Der psychiatrische Sachverständige Henning Saß hat in einem vorläufigen Gutachten angedeutet, dass für Beate Zschäpe im Falle einer Verurteilung die anschließende Sicherungsverwahrung in Betracht kommt. Es handle sich um eine Option, die „bisher von vielen Prozessbeteiligten als fast unmöglich eingeschätzt wurde“, schreibt Gisela Friedrichsen von der Welt. In der Expertise verweise der Psychiater auf „die Vielzahl von Widersprüchen zwischen Zschäpes Selbstdarstellung und den Bekundungen von Zeugen“. Im Falle einer Sicherungsverwahrung käme eine Entlassung demnach erst in Frage, wenn Zschäpe sich von der Ideologie des NSU löst.
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Wir bei ZEIT ONLINE analysieren, dass sich Beate Zschäpes Aussage vom vergangenen Dezember laut dem Gutachten als Fehler erweisen könnte. Denn „Psychiater Saß hält die Version der Angeklagten für wenig plausibel“ weist darauf hin, dass sie rechtsextremes Denken als nationalistisches Gedankengut verbräme. „Sollte ihr keine zwei Minuten langes Statement also ein Signal der Offenheit an Saß gewesen sein, wie öfter vermutet wurde, ist das Kommando gescheitert.“ Naheliegend ist demnach, dass auch die Richter Zschäpe für unglaubwürdig halten.
Bei der möglichen Verbindung zwischen Uwe Böhnhardt und dem Mord an Peggy Knobloch besteht der Verdacht, dass ein positiver DNA-Abgleich auf eine Ermittlungspanne zurückzuführen ist. Berichten zufolge soll Erbmaterial Böhnhardts durch einen Messstab an den Fundort von Peggys Leiche übertragen sein worden.
Wolfgang Schütze von der Ostthüringer Zeitung kritisiert, dass sich der zuständige Oberstaatsanwalt bislang nicht zu diesem Detail geäußert hat: „Ist das ein Staatsgeheimnis? Oder hat der Staatsdiener einfach nur Angst vor Anschluss-Fragen?“ Die Informationspolitik sei Auslöser für Spekulationen, sogar für Verschwörungstheorien. „Gerade nach dem NSU-Skandal sollten Ermittlungsbehörden nicht weiteres Vertrauen zerstören.“
Ein vom Bayerischen Rundfunk befragter Forensiker hält eine Panne für unplausibel. Zwischen beiden Leichenfunden liegen fünf Jahre, in denen das Ausbleiben einer Reinigung unwahrscheinlich sei. Ähnlich äußert sich der Kriminalbiologe Mark Benecke in der Bild-Zeitung. „Das wäre ein total verrückter Unfall“, kommentiert er die mögliche Verunreinigung.
Dass die DNA über längere Zeit auf dem Meterstab blieb, sei durchaus denkbar, meint hingegen die von Spiegel Online befragte Forensikerin Nicole von Wurmb-Schwark. Für den Beweiswert gelte daher: „Eine Sicherheit bieten DNA-Spuren alleine nicht. Man muss durchgängig berücksichtigen, wie sie entstanden sein könnten.“
Die Geschichte des NSU, seine Ideologie und das Netzwerk um die Gruppe herum arbeiten Stefan Aust und Dirk Laabs in einem ausführlichen Artikel (kostenpflichtig) für die Welt am Sonntag auf.
Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 1. November 2016.