Der denkwürdige Auftritt des Neonazis Bernd T. beherrschte den 185. Tag im NSU-Prozess: Der hessische Skinhead hatte offenbar fälschlicherweise behauptet, Details zum Aufenthalt von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Kassel vor dem Mord an Halit Yozgat zu kennen. Davon hatte er sich erfolglos eine frühere Entlassung aus dem Gefängnis versprochen. Nun wollte er von seinen Insiderinformationen nichts mehr wissen. „Unter den meist dreist verstockten Zeugen aus der rechten Szene (…) ist Bernd T. die schrillste Figur“, beobachtet Frank Jansen vom Tagesspiegel.
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Kurz nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 bot der damals inhaftierte Zeuge sein angebliches Wissen dem Verfassungsschutz an, es folgte eine Vernehmung durch das Bundeskriminalamt. Die Beamten stuften T.s Informationen bald als vermutliche Lügen ein. Dennoch war T. nun im Prozess geladen, wo er stundenlang mit seinen Behauptungen konfrontiert wurde. „Trotz seines markigen Tons wirkt der Glatzkopf unsicher“, merkt Jansen an.
Warum hatte ihn das Gericht als potenziellen Hinweisgeber überhaupt in Erwägung gezogen? Womöglich lag es an den Angaben, „die sich möglicherweise partiell mit Aufschneiderei erklären lassen, aber auch nicht komplett erlogen erscheinen“, schreibt Gisela Friedrichsen von Spiegel Online. Seine vorigen Angaben deklarierte T. nun als „Spaß“ – möglicherweise auch, um in der Szene nicht als Verräter dazustehen. Richter Manfred Götzl habe sich vom Lavieren des Zeugen indes nicht provozieren lassen.
„T. tritt nassforsch, manchmal aggressiv auf und versucht den fragenden Richter in Widersprüche zu verwickeln“, berichtet Thomas Stier von der hessischen HNA. Dazu kommen angebliche Erinnerungslücken und permanentes Abstreiten. So sei die Vernehmung „ein zähes Stück Arbeit“ geworden. Das hatten die BKA-Beamten eigentlich schon vorweggenommen: „Vielleicht waren die Ermittler auch deshalb so misstrauisch, weil die Polizei während der NSU-Serie mit zehn Morden oft genug falschen Spuren gefolgt war“, merken wir bei ZEIT ONLINE an.
Auch um den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße von 2004 ging es am Mittwoch. Dazu sagten der Sprengstoffgutachter Rüdiger Mölle und der Rechtsmediziner Oliver Peschl aus – sie gaben Einschätzungen zum Gefährdungspotenzial des Sprengsatzes ab, durch die 22 Menschen verletzt wurden. Die Expertise „verdeutlicht die extrem zerstörerische Wirkung“ der Explosion, bilanziert Harald Biskup im Kölner Stadtanzeiger. Das Fazit: Zumindest für die zwölf Menschen im Friseursalon, vor dem die Bombe detonierte, bestand aktue Lebensgefahr. Doch auch in weiterer Entfernung auf der Straße waren lebensbedrohliche Verletzungen möglich.
Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 13. Februar 2015.