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Warum der Rückkauf von Griechenlandanleihen nichts bringt

 

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Der Rückkauf von Staatsanleihen durch die Krisenländer wird wohl eines der Instrumente des umfassenden Rettungspakets werden, das die EU auf ihrem Gipfel im März verabschieden will. Es sieht ganz so aus, als seien alle von dem Vorschlag begeistert. Die Märkte, die Politiker, die Ökonomen.

Was die Frage aufwirft, ob die Maßnahme wirklich so klug ist. Meine Antwort: Es kommt darauf an.

Wer darauf setzt, dass der Rückkauf zu einer Entschuldung führt, der muss sich auf eine Enttäuschung gefasst machen. Das Argument für Bondkäufe geht ungefähr so: Die Anleihen von Griechenland notieren bei etwa 70 – wenn sie zu diesem Kurs von der Regierung zurückgekauft werden, kommt es zu einer Entlastung in Höhe der Differenz zwischen Nominalpreis und Ankaufspreis. In diesem Fall wären das 30 Prozent. Die Anleihenhalter tragen die Verluste, ohne dass es zu einer formellen Umschuldung mit all ihren bösen Folgen (CDS, Dominoeffekt) käme.

Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es auch. Machen wir, um den Punkt zu verdeutlichen, ein Gedankenexperiment. Griechenland habe keinerlei Zugriff zu Hilfsgeldern. Kann sich das Land durch einen Anleiherückkauf entschulden? Die Antwort ist natürlich nein. Das Land müsste das Geld, das es für den Ankauf seiner Anleihen braucht, am Markt aufnehmen. Die Zinsen, die es darauf bezahlen müsste, sollten – wenn die Märkte funktionieren – die Entlastung durch den Ankauf wieder auffressen. Das ist auch logisch, sonst könnte sich ja jedes Land durch Bondkäufe selbst aus dem Sumpf ziehen.

Nun kommt die EU ins Spiel. Sie gewährt Griechenland einen zinsgünstigen Kredit – zu Konditionen, die besser sind als jene, die der Markt bietet –, damit das Land den Anleihekauf finanzieren kann. Die Zinsdifferenz ist also ein Transfer der EU an Griechenland (wenn die Marktpreise richtig sind, also das Risiko korrekt widerspiegeln).

Dieser Transfer entlastet Griechenland ohne Frage. Doch in dem Maße, in dem er das tut, sollten die Anleihekurse steigen, weil die Marktteilnehmer mitbekommen, dass sich das Land besser gestellt hat. Es wäre also nicht mehr möglich, Anleihen zu 70 aufzukaufen, sondern vielleicht nur zu 90. Nehmen wir an, der Transfer ist so umfangreich, dass das Land damit wieder solvent wird. Dann sollten die Anleihen ja wohl bei 100 oder noch höher liegen und ein Rückkauf würde sich nicht mehr rentieren.

Das Konzept geht nur auf, wenn es irgendwo Insiderwissen und Arbitragemöglichkeiten gibt. Wenn also die Staaten die Märkte übers Ohr hauen, zum Beispiel, indem der Aufkauf versteckt erfolgt. Noch besser wäre es, wenn die Politik parallel dazu eine echte Umschuldung in Aussicht stellen würde, um die Kurse noch weiter nach unten zu treiben.

Paul Krugman hat dazu in den achtziger Jahren ein sehr interessantes Paper verfasst, dass sich mit den berühmten Brady Bonds in Lateinamerika befasst. Schlussfolgerung: Marktbasierte Entschuldungslösungen verbessern die Stimmung an den Märkten, aber sie Entschulden nicht.

The secondary market discount on developing country debt does not automatically constitute a resource that can be harnessed to provide free debt relief. Clearly, then, market-based debt reduction cannot serve as an alternative to the orthodox strategy of rescheduling and concerted lending. Schemes that benefit the debtor at the expense of the creditor will be oposed by existing creditors when they become more than marginal. Schemes that benefit the creditors at the expense of the debtor will be oposed by the debtors as their defects become clear.

Wenn allerdings nur die Kurse an den Märkten aufgehübscht werden sollen, ist das Rückkaufprogramm sinnvoll. Die Aussicht auf einen zusätzlichen Käufer sollte die Anleihepreise schließlich steigern lassen. Das Programm wäre ein funktionales Äquivalent zum Anleiheprogramm der EZB, welches jene bekanntlich stoppen will.

Vielleicht ist damit auch schon etwas gewonnen. Eine Umschuldung allerdings sähe anders aus. Oder anders gesagt. Ohne Zwang oder Tricksereien keine Entschuldung, die ihren Namen verdient.

Update: In vielen Kommentaren ist davon die Rede, die Aussicht auf ein Ankaufprogramm werde die Anleihekurse steigen lassen, wodurch die Renditen sinken, was wiederum den Griechen hilft. Das bestreite ich auch nicht. Aber der Mechanismus ist ein anderer als der der Entschuldung. Es wäre eine Intervention zur Stabilisierung der Bondmärkte. Oder wie Weissgarnix korrekt schreibt: Dann könnte man auch gleich für die Anleihen garantieren. Eine andere Frage ist, ob Griechenland mit dem Kredit der EU nicht einfach die Anleihen aufkauft, die die EZB schon mit einem Discount gekauft hat und in ihrem Portfolio hält. Wie wir wissen, hat sie z.B. in der Tat zehnjährige Anleihen aus Griechenland zu ungefähr 70 gekauft. Das würde funktionieren (wir wären hier in der Kategorie der Überlistung des Marktes: Die EZB hat gekauft, als noch niemand von einem möglichen Schuldenplan wusste), nur würden auf diese Weise Gelder zwischen EZB und Griechenland – also innerhalb des Staatssektors – verschoben. Das kann man machen, aber warum? Eine höhere Beteiligung des Privatsektors fände so auf jeden Fall nicht statt.