Mehrere Wochen lang hatten die Manöver von Beate Zschäpe und ihren Anwälten Schlagzeilen gemacht, nun dürfte es etwas ruhiger um den NSU-Prozess werden: Nach dem gestrigen Verhandlungstag ist das Verfahren in die Sommerpause gegangen, Anfang September geht es weiter. Gleichzeitig gab Richter Manfred Götzl mögliche neue Termine bekannt, die bis September 2016 dauern. Anlässlich der Unterbrechung ziehen viele Medien Bilanz über den Prozessverlauf. Die Hauptangeklagte etwa „steht nun als die Person da, die die Bundesanwaltschaft immer so umschrieb: manipulativ, intrigant und führungsstark“, kommentiert Per Hinrichs von der Welt.
An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Ihr weiteres Verhalten im Prozess sei nur schwer abzuschätzen, sie habe zuletzt in Richtung einer Aussage tendiert. In den vergangenen zwei Jahren schwieg Zschäpe eisern zu den Vorwürfen gegen sie. Auch Björn Hengst von Spiegel Online sieht das Verhalten der jüngsten Zeit als symptomatisch: „Passt das nicht in die Anklage, die Zschäpe als höchst aktive Frau beschreibt, die von Anfang an den Aufbau und Bestand der mutmaßlichen terroristischen Vereinigung NSU förderte?“ Die Verteidigung werde sich schwierig gestalten.
Auf ZEIT ONLINE ziehen wir – wie zu jeder Sommerpause – Zwischenbilanz für alle fünf Angeklagten. Dabei stellen wir fest: „Bisher haben sich die Vorwürfe der Anklage in weiten Teilen bestätigt – doch die Geschichte des NSU-Prozesses hat immer wieder gezeigt, dass Überraschungen nie ausgeschlossen sind.“ Vernünftig war für sie die Strategie des Schweigens, die sie nun mit mehreren Briefen an das Gericht aufgeweicht hat. Ein hartes Urteil erscheint wahrscheinlich.
„Dass es vier weitere Angeklagte gibt, deren Rolle im Umfeld des NSU bislang kaum durchschimmert, scheint ohnehin fast vergessen“, schreibt René Heilig im Neuen Deutschland. All dies sei hinter dem „Zicken-Gehabe der Angeklagten“ zurückgetreten. Dabei leistet der Prozess weiter seine Aufklärungsarbeit, auch wenn gewichtige Teile des NSU-Komplexes noch nicht ausgeleuchtet sind. Das liegt auch daran, dass viele Zeugen aus dem rechtsextremen Milieu nicht gerade behilflich waren: „Die Mauer des Schweigens in der Naziszene scheint stabiler denn je.“
Die Verhandlung um die zehn rassistischen Morde, zwei Bombenanschläge und andere Taten hat bislang rund 30 Millionen Euro gekostet. Jeder Prozesstag schlägt mit rund 125.000 Euro zu Buche, wie beim Bayerischen Rundfunk nachzulesen ist. Dort wird der Nebenklageanwalt Sebastian Scharmer zitiert, der das Verfahren auf der Zielgeraden sieht: „Wenn man das Verfahren mit einem Marathon vergleichen würde, dann würde ich sagen, wir sind bei Kilometer 38“, sagte er. Der Rest werde jedoch anstrengend.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 6. August 2015.