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Frankreich spart eben doch

 

Frankreich spart doch gar nicht – diese Einschätzung ist in Deutschland weit verbreitet und findet sich in fast jedem Artikel über die Franzosen. Schließlich wird das Land erneut die europäischen Defizitregeln reißen, und außerdem ist der Staathaushalt nach wie vor Jahr für Jahr im Minus und die Schuldenquote steigt.

Dieser Analyse basiert jedoch auf einem problematischen – um nicht zu sagen mangelhaftem – Verständnis des Sparvorgangs auf der Ebene eines Staates. Denn Sparen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Staat Maßnahmen ergreift, die den Haushalt entlasten. Das können Einnahmeerhöhungen sein oder Ausgabekürzungen.

Was passiert nun mit dem Etatdefizit? Es kommt darauf an. Es kann sich verringern, weil der Staat ja weniger ausgibt. Es kann sich aber auch erhöhen, nämlich wenn die Ausgabekürzung die Konjunktur einbrechen lässt. Denn dann können die durch das schwächere Wachstum bedingten zusätzlichen Ausgaben (etwa Arbeitslosenhilfe) oder geringeren Einnahmen (zum Beispiel bei den Steuern) den ursprünglichen Sparimpuls mehr als wettmachen und das Defizit insgesamt sogar steigen lassen.

Wie der Etat am Ende reagiert hängt von verschiedenen Faktoren ab, aber in jedem Fall lässt sich aus der Entwicklung des nominalen Defizits noch nicht ableiten, ob ein Staat spart oder nicht.

Deshalb wurde das Konzept des strukturellen oder konjunkturbereinigten Haushaltssaldos erfunden. Es misst die Veränderung des Etats unter Ausschluss konjunktureller Faktoren. Das strukturelle Defizit lässt sich leider nicht direkt beobachten, sondern muss mit Hilfe komplizierter und leider sehr unzuverlässiger Verfahren abgeleitet werden, doch wenn überhaupt dann ist die Veränderung dieser Größe ein Maß dafür, ob ein Land spart oder nicht.

Hier die entsprechenden Daten aus dem letzten WEO des Internationalen Währungsfonds.

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Siehe da: Das nominale Defizit steigt zwar, doch Frankreich reduziert sein strukturelles Defizit seit 2010 kontinuierlich. Frankreich spart also. Das kann man gut oder schlecht finden, doch man sollte es zur Kenntnis nehmen.