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Ankläger ändern ihre Meinung – Das Medienlog vom Mittwoch, 11. Februar 2015

 

Beate Zschäpes Verteidiger wollen eine Nebenklägerin aus dem Prozess ausschließen, weil sie beim Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße von 2004 keine nachweisbaren Verletzungen erlitt. Ursprünglich war auch die Bundesanwaltschaft der Meinung, die Zeugin Sermin S. habe in dem Verfahren kein Recht auf die Nebenklage. Am Dienstag trug sie jedoch eine geänderte Meinung vor – und sprach sich für den Verbleib der Frau aus. „Ankläger und Nebenkläger haben im NSU-Prozess oft Streit, doch jetzt gibt es Einklang“, beobachtete Frank Jansen vom Tagesspiegel.

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Das Gericht diskutiert damit einmal mehr die Frage, wer sich im NSU-Prozess als Opfer der rechtsextremen Gruppe bezeichnen darf. „Die Entscheidung des Gerichts ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Rolle der Nebenkläger“, kommentiert Harald Biskup vom Kölner Stadtanzeiger. So hielt sich Sermin S. während der Explosion im hinteren Teil ihrer Wohnung in der Keupstraße auf und erlitt keine Verletzungen. Allerdings waren nach der Tat Risse in der Wand vorhanden, zudem klagte S. über Angstzustände. Das genügt, als Nebenklägerin teilnehmen zu dürfen, befand vor Verfahrensbeginn das Münchner Oberlandesgericht.

So sieht es mittlerweile auch die anklagende Behörde. „Das Votum der Bundesanwälte ist überraschend“, schreibt Christoph Lemmer von der Nachrichtenagentur dpa. Die Ansicht passt allerdings zum Tenor der Anklageschrift, in der die 22 Verletzten des Anschlags sämtlich als potenzielle Mordopfer eingestuft werden – denn „wer einen nicht-kontrollierbaren Anschlag mit möglicherweise verheerender Splitterwirkung verübt, nimmt zumindest in Kauf, dass alle Personen ‚im potenziellen Streubereich der Bombe‘ getroffen werden“, fasst Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online die Argumentation zusammen.

Mit dem Aktenfund zu V-Mann „Tarif“ beschäftigt sich ein Artikel von René Heilig im Neuen Deutschland. Vor Kurzem hatte der Bundesverfassungsschutz drei Ordner mit Meldungen des Spitzels aus dem NSU-Umfeld in seinen Beständen wiederentdeckt. Vorangegangen war eine sorgfältige Recherche. „Warum hat man vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss zum NSU-Skandal behauptet, dass dies nicht möglich sei?“, fragt der Autor.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 12. Februar 2015.