Deutschlands „klügster Ökonom“ (Bild) hat mal wieder einen echten Skandal aufgedeckt, wie in der neuen Wirtschaftswoche zu lesen ist, und deren Chefredakteur Roland Tichy macht sich seine Ansichten zu eigen:
Die Deutsche Bundesbank hatte Ende des Jahres 2010 für etwa 326 Milliarden Euro Nettoforderungen gegenüber anderen Notenbanken des Euro-Systems. Es handelt sich dabei um eine Art Kontokorrentkredit, der anderen Ländern gewährt wird und im Wesentlichen aus Forderungen im Rahmen des Zahlungsverkehrs für Großbeträge besteht (Target 2). (…) Wenn die Länder, deren Banken die Kredite gegeben wurden, zahlungsunfähig werden, haftet Deutschland.
Mit 326 Milliarden Euro zusätzlich stehen wir also im Risiko. Ein Skandal – wenn es denn so wäre. Über Target 2 wird Zentralbankgeld im Euro-Raum verteilt, gegen Sicherheiten, wie das bei Refinanzierungsgeschäften so üblich ist. Zu Verlusten kommt es also nur, wenn eine Bank während der Refinanzierungsperiode insolvent wird und sich die Sicherheiten nicht zu Geld machen lassen.
Mehr noch: Die nationalen Notenbanken sind nur ausführende Organe bei den Refinanzierungsgeschäften. Mögliche Verluste werden immer vom Eurosystem insgesamt getragen. Die Bundesbank ist daran über ihren Kapitalschlüssel beteiligt. Ob sich also marode irische Banken bei der irischen Zentralbank oder der Bundesbank refinanzieren, spielt keine Rolle für mögliche Verluste. Die nationalen Target 2 Salden sind hier irrelevant, worauf die Bundesbank in einer hervorragenden Ausführung zu dem Thema selbst hinweist. Der deutsche Saldo ist positiv, weil die hiesigen Banken anders als viele Institute in Irland oder Griechenland ihren Bedarf an Zentralbankgeld am Markt decken können, und nicht mehr direkt bei der EZB bieten müssen.
Nun kann man in der Tat lange darüber diskutieren, ob das Eurosystem seine Regeln für die Sicherheiten vielleicht zu sehr aufgeweicht hat und damit zu viele Risiken eingeht, beziehungsweise den Banken de facto nicht mehr Liquidität sondern Kapital bereit stellt. Das ist aber eine sehr komplizierte Debatte – und Schlagzeilen macht man damit nicht so leicht.
Aber immerhin: Sinns Doktorarbeit ist nicht schlecht….