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Goldenen Zeiten entgegen

 

Ifo Geschäftsklima April 2007

Das deutsche Wirtschaftswunder geht weiter. Die Unternehmen sind super-optmistisch. Die Einschätzung, dass die Expansion der deutschen Wirtschaft auf einem soliden Fundament steht, hat sich im April weiter gefestigt. Der am heutigen Mittwoch vom Münchner Ifo Institut veröffentlichte Geschäftsklimaindex ist nach der Delle zu Jahresbeginn auch im April kräftig angestiegen. Mit 108,6 Punkten, das sind 0,9 Punkte mehr als im März, erreichte der Gesamtindex praktische das Niveau vom Dezember, den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Vor allem die Geschäftserwartungen haben sich noch einmal deutlich erhöht. Hier liegt der Index um 1,1 Punkte höher als im März und mit 104,3 Punkten annähernd so hoch, wie letztes Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft. Es geht also auch ohne diesen Sondereffekt.

Erneut haben die Unternehmen mit ihrem Optimismus die Analysten überrascht. Die vom Finanzinformationsdienst Bloomberg befragten Ökonomen hatten mit einem Anstieg des Geschäftsklimas um lediglich 0,2 Punkte gerechnet. Die deutsche Wirtschaft scheint aber so robust zu sein, dass sie sich weder vom Anstieg des Euro-Wechselkurses noch von der verlangsamten Konjunktur in den USA beeindrucken lässt. In seinem jüngsten World Economic Outlook hat der Internationale Währungsfonds eine Wachstumsrate der Weltwirtschaft von rund 5 Prozent für dieses und das kommende Jahr prognostiziert, so viel wie sie schon in den vier vorangegangen Jahren gewachsen ist. Ein solche Prosperität hat man lang nicht erlebt. Und die Unternehmen in Deutschland profitieren davon.

Aber es ist nicht nur das weltwirtschaftliche Umfeld und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit, die die Erwartungen der deutschen Unternehmen beflügelt. Wie das Ifo Institut heute mitteilt, hat sich das Geschäftsklima im Einzelhandel und im Großhandel „ebenfalls spürbar aufgehellt“. Den negativen Effekt, den die Mehrwertsteuererhöhung im ersten Quartal auf den Verbrauch der Haushalte ausgeübt hat, scheint nach Ansicht der Unternehmen also überwunden zu sein. Hier kommen die sich selbstverstärkenden Kräfte des Aufschwungs zum Tragen, die sich auch im Anstieg der Beschäftigung zeigen.

Wenn die größte Volkswirtschaft der Währungsunion boomt, ist das für die Europäische Zentralbank Anlass genug über Bremsmanöver nachzudenken. Die Wachstumsprognosen für Deutschland gehen zunehmend in Richtung 3 Prozent. Und sollten die Erwartungen für das laufende Jahr zutreffen, wogegen im Moment nichts spricht, dürfte diese Marke das erste Mal seit 2000 auch erreicht werden. Das die EZB im Juni ihren Leitzins auf 4 Prozent erhöht, ist so gut wie sicher. In den letzten Tagen wurde aus dem Kreis der Zentralbanker verschiedentlich auf Inflationsrisiken hingewiesen und möglichen Zinserhöhungen in der zweiten Jahreshälfte das Wort geredet. Aber das Argument, dass es zu übertriebenen Lohnabschlüssen in diesem Jahr kommt, die die Inflation treiben, ist nicht überzeugend. Die Lage am Arbeitsmarkt ist noch lange nicht so, als dass die Gewerkschaften den Verteilungsspielraum ausschöpfen könnten. Zudem wirkt die Aufwertung des Euro dem Preisanstieg entgegen und die leicht höheren Inflationsraten in Deutschland in den ersten Monaten des Jahres sind nicht zuletzt auch der Mehrwertsteuererhöhung geschuldet. Es wäre zu wünschen, dass die EZB die Einsicht gewinnt, dass der Aufschwung das Potenzial noch lange nicht so ausschöpft, dass mit Verspannungen zu rechnen ist. Wie es so schön heißt.