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Marktteilnehmer haben nichts gegen Hollande

 

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird – das ist heute früh die Reaktion der Märkte auf das Ergebnis der französischen Wahlen. Das Programm von François Hollande hätte Angst und Schrecken auslösen können, hat es aber nicht. Weder die Pläne, den Grenzsteuersatz auf 75 Prozent anzuheben, das Rentenalter zu senken statt zu erhöhen, die Europäische Investitionsbank zu deutlich mehr Ausgaben (und de facto zur massiven Emission von Euro-Bonds) zu animieren noch, das Mandat der EZB um einen Wachstumsauftrag zu ergänzen, haben die Anleger wirklich beunruhigt.

Der Euro ist gegenüber Freitag nur ein bisschen schwächer (1,3023 Dollar), von Panik also keine Spur. Die französischen Aktienkurse sind zwar heute um knapp ein Prozent gesunken, aber das war weniger als der Rückgang der deutschen und erst recht der asiatischen Kurse. Am Rentenmarkt Eurolands hält die Hausse an, weil sich an den pessimistischen Wachstumsprognosen nichts geändert hat und nach wie vor mit sinkenden Inflationsraten gerechnet wird. Das könnte mit dem kollabierenden Ölpreis zu tun haben. Überraschend ist, dass der französische Markt für Staatsanleihen im Augenblick, Wahlergebnis hin oder her, besser läuft als der deutsche. Im Zehnjahresbereich ist die Rendite um fünf Basispunkte auf 2,77 Prozent gesunken, während die der Bundesanleihen nur um einen Basispunkt auf 1,58 Prozent (!!) gefallen ist.

Ich vermute, dass der Euro vor allem wegen des griechischen Wahlergebnisses etwas schwächelt, nicht wegen des französischen: Die Aktienkurse an der Börse in Athen sind um mehr als sechs Prozent eingebrochen, und die Renditen der zehnjährigen griechischen Staatsanleihen sind fast um zwei volle Prozentpunkte auf 21,76 Prozent in die Höhe geschnellt.

Nein, bisher spricht aus Sicht der Marktteilnehmer nichts gegen François Hollande. Offenbar werden ihm Kompromissbereitschaft und Pragmatismus zugetraut, und es hilft nach den fünf Jahren mit seinem zappeligen Vorgänger vielleicht auch, dass er eher als langweilig rüberkommt. Gerade für die detailorientierte und nicht so auf Außenwirksamkeit bedachte deutsche Kanzlerin dürfte die Zusammenarbeit möglicherweise einfacher sein als mit Sarkozy. Es hat in Frankreich kein Erdbeben gegeben.

Aus meiner Sicht, oder besser: aus der Sicht derer, die es gut fänden, wenn Deutschland angesichts des niedrigen Haushaltsdefizits und der durch den Euro begünstigten rekordniedrigen Zinsen mehr für die Expansion der Nachfrage und damit der Konjunktur täte, ist der neue französische Präsident vermutlich sogar ein Glücksfall. Dabei bin ich mir im Klaren, dass die Spielräume allgemein als sehr gering eingeschätzt werden, weil die skeptischen Kapitalmärkte immer mit am Tisch sitzen werden, wenn Merkel und Hollande verhandeln. Ich finde diesen Aspekt allerdings nicht so entscheidend, und eigentlich auch nicht durch die Zahlen belegt. Warum können sich sowohl Deutschland als auch Frankreich zu so niedrigen Zinsen verschulden? Warum wird ihnen das Geld gewissermaßen geschenkt? Vor allem wohl, weil beiden Ländern zugetraut wird, dass sie verantwortungsbewusst damit umgehen werden.

Ich vermute, dass daher auch ein größerer Schritt in Richtung Fiskalunion und Transferunion von den Marktteilnehmern honoriert werden würde, etwa ein größeres Volumen gemeinsamer Anleihen oder die Stärkung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Das neue Tandem an der Spitze Europas sollte es mal versuchen.