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Was kann sich Deutschland noch leisten?

 

Hier also nun die neue Linie der Kanzlerin:  Die deutschen Ressourcen sind begrenzt.

Wie es Quentin Peel in der FT formuliert:

Angela Merkel, the German chancellor, warned her partners in Europe and the G20 leading world economies on Thursday not to overburden the German economy in the battle to end the crisis in the eurozone. “Germany’s resources are not unlimited,” she told the German parliament in a declaration of her government’s stance before next week’s G20 summit in Mexico.

Das Problem an dieser Aussage ist, dass sie komparativ statischer Natur ist. Das Volumen der ausstehenden Staatsanleihen in der Euro-Zone beläuft sich auf rund 6.500 Milliarden Euro, das nominale Bruttoinlandsprodukt Deutschlands auf 2.500 Milliarden Euro. Natürlich wäre Deutschland nie und nimmer in der Lage, all das zu bedienen.

Doch darum geht es auch gar nicht. Denn erstens ist die Unterscheidung zwischen Haftung und Verlust zentral. Die Idee der Vergemeinschaftung von Risiken – sei es in Form von Eurobonds oder einer Bankenunion – ist, dass durch die Aufteilung der Verbindlichkeiten deren Tragfähigkeit gewährleistet wird. Die Schuldenquote der Euro-Zone insgesamt ist im internationalen Vergleich nicht sonderlich hoch, aber einzelne Mitgliedsländer sind wahrscheinlich inzwischen überschuldet. Deshalb ist die Kollektivhaftung ein Instrument, das wirken kann. Zugespitzt formuliert: Je größer die potenzielle Haftung, desto geringer der tatsächliche Verlust.

Und zweitens ist alles eine Frage der Alternativen. Wenn die These stimmt, dass die Euro-Zone ohne eine Fiskalunion mit irgendeiner Form der gemeinsamen Haftung nicht überleben kann, dann ist es ja nicht so, dass Deutschland die Wahl hätte, zwischen Haftungsunion und dem schönen Leben als freischwebender Staat. Denn dann ist die Frage, entweder stärker in Haftung zu gehen, oder die Verluste zu realisieren, die ein Zusammenbruch der Währungsunion mit sich brächte.

Mein Tipp: Variante eins ist günstiger. Wenn das stimmt, dann kann es sich Deutschland nicht leisten, nicht zu haften – und nicht umgekehrt. Gerade weil die Deutschen Ressourcen begrenzt sind, müssen sie zum Einsatz gebracht werden.

Und bevor ich des Europathos bezichtigt werde: Ich bin mittlerweile agnostisch, was den Euro angeht. Vielleicht war es ein riesengroßer Fehler, ihn einzuführen, ich habe noch die Schulbank gedrückt, als diese Entscheidung getroffen wurde. Das war nicht das Projekt meiner Generation.

Aber das ist alles vollkommen irrelevant. Denn es gibt ihn nun einmal, und die Frage ist, wie hält man die politischen und ökonomischen Kosten dieser Krise möglichst gering. Das ist wohl das Projekt meiner Generation.