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Die Kurse von Aktien und Bonds sind viel zu hoch

 

An den wichtigsten Märkten sind sowohl Aktien als auch Renten deutlich überteuert. Sobald die Fed und die EZB ernst machen mit höheren Zinsen, wird es daher große Korrekturen geben. Da die Transmission von der Geldpolitik in die reale Sphäre nicht funktioniert, Haushalte und Unternehmen das billige Geld also nicht dafür nutzen, ihre Ausgaben kräftig zu steigern, floss die überreichliche Liquidität bisher in die Finanzmärkte und hat dort die Kurse in die Höhe getrieben. Gemessen an den mittelfristigen Gewinnaussichten und den wahrscheinlichen künftigen Inflationsraten haben sie ein nicht haltbares Niveau erreicht.

Die Aktienkurse lassen sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass die Gewinne kurzfristig, also in diesem und im nächsten Jahr, stark zunehmen werden: Dafür steigen die Kosten zu stark, insbesondere die Lohnstückkosten, auf die es vor allem ankommt. Nicht nur in den USA, sondern neuerdings auch im Euroland hat sich die Lage am Arbeitsmarkt verbessert, sodass es wieder Spielräume für höhere Löhne gibt. Gleichzeitig fällt es den Unternehmen nicht leicht, ihre Preise anzuheben: In Kaufkraftparitäten gerechnet expandiert das globale BIP nur moderat, nämlich mit einer Rate von etwa drei Prozent. Auf der Basis tatsächlicher Wechselkurse sind es lediglich 2,5 Prozent. Das sind jeweils rund eineinhalb Prozentpunkte weniger als vor der Finanzkrise. Der Wettbewerb ist entsprechend scharf und die Gewinnaussichten sind bestenfalls bescheiden.

Der Korrekturbedarf bei Aktien dürfte zurzeit bei 25 bis 40 Prozent liegen. Kaum ein Markt wird sich dem entziehen können. Aus strukturellen Gründen sind vor allem Banken und Energieunternehmen gefährdet.

Wie lange sich die Rentenkurse auf ihrem hohen Niveau halten können, hängt zum einen davon ab, wie es mit den Leitzinsen weitergeht, zum anderen davon, wie sich die Inflationserwartungen entwickeln. Es gibt bei den Löhnen und Rohstoffpreisen erste Indizien dafür, dass die Talsohle durchschritten ist und in der Folge auch die Verbraucherpreise wieder steigen könnten. Vermutlich wird die EZB ihre Politik nicht weiter lockern müssen. Vielmehr ist es wahrscheinlicher geworden, dass sie ihr 80-Mrd-Euro-Ankaufprogramm im nächsten März beenden und dann vielleicht sogar erstmals wieder die Zinsen erhöhen wird. Sie würde damit der amerikanischen Fed folgen, die die Funds Rate noch in diesem Jahr zweimal anheben dürfte. Die Luft für Bonds wird dünn. Ein „normales“ Renditeniveau für zehnjährige Staatsanleihen ist das Produkt aus dem Trendwachstum der Produktivität von neuerdings nur noch einem halben Prozent, der erwarteten Inflationsrate von etwas unter zwei Prozent und einer Laufzeitenprämie von 0,5 bis ein Prozent, also drei bis dreieinhalb Prozent. Der Weg dahin wird begleitet sein von schmerzhaften Kursverlusten.

Eine ausführliche Analyse der Inflationsrisiken und den daraus folgenden Effekten auf die zukünftige Geldpolitik und die Märkte für Aktien und Bonds finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – Asset markets dangerously dependent on central banks, June 2016*) (pdf, 788 KB)

*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)