Beate Zschäpe will erneut ihre Pflichtverteidigerin Anja Sturm loswerden. Der Brief, mit dem sie die Absetzung bei den Richtern beantragte, liegt nun mehreren Medien vor und offenbart den Grund: Die Hauptangeklagte meint, ihrer Anwältin gehe es nur um das Honorar, sie verhalte sich heuchlerisch und unprofessionell. Gisela Friedrichsen vermutet auf Spiegel Online hingegen, der Schritt hänge mit ihrem Wahlverteidiger Hermann Borchert zusammen. So sei der Hintergrund „offensichtlich, dass der Senat die Bestellung Borcherts zum fünften Pflichtverteidiger schon mehrfach abgelehnt hatte, Zschäpe dies aber offenbar nicht akzeptieren will“.
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In dem Brief wirft Zschäpe Sturm vor, dass sie sie „wiederholt vor Beginn der Hauptverhandlungstage in der Wartezelle und in der JVA in der ihr eigenen cholerischen Art lautstark anschrie, wenn ich die Taktik des Schweigens und der maskenhaften Regungslosigkeit (was mir allzu oft unglaublich schwer fiel) kritisierte“, wie Julian von Löwis auf der Seite des Bayerischen Rundfunks zitiert. Auch er vermutet Borchert im Hintergrund des Antrags: „Vielleicht würde seine Bestellung zum Pflichtverteidiger dazu beitragen, mehr von Beate Zschäpe zu erfahren?“ Dagegen spreche allerdings, dass die Angeklagte in ihren bisherigen Aussagen nach verbreiteter Ansicht nur wenig Substanzielles von sich gegeben habe.
Als Zeuge in den Prozess geladen war am Dienstag ein Ermittler, der Beweismittel aus dem Fundus des NSU untersucht hatte. Seiner Aussage zufolge hatte Zschäpe einen Fingerabdruck auf einem Zeitungsartikel hinterlassen, in dem es um den Mord an dem Münchner Habil Kilic von 2001 ging. Der Ausschnitt wurde in einer Vorgängerversion des NSU-Bekennervideos verwendet. Von der Befragung berichtet dpa.
Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 30. Juni 2016.