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Jens Weidmanns erste Prüfung

 

Als Axel Weber vor ein paar Jahren sein Amt antrat, ließ er in einem Interview den Satz fallen, die Geldmenge sei für die Geldpolitik vielleicht nicht mehr so zentral wie man das einmal gedacht hatte. Die FAZ schrieb damals „Bundesbank vollzieht Wandel in der Geldpolitik“ auf ihrer ersten Seite. Weber machte einen Rückzieher und gab von nun an den Falken – dabei war es nur stating the obvious.

Jens Weidmann befindet sich jetzt in einer ähnlichen Situation. Wer die Aussagen der Bundesbank zur Inflation anstößig findet der kann  – wie ich geschrieben haben – entweder nicht rechnen oder ruft zum Vertragsbruch aus. Natürlich muss die Inflation in Deutschland höher sein, wenn sie im Süden niedriger ist und der Durchschnitt unverändert bleiben soll (eine ganz andere Debatte ist, ob man das Inflationsziel erhöhen soll).

Aber es gibt Kräfte in Deutschland, die selbst das schon als Zugeständnis empfinden und von der Bundesbank erwarten, die Inflation so niedrig wie nur möglich zu halten. Das ist natürlich volkswirtschaftlich vollkommener Unsinn, aber es gibt hierzulande ja auch durchaus einflussreiche Ökonomen, die die Staatsschulden auf Null zurückfahren wollen.

Ich habe immer geglaubt, dass die Gefahr für die Unabhängigkeit der Bundesbank nicht von links kommt, sondern von rechts. Weidmann wird die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich haben, wenn er sich gegen Lafontaine oder irgendwelche Südeuropäer positioniert. Da kann er aus taktischen Gesichtspunkten keinen Fehler machen.

Mut hingegen erfordert es, sich gegen die konservativen Kräfte an den Universitäten und mehr noch in den Redaktionsstuben zu stellen, wenn es das eigene Mandat erfordert. Das wäre echte Unabhängigkeit.

Ich bin gespannt und beobachte.