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Griechenland: Alles beim Alten für Athen

 

Gestern hat die Gruppe der Euro-Finanzminister eine Einigung im Streit um das griechische Rettungspaket erzielt. Das kommt Ihnen bekannt vor? Das ist nicht weiter verwunderlich. Die Halbwertszeit einer Einigung im Griechenlandstreit beträgt mittlerweile allerhöchstens ein paar Monate. Dann stellen die Beteiligten fest, dass die Rechnung doch nicht aufgegangen ist und verhandeln erneut.

Vieles deutet darauf hin, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Hier ist die neuste Analyse der europäischen Institutionen zur Schuldentragfähigkeit in Griechenland. Das Basiszenario ist das Szenario A und wie es in dem Papier heißt, bestehen selbst in diesem Szenario „schwer wiegende Bedenken“ hinsichtlich der „langfristigen Tragfähigkeit“ der griechischen Schuldenquote (Debt-to-GDP) und des Bruttofinanzierungsbedarfs (GFN-to-GDP).

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Dabei ist in diesem Szenario unterstellt, dass Griechenland von 2018 bis zum Jahr 2030 einen so genannten Primärüberschuss – also eine Etatüberschuss vor Zinszahlungen – in Höhe von 3,5 Prozent erwirtschaftet, um seine Schulden bedienen zu können. Einen solchen Überschuss über Jahrzehnte hinweg aufrechtzuerhalten ist für jedes Land eine Herausforderung, für ein Land mit einem in hohem Maße dysfunktionalen politischen System wie Griechenland dürfte es sich als Ding der Unmöglichkeit erweisen.

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Selbst das eher pessimistische Szenario C mit einem Primärüberschuss von mindestens 3,1 Prozent bis zum Jahr 2020 könnte sich im Fall Griechenlands als zu optimistisch herausstellen.

Das bedeutet auch: Die bisher diskutierten Maßnahmen (eine Verlängerung der Laufzeit eines Teils der Hilfskredit um fünf Jahre, eine Begrenzung des Kreditzinsen auf zwei Prozent bis zum Jahr 2050 und eine Streckung der Tilgung) zur Wiederherstellung eines „sustainable debt path“  – definiert als ein Bruttofinanzierungsbedarf von maximal 15 Prozent der Wirtschaftsleistung –  dürften nicht ausreichen. Und nicht einmal diesen Maßnahmen wollte Wolfgang Schäuble bislang zustimmen, eine Kommunikationsstrategie, die es der AfD erlaubt, die sich abzeichnende Einigung auf ein solches Paket als ein erneutes Einknicken der Bundesregierung anzuprangern.

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Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Runde im Streit um die griechischen Schulden eingeläutet wird. Nun kann man durchaus, wie Schäuble es – gegen den Rat des Internationalen Währungsfonds – tut, argumentieren, dass niemand weiß, wie die Welt in einem halben Jahrhundert aussieht und man sich deshalb auch nicht zu viele Gedanken über die Schulden in 30 oder 40 Jahren machen brauche. Doch dann sollte man so konsequent sein, und es den Griechen erlauben, ihren Sparkurs weiter zu lockern, auch wenn dadurch die Schuldenquote steigt.

Die Bundesregierung beharrt einerseits auf Einhaltung des Primärüberschusses von 3,5 Prozent, um die Schuldendynamik zu begrenzen, und argumentiert anderseits, dass diese Schuldendynamik nicht so wichtig sei. Das passt nicht zusammen und das wird die jetzige griechische Regierung nicht überleben