich die Organisation auch als „nationalrevolutionäre Bewegung“, welche die Revolution „auf den Trümmern der morschen Welt und Moralvorstellungen“ des Bürgertums erkämpfen möchte. So heißt es in seiner Publikation Der Nationalrevolutionär.

Kampftag für Rechtsextremisten

Ursprünglich wollte die Partei mit 500 Teilnehmenden in Leipzig gegen „linken Terror“ aufziehen. In Plauen führt sie nun einen Kleinkrieg gegen ihre Nachbarschaft. Als ein Anwohner während der Kundgebung zum Spachtel greift und einen Sticker des III. Wegs von einer Straßenlampe kratzt, ist Schatzmeister Gentsch erzürnt. Ordner eilen zur Polizei, weil eine Straftat im Raume stehen könnte. Der Lack der Laterne könnte ja beschädigt worden sein. Pflichtbewusst rücken fünf Beamte an und schicken den Anwohner nach Hause. Gentsch ist zufrieden. Für ihn ein kleiner Sieg am sonst eher unrühmlich verlaufenen Arbeiterkampftag.

Ursprünglich hatte Der III. Weg gleich fünf Veranstaltungen angemeldet, neben Leipzig auch in Zwickau, Schweinfurt, Jena und Plauen. Die ersten vier wurden mit Blick auf das Infektionsgeschehen allesamt verboten.

Der Maifeiertag hat für den III. Weg eine elementare Bedeutung. Die Partei baut bewusst auf das Erbe der Nationalsozialisten auf. Ideologisch begründet wird dies damit, dass der Erste Mai im Jahr 1933 zu einem Feiertag gestiftet worden sei. Damals erklärten die Nationalsozialisten den ursprünglichen internationalen Kampftag der Arbeiterbewegung zum arbeitsfreien „Tag der nationalen Arbeit“ und zerschlugen einen Tag später die Gewerkschaften. Als „Arbeiterkampftag“ ist das Datum nun seit Jahren die größte und wichtigste Versammlung im Demonstrationskalender der rechten Partei.

Anschluss an bürgerliche Kreise

Das sächsische Innenministerium schätzt den III. Weg mittlerweile als „aktivste rechtsextremistische Parteistruktur in Sachsen“ ein. Mit ihrer gefestigten Ideologie gehe ein hohes Niveau an Aktivitäten einher. Gleichzeitig verfolge die Partei – zuweilen entgegen ihrer eigentlich nationalrevolutionär ausgerichteten Leitlinie – eine aktive Anschlussstrategie an bürgerliche Kreise.

Dies zeigte sich zuletzt im März dieses Jahres. Gemeinsam mit Kommunalpolitikern der AfD stimmte ein III.-Weg-Abgeordneter bei einer Ratssitzung in Plauen einem Antrag der CDU-Fraktion zu, der dem Bündnis für Demokratie, Toleranz und Zivilcourage im Vogtland die Fördergelder entzog. Dem Demokratieprojekt wurden damit etwa 8.000 Euro gestrichen. Nur die außergewöhnliche Spendenbereitschaft von 115 Einzelpersonen und Organisationen, bei der etwa 7.900,00 Euro gesammelt wurden, rettete den Bündnisetat.

III. Weg: Rechtsextremisten im Kleinkrieg
Anhänger der NPD demonstrieren in Greifswald. © K. Moritz Bauch

Auch in anderen Städten marschierten am 1. Mai Neonazis auf. In Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern hatten die NPD und ihre Jugendorganisation JN zum Tag der deutschen Arbeit aufgerufen. Etwa 170 Rechtsextreme zogen dort ein paar Hundert Meter durch die Universitätsstadt. Dann war Schluss. Eine Sitzblockade von mehreren Hundert Gegendemonstrierenden zwang die Neonazis zum Ausgangspunkt zurück.

Bis zu 1.000 Menschen hatten sich insgesamt an Protesten gegen die NPD beteiligt. Allein 14 Mahnwachen waren Bündnis für Weltoffenheit, Demokratie und in Greifswald bereits im Vorfeld angemeldet worden.