Lesezeichen
 

Natos Doppelbeschluss

Das neue Strategie-Konzept der Nordatlantik-Allianz verlangt zweierlei: Im Ausland kämpfen können und Europa verteidigen können. Kann die Bundeswehr das?

Von Jochen Bittner und Peter Dausend 

Mit der Nato und ihren Strategien ist es ein bisschen wie mit dem Hase und dem Igel. Das Bündnis verliert immer wieder gegen eine rätselhaft schnelle Wirklichkeit. 1999 gab sich die Allianz ihr bis heute geltenden Grundlagenpapier – keine zwei Jahre später, nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, war es de facto Altpapier.

Am Wochenende wollen sich die mittlerweile 28 Staats- und Regierungschefs des größten Militärbündnisses der Welt in Lissabon auf eine neue Wegweisung einigen – oder vielleicht, treffender gesagt: das unterzeichnen, was die Sachlage längst diktiert. Mit dem Afghanistaneinsatz hat der einstmals stehende Armeeblock des Kalten Krieges die Verteidigungslinie des Westens in asiatische Hochgebirge verlegt. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen will mehr von dieser neuen Beweglichkeit. „Fett abschneiden und Muskeln aufbauen“, lautet die Devise, die der Däne für den Strategie-Gipfel ausgibt. Mehr vernetztes, internationales Engagement sieht der Entwurf vor, den er in Portugal vorlegen wird. Längst verwandelt sich auch die Bundeswehr in eine mehr und mehr global agierende Einsatzstreitkraft. Nicht mehr die Landesverteidigung steht im Zentrum ihrer Fähigkeiten und ihres Selbstverständnisses, sondern der weltweite Einsatz im Zeitalter der asymmetrischen Konflikte.

Bei all dem Eifer: Übersehen die Reformpläne in Brüssel in Berlin womöglich, dass sich die Welt längst schon wieder verändert, sowohl denkerisch wie faktisch? 

Nicht nur in Amerika, der Nato-Führungsmacht, macht sich Frust breit über die globalen Militäreinsätze. Auch in Deutschland, Holland, Kanada wächst der Unmut. Zu hoch, so lautet ein Teil der Kritik, sind die Folgekosten des Ausrückens, die finanziellen, die politischen – die humanen. Und zu gering der Ertrag. Die Vereinigten Staaten, so ein viel diskutiertes Szenario, wenden sich unter dem angeschlagenen Präsidenten Obama, der besonders auf Volkes Stimme hören muss, nach innen. Beim Abzug aus Afghanistan (er soll im kommenden Jahr beginnen und 2014 enden) geht Washington vorneweg.

Globale Einsätze kommen aus der Mode

Zugleich fordern die osteuropäischen Nato-Neu-Mitglieder nach dem Schock des Georgien-Krieges 2008 eine „Reassurance“ durch die Bündnispartner. Ein eingefrorener Konflikt am Rande Europas erhitzte sich damals innerhalb von nur Tagen zu einer blutigen Auseinandersetzung; russische Panzerverbände, die nach Provokationen der Gegenseite über Bergpässe hinwegrollten, verursachten eine schwindelerregende Störung im Russlandbild. Vor allem Polen und die Baltenstaaten wünschen sich seitdem dringlich eine klare Versicherung, dass Artikel 5 des Washingtoner Vertrages noch immer den Kerngedanken der Allianz ausdrückt. In ihm steht, dass die Verbündeten einander Beistand zu leisten haben, „einschließlich der Anwendung von Waffengewalt (…), um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten“.

Für die Bundeswehr könnte die wachsende Sehnsicht nach der alten, territorialen Nato eine paradoxe Folge haben. Just zu dem Zeitpunkt, da sie zur globalen Einsatzarmee heranreift, kommen globale Einsätze aus der Mode.

Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, hält das Auseinanderdriften von strategischer Planung und strategischem Willen für bedenklich. Er mahnt: Wenn Amerika sich stärker nach innen wende und sich außenpolitisch eher auf den pazifischen als den atlantischen Raum fokussiere, bedeute dies im Umkehrschluss keineswegs, „dass die Ursachen von Konfliktherden verschwinden“.

Was zum Beispiel, fragt Kujat, wenn politische Hasardeure wie der iranische Präsident Achmadinedschad die „amerikanische Introvertiertheit“, fehlinterpretierten und dadurch neue Konflikte auslösten, die Nato-Einsätze provozierten? Man dürfe, warnt Kujat, in einer ungebremst dynamischen Welt Militäreinsätze nicht zu statisch  denken, sich nicht zu sehr am Bekannten orientieren. Für eine selbstverständliche Aufgabe der Bundeswehr hält Kujat – wie auch der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold – die Sicherung der Handelswege. „Das steht bereits im Weißbuch von 2006“, sagt Arnold. Kujat zeigt sich trotzdem wenig überrascht davon, dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg unlängst eine Empörungswelle entgegenschlug, als er dies öffentlich aussprach: „Die Deutschen sind wie Pferde“, sagt er. „Sie scheuen immer an der gleichen Stelle.“    

Seit dem wiedergefundenen Daseinszweck „out-of-area“ fliegt die Nato allerdings gleichsam auf Autopilot. Fast all ihr Geld, Energien und Industrieplanung haben die Verteidigungsministerien seit den Weichstellungen nach 9/11 in „Fähigkeitsorientierung“ und „Verlegefähigkeit“ gesteckt, wie die Konzentration auf internationale Einsätze im Militärsprech hieß. Viel zu viel, um die Grundausrichtung noch einmal zu revidieren. „So schnell wie die Weltlage sich ändert, können Sie Rüstungsprojekte nicht umsteuern“, beschreibt ein ranghoher Nato-Militär das Gesetz der sicherheitspolitische Trägheit.

Das Undenkbare denken

Für die deutschen Streitkräfte wie für die Nato insgesamt stellt sich damit letzten Endes eine Charakterfrage. Sie lautet, ob sie künftig wirklich beides leisten können: sowohl Interventionen wie auch die – wenngleich aus heutiger Sicht unwahrscheinliche – Aufgabe der Territorialverteidigung zu schultern.

Aber ja, versichern die Planer im Berliner Bendlerblock wie im Brüsseler Hauptquartier, das geht. „Die beiden Entwicklungen sind nicht gegenläufig“, beteuert Ulrich Schlie, der Leiter des Planungsstabes im Verteidigungsministerium. Sollte sich die Bedrohungslage ändern, könnte in Deutschland die Wehrpflicht wieder aktiviert und drei Mal so viele Rekruten eingezogen werden wie heute. Die „Kunst“, so Schlie, bestehe eben darin, „so zu planen, dass man auch auf unwahrscheinliche Fälle vorbereitet ist.“

In einem Büro des Nato-Hauptquartiers beschreibt ein General Kreise mit der Hand, um klar zu machen, wie dieselbe Aufwuchsfähigkeit für das Bündnis insgesamt gelte. Im Kalten Krieg, erinnert er, hätten die Nato-Armeen sich im Ernstfall in mehreren Lagen entlang der innerdeutschen Grenze aufgestellt. Von Nord bis Süd hätten dänische, niederländische, deutsche, britische, belgische und amerikanische Corps eine so genannte „Schichttorten“-Formation gebildet. Einen solchen Gefechtsstreifen, versichern die Planer, würde auch die Nato im Notfall auch heute noch hinbekommen. Zwar gäbe es keinen großen Vorrat an Panzern und „in place forces“ in Europa mehr, dafür aber 28 Bündnispartner, die – weil sie ja mobil seien – genau dort zusammen gezogen werden könnten, wo es brenne. Für solche Szenarien, heißt es, gebe es in Brüssel Notfallplanungen. Aber die seien natürlich geheim. 

Bedrohung aus dem Osten oder Süden, Gefechtsfelder in Europa – sind das nicht alles Hirngespinste? Aus heutiger Sicht mag es absurd erscheinen, dass in Europa noch einmal Armeen aufmarschieren müssten. Aber vor zehn Jahren hätte auch jeder die Vorstellung für verrückt gehalten, dass die Bundeswehr nach Afghanistan ausrücken müsste, nachdem Terroristen das World Trade Center zerstört haben. Verteidigungsplanung muss, so paradox es klingt, eben auch das Undenkbare bedenken. Darin liegt der erste Schritt zur Krisenprävention. Und zugleich die Gefahr, dass ein Militärbündnis die Gründe seiner Existenz stets aufs Neue erschafft.

Guttenberg: Die Bundeswehr muss für alle Fälle gerüstet sein

Künftige Bedrohungen am Bündnisrand hält der deutsche Verteidigungsminister keineswegs für abwegig. All jenen, die glauben, dass mit dem Beginn des Abzuges aus Afghanistan den global agierenden Armeen die Einsatzorte ausgingen, wirft Karl-Theodor zu Guttenberg vor, »in zu einfachen Analogien« zu denken. Künftige internationale Einsätze könnten ganz anders aussehen als die bisher erlebten auf dem Balkan oder am Hindukusch. An der »Peripherie des Bündnisgebietes« kann kaum ausgeschlossen werden, dass womöglich eines Tages internationale Militäraktionen vonnöten sein werden, »bei denen die Grenze von Bündnisverteidigung und Stablisierungseinsatz fließend wird«. Für solche Fälle müsse die Bundeswehr ausgebildet und ausgerüstet sein.

In der Frage der künftigen Truppenstärke gibt sich Guttenberg trotzdem beinhart. Seine Reform der Bundeswehr ist auf eine Sollstärke von 163 500 Soldaten ausgerichtet und durchgerechnet. Wer mehr Soldaten wolle, müsse auch mehr Geld zur Verfügung stellen. Der Bündnistreue werde dadurch gewahrt und gestärkt, dass die Zahl von derzeit 7000 Bundeswehrsoldaten, die maximal zeitgleich im Einsatz sein können, auf 10 000 bis 15 000 erhöht würde. So sieht man es auch im Brüsseler Nato-Hauptquartier. Weniger deutsche Soldaten, dafür besser ausbildete, die Aussicht begrüßen die Alliierten.

Aber wird diese Aussicht auch Realität? Womöglich nur dann, wenn die künftige Bundeswehr  190 000 Mann zählt. Nur so kann sie,  bei einem Rhythmus von vier Monaten Auslandseinsatz und 20 Monaten Dienst zuhause, die gewünschte Zahl deutscher Soldaten für Nato-Missionen stellen. Und wenn deutlich mehr als 7500 Männer und Frauen, wie in den Guttenberg-Plänen veranschlagt, pro Jahr freiwillig Wehrdienst leisten. Nur so kann der Regenerationsbedarf der Bundeswehr erfüllt werden. Und wenn nicht, der womöglich entscheidende Punkt, die Spardiktate in Zeiten der Schuldenbremse verhindern, dass die Soldaten so ausgebildet und ausgerüstet werden, dass sie im Auslandseinsatz Hochqualifiziertes leisten. Und ihn überleben.

Was sagt eigentlich das Grundgesetz?

Hilfreich wäre dabei, wenn nicht jede  nationale Bündnisarmee nach maximaler Größe strebte und von allem möglichst viel haben  wollte. Eine bessere Abstimmung vor allem unter den europäischen Partnern könnte Doppel- und Dreifachanschaffungen verhindern – und Finanzmittel für die Ausbildung und Ausrüstung der Soldaten im Auslandseinsatz freisetzen.                 

Anders als manch anderer glaubt Guttenberg außerdem, dass Amerika die Nato sehr wohl weiter als Werkzeugkasten für globale Einsätze pflegen werde. Zwar sieht auch er eine »Bugwelle isolationistischer Tendenzen« über die USA schwappen. »Doch diese Welle treibt ihre Endlichkeit bereits vor sich her.«  Eine Rückbesinnung nur auf sich selbst, ein Rückzug aus der globalen Welt, werde sich die größte Ordnungsmacht nicht leisten. Ergo: »Die Einschätzung, die Nato verlagere mit der neuen Strategie das Hauptaugenmerk auf die Landes- und Bündnisverteidigung, teile ich nicht. Die Fähigkeit zu einem vernünftigen Krisenmanagement auch außerhalb der Bündnisgrenzen bleibt genauso wichtig.«

Dann fragt sich nur noch, wann eigentlich Deutschland gedenkt, auch sein Grundgesetz an die neue Nato-Doppelfähigkeit anzupassen. In schöner alter Kalter-Kriegs-Manier heißt es dort nämlich noch immer ganz schlicht: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“

 

„Die Uhr läuft gegen uns“

Wie lässt sich ein Scheitern der Nato in Afghanistan noch  verhindern? Ein Gespräch mit General Egon Ramms

Der deutsche Viersterne-General Egon Ramms, 61, ist einer der ranghöchsten deutschen Soldaten. Er leitet das Operationshauptquartier der Nato im holländischen Brunssum. Auf diesem Posten ist er Vorgesetzter des Isaf-Oberbefehlshabers Stanley McChrystal.

Herr Ramms, die Bundeswehr soll in Nord-Afghanistan mehr Präsenz zeigen. Gleichzeitig schicken die Vereinigten Staaten 2500 Soldaten ins deutsche Zuständigkeitsgebiet. Können es die Deutschen einfach nicht?

So würde ich es nicht sagen. Aber: Bei uns in Deutschland sind Entscheidungen zum Einsatz in Afghanistan zum Teil entlang innenpolitischer Verträglichkeiten gefällt worden. Es ging, auch jüngst bei der Londoner Konferenz, in erster Linie darum, wie Entscheidungen der Bevölkerung vermittelt werden konnten. Erst in zweiter Linie interessiert, was für unseren Auftrag in Afghanistan tatsächlich notwendig ist.

Was wäre denn notwendig?

Notwendig wäre, wenn wir in die Fläche gehen wollen, den Soldaten entsprechende Fähigkeiten mitzugeben, zum Beispiel Aufklärungsmittel wie moderne Drohnen und ausreichend viele Transporthubschrauber. Jetzt bekommen wir Letztere von den Amerikanern. Deutschland trägt im Norden die Führungsverantwortung. Die Bundesregierung muss den Soldaten die Wahrnehmung dieser Rolle auch ermöglichen.

Das klingt, als hätten Sie Verständnis für den oft gehörten Vorwurf innerhalb der Nato, die Deutschen seien eine Drückeberger-Nation.

Nein. Vor ein paar Jahren mag der Vorwurf teilweise berechtigt gewesen sein. Mittlerweile führen wir im Norden Aktiv-Operationen zusammen mit den afghanischen Streitkräften. Was nach wie vor stimmt, ist, dass wir mehr rechtliche Klarheit darüber brauchen, was die deutschen Soldaten im Einsatz dürfen und was nicht. Die Rechtslage für die Bundeswehr stammt noch aus dem Kalten Krieg. Damals waren solche Szenarien, wie wir sie heute erleben, nicht vorauszusehen. Auch nach der für mich unerwarteten Klarstellung durch den Außenminister, dass es sich in Afghanistan um einen Bürgerkrieg handelt, eine Klarstellung, die ich sehr begrüße, gibt es noch weiteren Handlungsbedarf. Was bedeutet das für die Soldaten? Sie brauchen konkrete neue Anweisungen.

Wann war Ihnen eigentlich klar, dass die Lage im Norden keineswegs so ruhig war, wie dies das Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren vermitteln wollte?

Ich hatte im Mai 2007 ein Gespräch mit dem Kommandeur des Wiederaufbauteams in Kundus, und er hat mir erklärt, dass es notwendig sei, gegen die Aufständischen in dem Gebiet vorzugehen. Später, so seine Einschätzung, würden wir dazu wesentlich mehr Kräfte brauchen. Die Erkenntnis über die Lage dort oben hatten wir also schon damals.

Hat die Bundesregierung auf diese Lage aus Ihrer Sicht angemessen reagiert?

Im Jahr 2007 habe ich keine Reaktion feststellen können. 2008 und 2009 ist dann durch Truppenverstärkungen und durch die Entsendung der Quick Reaction Force der Entwicklung, ich möchte mal sagen, zu Teilen Rechnung getragen worden.

Nur zu Teilen? Heißt das, der Luftangriff auf die beiden Tanklaster im vergangenen September wäre vermeidbar gewesen, wenn der deutsche Oberst Klein andere Einsatzmittel zur Verfügung gehabt hätte? Kampfhubschrauber zum Beispiel?

Ich möchte nicht in eine laufende Untersuchung eingreifen. Selbstverständlich könnte die Palette der Wirkungsmöglichkeiten deutlich erweitert werden. Möglicherweise helfen uns jetzt die Amerikaner weiter. Sie bringen Gerät in den Norden mit, das helfen kann, Kollateralschäden in der Bevölkerung deutlich zu minimieren.

Wie empfänglich war das Bundesverteidigungsministerium in der Vergangenheit eigentlich für Ihre Expertise?

Ich würde mir wünschen, dass man – gerade mit Blick auf meine Erfahrungen in ganz Afghanistan und mit den Menschen und ihrem Verhalten – das Ohr für meine Beiträge manchmal etwas weiter öffnen würde. Ich sehe einen Teil meiner Aufgabe auch darin, meinem Land sowie auch allen anderen beteiligten Nationen als Berater zur Seite zu stehen.

Mit welchen Gefühlen verfolgen Sie die deutsche Debatte um einen Rückzug aus Afghanistan?

Um ganz ehrlich zu sein: Als ich im Jahr 2007 meine Aufgabe in diesem Hauptquartier übernommen habe, habe ich den Gebrauch des Wortes Exit Strategy verboten. Ich habe es verboten, weil es an die Afghanen, an unsere Gegner aber auch an unsere eigene Bevölkerung die falschen Botschaften sendet. Die Afghanen empfangen die Botschaft ,Die wollen uns verlassen’, und die Aufständischen empfangen die Botschaft ,Die gehen bald – wir müssen nur warten’, und unsere eigene Bevölkerung glaubt ‚Diese lästige Angelegenheit ist bald vorbei!‘ Alle diese Botschaften vermitteln falsche, unrealistische Eindrücke.

Statt abzuziehen, soll das Bundeswehrkontingent nun erst einmal um 500 Soldaten aufgestockt werden, und die Soldaten sollen auch wieder Fußpatrouillen im Norden unternehmen. Bedeutet das nicht, dass es zwangsläufig mehr Tote geben wird?

Nicht zwangsläufig, nein. Das hängt von der Herangehensweise ab. Richtig ist aber: Das Risiko erhöht sich deutlich.

Ist das Isaf-Mandat eigentlich weit genug gefasst, um den selbst gesetzten Ansprüchen des „umfassenden Ansatzes“ gerecht zu werden? Gegenüber Drogenhandel und Korruption sind Nato-Soldaten machtlos.

Die Uhr in Afghanistan läuft gegen uns. Wenn andere Organisationen, die eigentlich zivile Aufbauarbeit leisten sollten, die gewünschten und erwarteten Ergebnisse nicht erzielen, kann Nicht-Handeln keine Alternative sein. Ich würde mir wünschen, dass die Nato in etlichen Bereichen politisch besser dazu befähigt würde, dieses Aufgabenspektrum abzudecken. Die Nato ist – leider – immer noch ein überwiegend militärisches Bündnis. Ich würde gerne Bataillone von zivilen Beratern in Nordafghanistan sehen, die den Einheimischen bei der Entwicklung und den Aufbau ihres Landes helfen. In Afghanistan bräuchten wir 5000 Polizeiausbilder, um das Ziel zu erreichen, das wir uns vorgenommen haben.

Moment mal – ein Top-Militär plädiert für weniger Militär?

Was mich in der Tat stört, ist, dass wenn wir über Afghanistan sprechen, sich der Blick immer reflexartig auf das Verteidigungsministerium und die Soldaten richtet. Das ist verkehrt. Der Anteil des Militärischen, an dem Ziel, das wir dort zu erreichen suchen, beträgt vielleicht 25 Prozent. Die anderen Anteile sind zivile Anteile. Bloß, für die ist den vergangenen Jahren nicht genug Personal zur Verfügung gestellt worden, und niemand hat sich wirklich verantwortlich gezeigt.

Präsident Karsai sagte bei der Münchner Sicherheitskonferenz, es werde nur noch fünf Jahre dauern, bis Afghanistan für seine eigene Sicherheit sorgen könne. Glauben Sie das?

Was die Sicherheit angeht ja. Aber wird Afghanistan bis dahin als Staat funktionieren? Nein.

Wäre es dann nicht sinnvoll, die Bundeswehr grundlegend umzubauen, hin zur einer Gendarmie-Armee, die beides kann: zivilen Aufbau und Kampfeinsatz?

Mit Blick auf den Bedarf in Afghanistan ist diese Frage mit einem eindeutigen Ja zu beantworten. Mit Blick auf das Grundgesetz und die außenpolitische Rolle, die ein Land wie die wiedervereinigte Bundesrepublik Deutschland eigentlich spielen müsste, muss man sagen: Nein. Vielleicht aber sollte die Weltgemeinschaft nach den Erfahrungen der vergangenen zwanzig Jahre, sei es Afghanistan, in Bosnien, im Kosovo oder jetzt in Haiti, darüber nachdenken, ob wir in Zukunft nicht generell viel mehr zivile Wiederaufbau-Kräfte vorhalten müssen.

Die Fragen stellte Jochen Bittner

Fotos: Carl Brunn für DIE ZEIT/www.carlbrunn.de

 

Haubitzen statt Bambis

In der Bundeswehr tobt ein Kampf der Generationen. So geht es nicht weiter mit den deutschen Streitkräften, räumt das Verteidigungsministerium ein

Ein Report

Im Besucherfoyer des Verteidigungsministeriums in Berlin steht ein goldenes Rehlein. Es ist ein Bambi, verliehen an die Bundeswehr in der Preiskategorie „Engagement“. Vor seiner Vitrine hält der Offizier aus der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit gerne an, wenn er Touristengruppen durch den Bendlerblock führt. „Wir wurden damit ausgezeichnet für den Einsatz nach dem Tsunami 2005 in Indonesien“, erklärt der freundliche Uniformierte. Wenn dann die Leute ihre Köpfe näher ranrücken an das funkelnde Tierchen, fügt er hinzu: „Es ist nur etwas scheu, deswegen steht’s hinter Glas.“

Gleich neben dem Bambi führen zwei Flügeltüren in den Pressebriefing-Raum des Hauses. Hierher kann der Verteidigungsminister jederzeit die Hauptstadtjournalisten zusammentrommeln. „Meist“, sagt der Besucheroffizier mit plötzlich betretenem Gesicht, „passiert das eher aus traurigem Anlass.“ Wenn deutsche Soldaten sterben und sterben lassen, eben. Kundus war so ein Fall. Da wollte das Bambi vorm Eingang so gar nicht mehr bambihaft gucken.

Die Bundeswehr im Jahr 20 nach der Wiedervereinigung. Ideell hängen die deutschen Streitkräfte noch am Wunschbild einer Armee, die nur aus den Kasernen ausrückt, wenn das Gute lockt. Reell steht sie im Krieg.

Seit 1990 ist der Personalbestand der bundesdeutschen Streitkräfte trotz der Verschmelzung mit der Nationalen Volksarmee der Ex-DDR von 500 000 auf 240 000 abgeschmolzen, und mit der Schlankheitskur sind sie beweglicher geworden. Es ist eine Wandlung, welche die Armeen benachbarter Nachbarstaaten, vor allem in Osteuropa, ebenfalls durchmachen.

Doch die Bundeswehr unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von allen anderen vergleichbaren Armeen, die dem Gefrierzustand des Kalten Krieges entwachsen. Ihre entscheidenden Lernerfahrungen sammelt sie nicht aufgrund politischer Entscheidungen, sondern trotz ihnen. In ihrer Fortentwicklung ist sie heute unten weiter als oben, sowohl psychologisch wie philosophisch. 15 Jahre Auslandseinsätze haben eine Generation von Offizieren hervorgebracht, deren Erfahrungswelt bisher kaum Entsprechung auf der Berliner Ministeretage fand.

Es sind diejenigen Männer und Frauen aus dem 37 000köpfigen Offizierskorps, die oft das Wort „Idealismus“ benutzen, wenn sie begründen, warum sie zu Berufssoldaten geworden sind. Ihre Wut wächst. Auf der anderen Seite steht eine Generation von Wehrbeamten, die sich an die eine Vergangenheit klammern, in der die Bundeswehr ein Leben in heimischer Gartenzaunidylle verhieß. In weiten Teilen der Truppe herrscht eine Stimmung wie im Dampfkochtopf.

 „Was wir in den vergangenen Jahren im Ministerium erlebt haben, war fortgesetzte Wirklichkeitsverweigerung“, sagt ein erfahrener Bundeswehrmann in einer ruhigen Minute in Kabul.

„Alles, was der Minister von sich gegeben hat, war doch ausgerichtet auf die deutsche öffentliche Meinung“, sagt einer im Nato-Hauptquartier in Brüssel.

„Es war“, sagt ein ranghoher Militär in Berlin, „im Kabinett nicht opportun, die Dinge auszusprechen. Wir haben uns jahrelang etwas vorgemacht.“

 „Ausschließlich terroristische Taliban“ sagte Franz-Josef Jung, seien bei dem Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan am 4. September 2009 ums Leben gekommen.

Der Bombardierungsbefehl des Oberst Klein war nicht nur die tödlichste Order, den je ein Soldat in der Geschichte der Bundeswehr gegeben hat. Er könnte sich auch als Wendepunkt bundesdeutscher Verteidigungspolitik erweisen. Was bei Kundus geschah, darin stimmen viele Offiziere überein, kam dem der Höhepunkt einer klassischen Trägödie gleich. Je krampfhafter das Verteidigungsministerium in den Jahren zuvor an dem Versuch festhielt, die Bundeswehr aus der Brutalität des Krieges herauszuhalten, desto unentrinnlicher versank sie darin.

Wird Kundus tatsächlich zu einen Wendepunkt in der deutschen Verteidigungspolitik? Führt die Katastrophe dazu, dass die Ministeretage im Bendlerblock sich ehrlich macht über die Kosten und Folgen, die Auslandseinsätze gegen Islamisten mit sich bringen?

Die Bilanz der bisherigen Verdrängungsleistung jedenfalls ist eindrucksvoll.

● 2006 kamen mehrere Bundeswehrsoldaten in Afghanistan durch Anschläge ums Leben. Verteidigungsminister Jung befahl daraufhin, dass die Truppe sich nur noch in geschützten Fahrzeugen durchs Land bewegen dürfe. „Das war die sicherste Methode, uns von der Bevölkerung zu entfremden“, sagt ein Praktiker des Einsatzes. „Genau das Gegenteil wäre nötig gewesen, um die Taliban zu bekämpfen. Wir hätten ran gehen müssen an die Leute.“

● 2007 legte eine Gruppe Generale um den der ehemaligen Oberbefehlshaber der Afghanistan-Schutztruppe Isaf, Norbert van Heyst, im Bendlerblock einen Bilanz über die Auslandseinsätze vor. Die Bundeswehr, so ihr Fazit, leide unter einem Mangel an kohärenter Führung, fehlender strategischer Planung, bizarrer Bürokratie und politisch motivierter Kontrollwut des Berliner Ministeriums. Um die Einsätze effizient führen zu können, sei »eine in der Hierarchie des BMVg höher angesiedelte Operationsabteilung« zu bilden. Statt die Vorschläge diskutieren zu lassen, wurde der Bericht als geheim eingestuft und weggeschlossen.

● 2008 forderten Kommandeure in Afghanistan „andere Wirkmittel“ an, unter anderem Bodenstreitkräfte, Kampfhubschrauber vom Typ Tiger und die Panzerhaubitze 2000. Diese moderne Kanone könnte Raketenbeschuss aus den Bergen in die Feldlager mit zielgenauem Feuer erwidern. „Dieses Gerät hätte schon vor dem ersten Schuss abschreckende Wirkung auf die Taliban gehabt“, sagt ein Mitte dreißig jähriger Hauptmann, der in Kundus eingesetzt war. Andere Nationen, unter anderen die Franzosen, nutzen die deutsche Entwicklung. Allein, den Deutschen wurde die Haubitze nicht geliefert. Der Grund dafür sei gewesen, sagt einer, dessen Hauptjob im Vorbringen entsprechender Anliegen bestand, „dass man keine falschen Signal nach Deutschland hinein senden wollte.“

● 2009 hielt Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag gegen jede militärische Vernunft an der Wehrpflicht fest. In der Praxis ist der (von 2011 an auf sechs Monate reduzierte) Zwangsdienst längst mehr zur Last als zum Gewinn geworden. Die Ausbildung der Wehrpflichtigen bindet wertvolle Ressourcen – und erzeugt 50 000 Rekruten, die im Ausland nicht zu gebrauchen sind. „Eine Armee von 160 000 bis 180 000 Berufs- und Zeitsoldaten würde weniger kosten als die gegenwärtige, zugleich aber einsatzfähiger sein“, rechnete die regierungsnahe Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im Januar 2010 vor.

Die Gefahren und Lasten, die mit dieser Beharrungspolitik verbunden sind, tragen die Soldaten jeden Tag in den Einsätzen. Warum eigentlich regt sich in der Truppe keine Rebellion? „Wir sind ein Offiziercorps von Mitläufern“, sagt ein Oberstleutnant, der seit langem frustriert ist vom trägen, bürokratischen Apparat der Streitkräfte. Defizite würden nicht nach oben geleitet, weil jeder Angst habe, für die Mängel selbst verantwortlicht gemacht zu werden. Auf den Gängen von Kasernen und im Ministerium würden kritische Gespräche abgebrochen, sobald ein Vorgesetzter den Weg kreuze, bestätigen selbst ranghohe Führungskräfte.

„Das schweigsame Folgen aus den 30er und 40er Jahren macht sich heute wieder breit“, urteilt ein Offizier harsch. Gerade wegen der Transformation habe sich in der Truppe eine verhängnisvolle „Gefallsucht“ breitgemacht – denn Einheiten, die Probleme zugeben, müssten Angst haben, die nächsten zu sein, die aufgelöst würden. Es herrsche eine Stimmung, sagt der Karriere-Offizier, wie im Baumarkt: „Geht nicht gibt’s nicht.“

In Afghanistan etwa müssten die Soldaten heikelste Gefechtssituation ohne die erforderliche Ausrüstung bestehen, schildert ein Aussteiger. Marc Lindemann, 33, ein ehemaliger Nachrichtenoffizier, diente bis Ende 2009 im PRT Kundus. Eine Methode, die dort seit 2008 angewandt wird, um Taliban-Guerillas aufzuspüren, sei es, solange Patrouille durchs feindliche Gebiet zu fahren, bis der Gegner angreife. Allerdings, schreibt Lindemann in seinem gerade erschienen Buch „Unter Beschuss“ (Econ 2010), verfügten die Fahrzeuge des PRT Kundus „bis heute weder über eine Reaktivpanzerung, die einem gute Chancen einräumt, den Treffer zu überstehen, noch über eine 30-Millimeter-Bordmaschinenkanone oder gar eine 120-Millimeter-Waffe, die wiederum die Überlebenschancen des Angreifers auf ein Minimum reduzieren. Unsere Soldaten müssen diesen gefährlichen Auftrag mit ungeeigneten Dingos, Mungos und Füchsen durchführen.“ In der Folge seien in den Monaten vor dem Luftangriff auf die Tanklaster vier Bundeswehrsoldaten bei solchen Patrouillenfahrten ums Leben gekommen.

Auch rechtlich sieht sich die Bundeswehr ungenügend gepanzert für die raue Realität der Einsätze. Laut der Einsatzregeln, die jeder Soldat auf einer Taschenkarte mit sich führt, darf erst geschossen werden, nachdem andere das Feuer eröffnet haben. Zwar wurde die Taschenkarte im Sommer 2009 überarbeitet – aber mehr als redaktionelle Veränderungen sind dabei nicht herausgekommen. Die Befugnisse der Bundeswehr bleiben noch immer hinter denen des Kapitels VII der UN-Charta („Robustes Mandat“) zurück, auf dessen Grundlage der Isaf-Einsatz legitimiert ist.

Marc Lindemanns (dem „Unter Beschuss“-Autor) besonderer Zorn gilt dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan. Der Vier-Sterne-General sei es gewesen, „der die immer häufiger aufkeimenden Forderungen nach stärkeren Waffensystemen und Truppenaufstockungen abwiegelte und auf den ,zivilen Charakter’ des Auftrags verwies.“

In der Tat, bestätigt ein ranghoher Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums auf diese Vorhaltung, sei ein „militärischer Ratschlag, schweres Gerät wie die Panzerhaubitze einzusetzen, bisher nicht erfolgt.“

Nach Kundus macht sich nun Ernüchterung breit im Bendlerbock. Die Fliegerbomben trafen auch den Faradayschen Käfig, der zum Schutz vor geladenen Nachrichten um das Ministerbüro herum errichtet worden war. „Es war“, sagt etwa rückblickend ein ranghoher Ministeriumsvertreter, „von Anfang an ein Webfehler, die Zahl der eingesetzten Soldaten in den einzelnen Regionen entlang parteipolitischer Schmerzgrenzen festgelegt zu haben statt entlang militärischer Erfordernisse.“

Trotz all dieser Unzulänglichkeiten sahen es bisher offenbar viele Verantwortliche als ihre Aufgabe an, nach oben heile Welt vorzuspielen. Im Verteidigungsministerium hätten unter Franz-Josef Jung Referenten häufig nur solche Berichte geschrieben, von denen sie wussten, dass sie der Spitze des Hauses gefallen würden. Kritische Stimmen, wie etwa die des deutschen Generals Egon Ramms, dem Leiter des Operations-Hauptquartiers der Nato in Brunssum (mit ihm folgt ein Interview an dieser Stelle), wurden nach Darstellung von Insidern systematisch abgeblockt. „Jung hat sich nie wohl gefühlt in seinem Amt“, sagt ein General, der Zugang hatte, „er war überfordert und verkrampft und hat schwierige Fragen von sich weg gehalten, weil sie die psychologischen Schwierigkeiten nur vergrößert hätten.“

„Ich habe den Eindruck, viele Führungskräfte wollen überhaupt nicht sehen, was in der Armee los ist“, sagt ein junger Offizier im Generalstab, der daran denkt, seine Bundeswehr-Karriere an den Nagel zu hängen. „Ihnen geht es nur darum, nach oben gut auszusehen, um bloß nicht Opfer der nächsten Sparrunde zu werden.“

Die Hoffnung auf eine Wende verkörpert für viele Bundeswehrangehörige Karl-Theodor zu Guttenberg. Mit ihm könnte ein Minister an der Stauffenberg-Straße eingezogen sein, der seine erste Aufgabe nicht in der Selbstverteidigung sieht. Biographisch und intellektuell gehört der 38jährige zur Generation der neuen Realisten. Nichts anderes als die Wahrheit über den Krieg zu sagen, das hat er sich denn auch gleich nach seinem Amtsantritt vorgenommen.

Guttenbergs Staatssekretär Christian Schmidt räumt gegenüber der ZEIT ein, der „Generationen- und Mentalitätsbruch“ sei noch nicht genug verarbeitet. „Vielleicht“, sagt er, „haben wir uns dem notwendigen Dialog nicht stark genug gestellt.“ Es müsse darauf geachtet werden, „dass sich die Mentalitäten nicht zu stark auseinander entwickeln zwischen den jüngeren Offizieren, die im Einsatz sozialisiert wurden und den Dienstposteninhabern zuhause.“

Bleibt die Frage: Wie viel Wahrheit kann der neue Minister der deutschen Öffentlichkeit zumuten? Wollen die Deutschen eine Armee von Kämpfern? Wollen sie ein Verteidigungsministerium, das nicht mehr für jede Truppenverstärkung den Bundestag anrufen muss? Wollen sie einen Generalstab? Einer aus der neuen Realisten-Riege im Bendlerbock glaubt ja: „Ich habe den Eindruck, die Bevölkerung ist schon weiter als wir im politischen Berlin.“

Fotos: Szenen aus Kundus und Feysabad, (c) BMVg

 

Rasmussen ist der neue Nato-Chef

Das Bündnis trifft damit – trotz allem – eine hoffnungsvolle Entscheidung

Dass es so schnell gehen würde, war dann doch eine Überraschung: Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen wird zum 1. August neuer Nato-Generalsekretär. Das beschlossen die 28 Regierungschefs des Bündnisses zum Abschluss ihres Gipfels in Straßburg. Einstimmig, wie sie betonten. Der Widerstand der Türkei ist gebrochen. Deren Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor darauf bestanden, der Däne könne den Posten nicht bekommen, wegen seiner Rolle im Mohammed-Karikaturenstreit von 2006.

Ist Rasmussen nun der richtige Kandidat, um die das Prioritätsprojekt der Nato, die Stabilisierung Afghanistans, zum Erfolg zu führen? Oder ist er dafür der denkbar schlechteste Mann?

Sicher, die „Kunden“, der Nato, jene Muslime in Afghanistan, dessen Herzen und Verstand die Nato gewinnen will, werden Rasmussen noch lange in Verbindung bringen mit den aus ihrer Sicht gotteslästerlichen Karikaturen, die die Zeitung Jyllands Posten veröffentlicht hatte. Der Däne wird einen schweren Stand haben bei seinen Reisen an den Hindukusch. Er wird erklären müssen, dass er weder ein Islamfeind noch ein Fürsprecher religiöser Gefühlverletzungen ist. Sondern dass er sich schlicht weigerte, ein wichtiges Gut anzutasten: die Pressefreiheit.

Man mag dem Rasmussen mit Recht vorwerfen, dass er in der Karikaturenkrise einen Fehler gemacht hat, weil er 22 Botschaftern muslimischer Staaten den Dialog verweigerte. Aber darum ging es Erdogan bei seiner neuerlichen Kritik ja gar nicht. Der türkische Regierungschef sprach Rasmussen vielmehr deswegen die Eignung als Nato-Generalsekreträr ab, weil dieser sich bis heute nicht für die Veröffentlichungen in der dänischen Zeitung „entschuldigt“ hat.

Derlei zu fordern, ist für ein Mitglied eines Bündnis, das sich der Ausbreitung freiheitlicher Werte verschrieben hat, völlig unakzeptabel. Hätte die Nato dem Druck Erdogans nachgegeben, sie hätte ihr Gesicht verloren.

Aber: Hätte die westliche Allianz bei ihrer Personalentscheidung nicht trotzdem auf die Ressentiments der arabischen Welt Rücksicht nehmen müssen? Auch wenn diese Ressentiments unbegründet, ja irritational sind? Wäre es nicht im Interesse einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit dem Islam, also im Interesse ihres eigenen Erfolgs, wenn die Nato einen anderen Kandidaten gefunden hätte?

Der Ansicht könnte man sein. Doch: wo soll dann die Bereitschaft zur Berücksichtigung muslimischer Vorbehalte enden?

Wahrscheinlich würde die „arabische Strasse“ und die dortigen Autokraten auch vor Entsetzen kochen, wenn die Nato eine Frau als Chefin ausgerufen hätte.

Was wäre gar mit einem Homosexuellen?

Wer nicht will, dass islamische Tabu-Ideen, die westlichen Freiheit-Vorstellungen widersprechen, Einfluss auf westliche Richtungsentscheidungen haben, der, nein, muss sich über den Triumph von Rasmussen nicht freuen.

Aber der sollte schon die Gelegenheit sehen, die dieser Wahl innewohnt. Sie besteht darin, dass der geschmähte Däne Rasmussen seinen Gegnern in der islamischen Welt beweisen kann, dass sie einer weiteren Hass-Projektion gegenüber dem Westen aufsaßen. Genau das hat er kurz nach seiner Wahl als eines seiner Ziele benannt. Wenn ihm das gelingt, dann wachsen die beiden Welten tatsächlich enger zusammen.

 

Ein Gipfel zum Kuscheln

Die Nato wird 60 Jahre alt. Das muss gefeiert werden. Auch wenn das Bündnis gerade seinen ersten Krieg verliert

Die Nato wird die Vergangenheit feiern, als gäbe es kein Morgen. Am Rhein, der Frontlinie zweier Weltkriege, kommt das Verteidigungsbündnis ab Freitag zu seinem 60. Gründungstag zusammen. Das Protokoll für den großen Jubiläumsgipfel, den Frankreich und Deutschland gemeinsam ausrichten, möchte rührige Bilder, die an den Gründungszweck der Allianz gemahnen. In Straßburg, auf der französischen Uferseite, wird Nicolas Sarkozy die Bundeskanzlerin erwarten. Angela Merkel soll, gefolgt von den 24 übrigen Staatschefs der Allianz, vom deutschen Kehl aus auf einer Fußgängerbrücke über den Fluß schreiten. In der Mitte wird man dann so tun, als sei gerade erst Frieden eingekehrt in Europa. Bündnisküsse mit Obama, Kampfstrahlen in die Kameras der Welt.

Etwas weiter entfernt, in den Bergschluchten des Hindukusch, droht die gewaltigste Militärmacht aller Zeiten derweil den ersten Krieg zu verlieren, in den sie sich begeben hat. Ein paar Tausend Taliban, so zeigt sich, sind in der Lage, geschickter und schlagkräftiger zu agieren als 26 High-Tech-Armeen der reichsten Länder der Welt. Wenn sich daran nichts ändert, könnte die Nato in Afghanistan bald enden wie vor ihr schon Briten und Russen: aufgerieben von Aufständischen, die zwar weniger sind als sie, aber einiger und entschlossener.

Im Anschluss an die Geburtstagsartigkeiten haben die Regierungen in Straßburg einen halben Tag lang Zeit, darüber zu beraten, wie sie dieses Debakel verhindern wollen. Daneben stehen noch ein paar untergeordnete Themen auf der Tagesordnung. Die Frage nach dem künftigen Verhältnis zu Russland zum Beispiel. Die Aufnahme von Albanien und Kroatien als Neumitglieder. Die Diskussion um Leitlinien für ein neues Strategisches Konzept. Und, ach so, auch die Einigung auf einen neuen Generalsekretär nach dem türkischen Widerstand gegen den dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen.

„Es wird ein atemloser Gipfel“, heißt im Nato-Hauptquartier in Brüssel. Selbst die Beteiligten bemühen sich, die Erwartungen zu dämpfen. Dabei böte Straßburg nicht weniger als die Gelegenheit, gemeinsam mit Obama den Neustart-Knopf für das Bündnis zu drücken. Stattdessen sieht es wie üblich so aus, als werde Amerika voranpreschen und Europa hinterhertrotten.

Barack Obama will das Blatt in Afghanistan dadurch wenden, dass er 17 000 Soldaten aus dem falschen (Irak) in den richtigen Krieg (Hindukusch) umsiedelt. Die West-Europäer sind mit ihm immerhin soweit einig, als sie seine Irakkriegs-Bewertung teile. Eine Herzensangelegenheit wird ihnen die Afghanistanmission deswegen aber noch lange nicht. „Wenn man heute noch sagt, auch unsere Sicherheit werde am Hindukusch verteidigte, erntet man nur Lächeln“, gestand Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, gegenüber dem Publikum des Brussels Forum, zu dem der German Marshall Fund kurz vor dem Gipfel hochrangige Politiker aus aller Welt zusammen gebracht hatte. „60 Prozent unserer Bevölkerung sind gegen die Mission“, erinnerte der CDU-Abgeordnete.

Zwar stellen die Deutschen mit über 3500 Soldaten das drittgrößte Kontingent der internationalen Aufbautruppe (Isaf), aber sie scheuen jede Aktion, die als Kampfeinsatz gewertet werden könnte. In Frankreich, dem anderen Gastgeberland des Nato-Jubiläumsgipfels, fordert die Opposition, die Regierung möge endlich einen Zeitplan erstellen, wann die Nation mit der leidigen Mission durch sei.

Ist Afghanistan also das verklingende Echo eines Bündnisversprechens, an das die Europäer 20 Jahre nach dem Mauerfall in Wahrheit schon lange nicht mehr glauben? Trotz des Sympathie-Bonus Obama zweifeln Amerikas Außenpolitiker daran, ob Europa in Afghanistan wirklich Frieden will, oder ob es nicht recht eigentlich mit Afghanistan in Frieden gelassen werden möchte. „Fühlt sich Europa der Aufgabe wirklich so verpflichtet wie die Vereinigten Staaten es tun?“, fragt US-Nato-Botschafter Kurt Volker. Vielleicht, schlägt er vor, wäre es ganz gut, die öffentliche Meinung für das Projekt zurück zu gewinnen.

Die jämmerliche Zahl von 177 Polizeiausbildern hat die „soft power“ Europäische Union bis heute für den Wiederaufbau aufgetrieben – und ist damit mitverantwortlich dafür, dass Afghanistan noch weit entfernt ist von jener „selbsttragenden Sicherheit“, die sich die internationale Gemeinschaft so dringend wünscht. „Die Polizei ist in keinem guten Zustand“, mahnte in Brüssel der neue US-Beauftragte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke. Er forderte „einen sehr beträchtlichen Zuwachs“ an Sicherheitskräften.

Auf bis zu 400 000 Soldaten wolle die Obama-Regierung die Afghanische Nationalarmee aufstocken, meldet die New York Times. „Völlig unrealistisch“ nennt ein europäischer Nato-Diplomat dieses Ziel. Aber auch an einen weiterreichenden strategischen Wandel kündigt der Sonderbeauftragte Holbrooke an. Es gebe kein Afghanistan und kein Pakistan mehr, sagt er, es gebe nur noch „Afpak“, sprich: ein zusammenhängendes Problem. Solange die Taliban ihren Nachwuchs im pakistanischen Grenzgebiet trainieren, solange wird die Isaf-Mission in Afghanistan nicht beruhigen können.
Der europäische Beiträg zu diesem neuen „Regional Approach“, so ist zu hören, könnte in der Schulung pakistanischer Offiziere bestehen oder im Bau von Schulen, wo es heute nur Koran-Madrassas gibt.

Von Russland erhofft die Nato derweil, dass Moskau den Isaf-Truppen neue Nachschubwege an den Hindukusch eröffnet. Als Zuckerbrot bietet die Allianz Moskau trotz des Georgienkrieges eine „phasenweise Wiederannäherung“ an. Mit anderen Worten: Der Gipfel könnte die Rückkehr zu den gewohnten Beziehungen mit Russland markieren. Russlands Nato-Botschafter Dimitri Rogosin kommentiert das Angebot gewohnt ruppig. „Hübsche Foto-Gelegenheiten und Medienrauschen“ interessierten ihn nicht, sagt er. Wohl aber aber „echte Partnerschaft“, verbunden bitteschön mit der „Rückkehr Russlands auf die rechtmäßige Position der Weltbühne.“ Bloß: Wo genau ist der?

Klar ist, die Bühne Europas gehört am kommenden Wochenende ganz dem neuen US-Präsidenten Barack Obama. Da mögen seine mitreisenden Diplomaten hinter den Kulissen fordern, was sie wollen. Die erste Europareise des sympathiemächtigsten Mannes der Welt wird kein Missklang stören. Obama, heißt es von amerikanischen Offiziellen, kenne den „Hunger“ der Europäer nach frischen Botschaften aus dem Weißen Haus. „Er wird sich alle Mühe geben, den zu stillen“, sagt eine seiner Diplomatinnen.

 

Der Obama vom Bayerischen Hof

Wolfgang Ischinger ist der neue Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, die morgen beginnt.
Hohe Erwartung heften sich an seine diplomatische Kunst

Es gab einmal statischere Zeiten auf Erden, da hieß das jährliche informelle Weltgipfeltreffen in München »Wehrkundetagung«. Die „Wehrkunde“ hat sich als Kosename bei den ausländischen Gästen gehalten, nicht minder die Bezeichnung als “Nato-Kriegstagung” bei den Gegnern der Veranstaltung. Recht eigentlich und immer mehr aber verdiente die Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof den Namen Terrarium.

Denn ganz wie auf dem echten Planeten geht es dort eng, heiß und überbevölkert zu. Und es riecht nach Streit. Über dreihundert Teilnehmer werden sich von Freitag bis Sonntag im Saal des Hotels Bayerischer Hof drängen, unter ihnen mehr als ein Dutzend Staats- und Regierungschefs, rund fünfzig Minister und etwa siebzig offizielle Delegationen aus über 50 Ländern.

Drei Tage lang also sitzen die Spitzen der Weltpolitik gleichsam wie auf einer Herdplatte beieinander – was Annäherungen ebenso zwangsläufig wie unvorhersehbar macht. Entsprechend hoch sind in diesem Jahr die Erwartungen an den neuen Zeremonienmeister von München, dem für diesen Job vom Auswärtigen Amt freigestellten deutschen Spitzendiplomaten Wolfgang Ischinger. Der ehemalige Botschafter in Washington und London, ein Mann von ausgesuchter angelsächsischer Manierlichkeit, hat dieses Ehrenamt von Horst Teltschik übernommen, dem ehemaligen außenpolitischen Berater von Helmut Kohl. Teltschnik verstand es, als Moderator in München die Weltunordnung mit selbstbewusster Hilfe seines Oberstufenenglisch ebenso polternd wie kumpelhaft zu sortierten. Man wird, das sei gesagt, sein ranschmeißerisches Sag-Du-zu-mir an die Großen der Welt vermissen, denn es lag ein Restschein von Übersichtlichkeit darin.

In den Teltschik-Jahren immerhin war die Welt noch insoweit in Ordnung, als das amerikanische Zeitalter als unbeendet galt. Das änderte sich schlagartig am 9.Februar 2007. Da betrat Wladimir Putin das Münchner Podium, um kontrolliert zu detonieren. »Eine unipolare Welt (…) ist vernichtend, am Ende auch für den Hegemon selbst!«, rief er in die versteinerten Gesichter im Saal. Es war eine intellektuelle Kriegserklärung an das Überlegenheitsgefühl des Westens, und seitdem hat Russland mit Taten (Krieg mit Georgien) nachgelegt und bewiesen, »dass es sich seine Sicherheit nicht stehlen lässt wie Äpfel aus Nachbars Garten« (so der russische Nato-Botschafter Dimitri Rogosin).

Mittlerweile sind die Kriegsherren aus Washington von der Weltbühne abgetreten. Deshalb lautet die große Frage, ob es Ischinger gelingt, die Versöhnungschance, die womöglich zwischen Ost und West liegt, zu nutzen – als Obama vom Bayerischen Hof, gewissermaßen. So wird etwa der Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am Rande der Konferenz das Gespräch mit dem russischen Vizepremier Sergej Iwanov suchen – ein bedeutender Schritt für das Bündnis, das sich nach der Georgien-Krise bis auf Weiteres vorgenommen hatte, die Beziehungen zu Russland einzufrieren. Nach und nach tauen sie auf, Russland darf beispielsweise auf Arbeitsebene wieder im Nato-Rat mitreden – aber von einem soliden, konstruktiven Verhältnis, das sich beide Seiten unter anderem wegen Afghanistan wünschen, ist man noch weit entfernt.

»Natürlich kann die Konferenz als Katalysator dienen«, gibt Ischinger bescheiden Auskunft. »Und ich überlege mir schon, was sinnvoller Weise bewerkstelligt werden kann.« Er könne »objektive Voraussetzungen« schaffen für Kontaktanbahnung hinter den Kulissen, sagt der Botschafter a.D. Immerhin habe Barack Obama soeben das 30 Jahre alte Tabu durchbrochen, auf keinen Fall mit dem Iran in einen Dialog zu treten. Es trifft sich, dass nun nicht nur der amerikanische Vizepräsident Joe Biden, sondern auch der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani nach München reisen. »Sicher kann ich«, sagt Ischinger, »falls das gewünscht ist, Hand- und Spanndienste leisten – etwa durch das Placement bei Tisch.« Nicht ausgeschlossen also, dass die ersten politischen Gespräche zwischen Washington und Teheran nach drei Jahrzehnten bei einem Abendessen stattfinden, das (sic!) Horst Seehofer als gastgebender bayerischer Ministerpräsident für die Staatsmänner ausrichtet. Ischinger will nichts versprechen, er hält’s mit Beckerbauer. »Schaun mer mal!«, sagt er frohgelaunt.

Wohl hat er sonst einiges anders organisiert als bisher: Die Panels sind größer, die Redezeiten für manche Diven der Weltpolitik kürzer als je zuvor. Nicht jedem gefällt das. Als ein »desaster in the making«, bezeichnen Ischinger-Kritiker die Vorbereitung der Konferenz. Aber im Grunde schwingt darin die übliche Hoffnung mit – auf großes politisches Kino.

Apropos Staatsmänner. Es gehörte bisher zu den – vor allem von Frauen ernsthaft beklagten – Münchner Gewissheiten, »dass man da immer nur auf alte Männer trifft« (O-Ton einer Nato-Diplomatin). Diese Tatsache trägt entscheidend zum Mief des 20. Jahrhunderts bei, der München noch immer umweht. Seither hat sich schließlich nicht nur Russland emanzipiert. Wolfgang Ischinger weiß um das Problem. Und bemüht sich um »Zustrom frischen Blutes«, vor allem weiblicher Provenienz. »Daran bin ich bisher kläglich gescheitert«, gesteht er. »Der Frauenanteil ist weiterhin beklagenswert niedrig.« Testosteron, wer will’s bestreiten, regiert die Welt.

 

„Ein anderes Russland kann Nato-Mitglied werden“

Liebe Leser,

willkommen im planetarischen Fortschrittsjahr 2009.

Für manche heißt es in diesem Jahr Abschied nehmen. Für George Bush, zum Beispiel. Im Zuge der Regierungsübergabe in Amerika wird voraussichtlich auch der stellvertretende Außenminister für Europa, Daniel Fried, einen neuen Posten bekommen.

Fried ist seit 31 Jahren Diplomat, er arbeitete bereits unter Bill Clinton im State Department und genießt bei seinen europäischen Kollegen hohes Ansehen.

Bei einem Gespräch, das ich zusammen mit drei anderen Journalisten mit Fried in Brüssel führte, sprach der Vize-Außenminister beachtlichen Klartext über die transatlantischen Beziehungen, das Verhältnis zu Russland und über die geplante Raketenabwehrstellungen in Osteuropa. Darunter war auch einiges Überraschendes. So wiederholte Fried trotz den jüngsten Verhaltens Moskau in der Gaskrise, Russland könne eines Tages Mitglied der Nato werden.

Aber hören Sie selbst.

Hier sind die wichtigsten Auszüge des Gesprächs als Audios:


„Die nächste US-Regierung muss ersthaft mehr mit Europa zusammenarbeiten“

Der Nachlass der Bush-Regierung und die Zukunft der transatlantischen Beziehungen (1 Min.)


„Das löst ernsthafte Sorgen aus!“
Frieds Antwort auf die Frage, ob Russland mit Gas Politik betreibt
(2 Min.)

„Europa braucht weitere Energiequellen. Get started!“
Wie die EU langfristig ihre Gasversorgung sichern sollte gegenüber einem Russland, das möglicherweise weiterhin „Einflusspolitik“ per Pipelines betreiben wird (4 Min.)


„Wir wollen gute Beziehungen zu Russland“
„Aber diese Beziehungen müssen auf den Prinzipien des 21. Jahrhundert gegründet sein, nicht auf denen von Machtpolitik“ (40 Sek.)


„Die Antwort kann nicht sein, Russland zu umarmen, egal, was es tut“
Fried über die deutsche Politik gegenüber Moskau (1:15 Min.)


„Wir haben dazugelernt“
In Sachen Raketenabwehr bleibe das Kooperationsangebot gegenüber Russland auf dem Tisch (3:40 Min.)


„Wir haben unser Bestes gegeben“
Doch trotzdem halte das offizielle Russland an einem feindlichen Amerikabild fest (1:45 Min.)


„Natürlich könnte Russland Nato-Mitglied werden“
„Aber glauben Sie, das will es?“ (40 Sek.)

 

Des Kremls General

Der russische Nato-Botschafter Dimitri Rogosin schockt Europa immer wieder mit seinen Ausbrüchen. Was denkt der Mann wirklich? Ein Treffen

rogosin.jpg

Der Raum war zu klein für den Mann und seine Botschaft. Um die fünfzig Journalisten drängten Mitte August in das Besprechungszimmer der russischen Mission bei der Nato, um zu hören, wie Dmitri Rogosin den soeben gefällten Beschluss der Allianz bekrähen würde. Mit Russland, so hatten die 26 Außenminister Nato-Außenminister nebenan im Hauptgebäude Minuten vorher beschlossen, könne es nach dem Feldzug gegen Georgien kein „business as usual“ mehr geben. Der Nato-Russland-Rat werde bis auf Weiteres auf Eis gelegt. Hochspannung im Russenquartier: Wie würde Rogosin, das enfant terrible der europäischen Diplomatenszene, darauf reagieren?

Der Mann enttäuschte nicht.

„Die Allianz ist jetzt isoliert!“, schmetterte er den stifteschwingenden Reportern entgegen. Statt endlich zu erkennen, welch Fehler es gewesen sei, den georgischen Präsidenten Michael Saakaschwili zu umarmen, lasse sich die Nato nun auch noch von den USA in einen neuen Kalten Krieg treiben. Spätestens nach der georgischen Aggression gegen Südossetien müsse doch klar sein: „Diese Nato sollte erst Hitler, dann Saddam Hussein und erst danach Herrn Saakaschwili aufnehmen.“ In dem unklimatisierten, stickigen Raum tropften den ungläubigen Journalisten nach einstündiger Tirade Schweißperlen auf die Notizblöcke. Dimitri Rogosins Hemdkragen dagegen bekam nicht einmal einen feuchten Rand.

Es sind solche mephistophelischen Momente, die den 44jährigen Rogosin erscheinen lassen wie die leibhaftige russische Außenpolitik. Blitzschnell ausholen, krachend zuschlagen und das Staunen der Welt mit kühler Miene quittieren. Im Januar setzte Wladimir Putin den hartgesottenen Nationalisten mit dem jungenhaften Rehblick auf den Brüsseler Nato-Posten. Seitdem lässt der gelernte Journalist keine Gelegenheit aus, anti-diplomatische Schockwellen durch den Medienäther zu senden. Den Vormarsch der 58. russischen Armee nach Georgien kommentierte er mit den Worten: „Jetzt fährt Amerikas Lieblingskind zur Hölle!“

Wenn es Putins Absicht war, ein Megaphon des russischen Weltschmerzes in die Nato-Zentrale zu hängen, dann hat er mit Rogosin eine talentierte Wahl getroffen. Im kleinen Kreis und ohne Kameralicht kann Rogosin zwar wohltemperiert reden. Doch selbst dann, in einem ansonsten nüchternen Gepräch mit der ZEIT etwa, pfefferte er nonchalant mit Grobheiten nach. Den georgischen Präsidenten bezeichnet Reogosin als einen „Bastard“ und einen „Drogenabhängigen mit krimineller Vergangenheit“. Fliehende Georgier vergleicht er mit „Kakerlaken“. Dabei macht er eine tribbelnde Fingerbewegung über den Marmortisch und lacht den Reporter komplizenhaft an.

Ach, Herr Rogosin, nun einmal ehrlich, was soll das? Sind all diese Ausfälle nicht bloß rhetorischer Punkrock, um Russland Gehör zu verschaffen in europäischen Salons?

„Ich denke wirklich, was ich sage“, antwortet Rogosin. „Es mag schon sein, dass meine Wortwahl schockiert. Aber wenn sie schockiert, dann hoffe ich damit zu erreichen, dass die Leute beginnen, nach der Wahrheit zu suchen.“

Rogosins Wahrheit über die Weltlage sieht so aus: Die Nato ist eine Militärallianz, die den Amerikanern dazu dient, die Europäer kleinzuhalten. Und obwohl die Amerikaner die Terrorinternationale al-Qaida, die sie am 11. September angegriffen hat, mithilfe der CIA in Afghanistan selbst geschaffen hat, lassen sich die Europäer für den weltumspannenden US-Anti-Terrorkrieg einbinden, inklusive eines völkerrechtswidrigen Krieges gegen den Irak. Dieses Amerika, dieses Europa wollen Russland jetzt dafür bestrafen, dass es im Kaukasus sein legitimes Recht wahrgenommen hat? Das legitime Recht seine eigenen Staatsbürger vor dem Völkermörder Saakaschwili zu schützen? Dabei müsse doch gerade Amerika die neue russische Sicherheitsdoktrin verstehen: was für die USA der 11. September 2001 gewesen sei, sei für Russland der 8. August 2008 gewesen – ein massiver Angriff auf seine Staatsbürger. Den jüngsten Beschluss der EU, die Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland auszusetzen, bis sich Moskaus Truppen aus dem Kerngebiet Georgiens zurückgezogen haben, geißelt er deshalb „unfair“.

Rogosin spricht vielmehr von einer „Pufferzone“, die Russland um Südossetionen und Abchasien einrichten musste. Sie sei selbstverständlich nur eine vorübergehende Lösung. „Wir wünschen uns, dass aus in diesem Gebiet eine demilitarisierte, international kontrollierte Zone wird, gerne auch mit OSZE- und EU-Beobachtern“, sagt er. „Natürlich werden die russischen Truppen dort nicht für immer bleiben. Natürlich werden wir uns zurückziehen.“ Die Anerkennung von Südossetien und Abchasien als eigenständige Staaten, sie zeige doch gerade, dass Moskau kein Interesse habe, diese Provinzen zu besetzen.

Es mag eine Ironie der Geschichte sein, dass Rogosin gerade wegen seines überschäumenden Nationalismus zum Diplomaten wurde – und gerade wenn es um militärische Selbstbeschränkung Russlands geht, macht ihn seine Vita wenig glaubwürdig. 2003 gründete Rogosin die Partei „Rodina“, („Mutterland“). Ihr Hauptversprechen lautete, ethnische Russen zu beschützen, sei es gegen kaukasische Gastarbeiter, sei es als Minderheiten in ehemaligen Sowjetstaaten. 2006, als „Rodina“ dem Kreml zu mächtig wurde, belegte Putin die Partei mit einem Wahlverbot.

„Das war eine harte Zeit“, erinnert sich Rogosin heute. Zum Glück allerdings habe sich in dieser Krise ein Mensch als echter Freund erwiesen – der heutige Außenminister Sergej Lawrow. „Ich erzähle Ihnen jetzt etwas, was ich noch niemanden erzählt habe“, sagt Rogosin zum Abschied. „Lawrow war der einzige, der mich weiter angerufen und mich unterstützt hat. So etwas vergisst man nicht. 18 Monate später rief mich Putin an, und sagte, er würde gerne unsere Beziehung erneuern. Seitdem halte ich den Posten bei der Nato. Deswegen betrachte ich Herrn Lawrow als einen treuen Kameraden. Niemand, keine Intrige, wird je zwischen uns kommen können.“

Und wieder scheint er zu wirklich zu sagen, was er denkt.

 

Der Kaukasus-Krieg – Wie alles begann

Viel können die georgischen Diplomaten bei der Nato derzeit nicht unternehmen. Ihre winzigen Büros sind in einem Nebengebäude des Nato-Quartiers in Brüssel untergebracht, und auch bündnispolitisch pflegten sie – bisher – eine randständige Existenz. Georgien ist kein Nato-Mitglied, aber es Teil des Partnership for Peace-Programms (PfP) der Allianz. Aber informieren, genauestens informieren, wollen die Georgier nun wenigstens die Nato-Staaten über die Lage in ihrem Land.

Ständig schicken sie Mitteilungen über Truppenbewegungen, Bombardements und Opfer an die Missionen aller 26 Länder im Brüsseler Hauptquartier. Am Donnerstag, dem 7. August 2008 um 22.30 Uhr meldeten sie Alarmierendes. Trotz Waffenruhe, hieß es in einem Communiqué, seien „georgische Zivilisten“ in Südossetien von „separatistischen Rebellen“ angegriffen worden. Hunderte von russischen Soldaten sowie schweres Material seien zudem aus Russland nach Georgien eingerückt.

Das Protokoll der Ereignisse ab dem 6. August, das Georgien in der Nato-Zentrale verteilte, ist diesem Beitrag angehängt (von unten nach oben zu lesen).* Aus der Zeitleiste ergibt sich das Bild hoher Aggressivität von beiden Seiten.

„Für uns ist die Sache ganz klar“, sagt Alexander Maisuradze, der stellvertretende georgische Missionschef bei der Nato, „wir sind Opfer einer großangelegten militärischen Intervention. Die Aktionen des russischen Militärs verstoßen fundamental gegen die euro-atlantischen Werte. Es geht darum, die Regierung des Präsidenten Mikheil Saakashvilis zu stürzen. Georgien selbst ist unmittelbar bedroht.“

Russland stellt die Sache anders da: Zuerst hätten georgische Soldaten der „Friedenstruppe“ für Südossetien russische Soldaten desselben Verbandes getötet.

Im Internationalen Brüsseler Pressezentrum sagte der russische Nato-Botschafter Dimitri Rogozin am Montag, 18 russische „Friedenssoldaten“ seien getötet worden, 14 würden vermisst, 150 seien verwundet. „Alle Fakten, die von internationalen Medien berichtet werden, sind einseitig und unzutreffend“, so Rogozin. Georgien habe das Feuer in der südossetischen Hauptsstadt Tschinwali eröffnet. Seitdem seien 2500 Zivilisten getötet worden, zudem schössen georgischen Soldaten wahllos auf Zivilisten, überrollten Unschuldige mit Panzern und vergewaltigten Frauen.

Georgien praktiziere in Südossetien „Völkermord oder ethnische Säuberungen“, so Rogozin.

Sowohl Georgien wie auch Russland (es ist ebenfalls Mitglied des PfP) haben für Dienstag eine Sondersitzung der Nato-Botschafter beantragt. Zuerst werden die 26 Abgesandten des Bündnisses wohl mit den Vertretern Georgiens, dann mit denen Russland zusammentreffen.

Rogozin machte klar, dass Russland nicht mit dem georgischen Präsidenten Saakaschwili reden werde. Vielleicht, sagte er, werde man aber erwägen, mit denjenigen georgischen Regierungsvertretern zu reden, die dem Präsidenten kritisch gegenüberstehen. Diese Bermerkung wurde von georgischen Beobachtern als weiterer Beleg für die These gewertet, dass es Moskau in Wahrheit darum gehen, die pro-westliche Regierung in Tiflis zu stürzen.

Zu diesem Eindruck trug allerdings auch bei neutralen Beobachtern ein Satz Rogozins bei, der über die übliche Rauhbeinigkeit des Russen hinausging.

“America’s favourite child“, sagte er über Saakaschwili, „is going to hell right now.”

————-
* Ablauf der Eskalation laut der georgischen Mission bei der Nato:

6 August

Late on 6 August, separatists opened mortar fire at Georgian populated villages of Eredvi, Prisi, Avnevi, Dvani and Nuli. Georgian government forces fired back in order to defend the positions and civilian population. As a result of intensive cross-fire during the night, two servicemen of the Georgian battalion of the Joint Peacekeeping Forces were injured. Separatist regime also claimed several injured persons on their side. Despite the targeted attacks on peaceful population and villages, as well as on the Georgian police and peacekeeping forces, the central authorities decided not to respond through heavy exchange of fire, in order not to injure the local population.

Temur Yakobashvili, Georgian chief negotiator and state minister for reintegration, said in late night televised remarks on August 6 that it was the position of the Georgian government that only a direct dialogue with Tskinvali authorities would solve the deteriorating security situation. Mr. Yakobashvili also stressed that Ambassador-at-large Yuri Popov would attend the talks as a facilitator. South Ossetian chief negotiator, Boris Chochiev, refused to take part in negotiations.

7 August

During the night and early morning intensive fire came from the Ossetian villages of Khetagurovo, Dmenisi, Sarabuki, and Ubiat. Separatist authorities continued shelling Georgian law enforcers and Peacekeeping units with mortars and artillery. The central authorities responded with limited fire in order to defend the positions.

In the morning interview with Russian news agencies, South Ossetian de facto president Eduard Kokoity declared that if the Georgian government did not withdraw its military forces from the region, he would start “to clean them out.”

President Saakashvili speaking with journalists in the military hospital in Gori, where he visited the two injured Georgian servicemen, said that despite attacks on the Georgian villages, Tbilisi was showing “maximum restraint.” Saakashvili also called on Russia to “to recall its officials” from South Ossetia, who consider themselves as the so-called South Ossetian government.

Temur Yakobashvili, visited the conflict zone in the morning of August 7 to meet with representatives of the separatist government. The State Minister met with Marat Kulakhmetov, commander of the Joint Peacekeeping Forces, in Tskhinvali. But, the separatists refused to negotiate with him.

The chairman of the separatist republic’s Security Council, Anatoly Barankevich threatened that armed groupings of Cossacks from North Ossetia were headed towards South Ossetia to fight against Georgian forces.

The separatists resumed shelling of Georgian villages Nuli and Avnevi by 16:00. Three Georgian servicemen were injured after the South Ossetian separatist forces blew up an infantry combat vehicle belonging to the Georgian peacekeeping battalion in Avnevi. Georgian police responded by firing towards the separatist armed grouping in village Khetagurovo, where two separatist militiamen were killed and two more wounded. Later, the check-point of Georgian peacekeepers was bombed in Avnevi and several Georgian servicemen and civilians were killed.

Georgia has decided to “unilaterally cease fire” in a sign of Tbilisi’s willingness to defuse tensions, Temur Yakobashvili, the Georgian state minister for reintegration, announced at a press conference in Tbilisi at 6:40pm. Yakobashvili said that he was not able to get in touch with the separatist authorities.

President Saakashvili said in a live televised address made at 7:10pm, that he had ordered the Georgian forces to cease fire in South Ossetia. He said there were casualties, both dead and many people wounded. Saakashvili said that he ordered to cease fire “on purpose” to again offer the South Ossetian secessionists to resume talks.

Despite Georgia’s decision not to return fire, the Georgian village of Avnevi again came under fire of the South Ossetian militiamen at about 8:30pm. It can be said that the village was totally destroyed as a result.

The South Ossetian separatist armed groupings fired at the Georgian-controlled village of Prisi at about 10:30 pm. The attack left several people wounded on the Georgian side.

The separatist authorities opened fire at all Georgian positions around the South Ossetian capital Tskhinvali at about 23:30, including the villages of Tamarasheni and Kurta. The police stations in Kurta was destroyed as a result of heavy shelling.

8 August

22:40 According to Ministry of Defense, Russian planes violated Georgian airspace a total of 22 times.
22:15 The type and place of Russian planes taken down during the day not located yet.
21:45 Policemen and reservists who were surrounded in the Znauri school bulding, five kilometers west of Tskinvali, are rescued by government forces.
21:11 The separatist authorities claim to have altogether 1400 people dead and wounded. At the same time, the Russian Ministry of Defense announces that there are 10 dead among Russian “peacekeepers”.
20:30 After severe clashes in Tskinvali, Georgian forces start to withdraw from the center of the town, holding their positions at its southern outskirts. Russian tanks enter the eastern part of Tskinvali.
19:20 2 Russian planes pass over Ambrolauri, which is 170 kilometers northwest of Tbilisi and is outside the conflict zone.
19:18 5 Russian airplanes were shot down during the day. Last one is shot down at approximately 19:00 near Tskhinvali.
18:45 Georgian Gori artillery brigade is bombarded by 5 Russian airplanes.
18:44 A motorcade of Russian tanks, armored vehicles and trucks loaded with different kinds of weapons reach Tskinvali by the Dzara by-pass road, 2 kilometers west of Tskinvali. The Russians opens intensive fire towards Georgian forces located in Tskinvali and on the neighboring heights. A second motorcade, which also came from Russia via the Roki tunnel, is stopped near the Georgian government controlled area of Dmenisi, 7 kilometers north of Tskinvali, and Russians open heavy fire toward Georgian forces.
18:32 Frone gorge, northeat of Tskinvali, is under intensive artillery fire by Russian forces. Villages Avnevi and Phrisi, in the Tskinvali region, are bombarded by Russian military aircraft.
17:35 Marneuli military airbase, 20 kilometers south of Tbilisi and outside the conflict zone, is bombed for the third time resulting in 1 death and 4 injured. As a result of three bombings, three grounded AN-2 type planes and military vehicles stationed there are destroyed.
17:00 Marneuli military airbase is bombed for the second time causing casualties.
16.30 Russian aviation bombs Marneuli and Bolnisi military airbases, 20 kilometers and 35 kilometers south of Tbilisi respectively. Two aircrafts were destroyed on ground. Also several buildings were destroyed and there are casualties.
16:03 Two Russian planes enter Georgian airspace from the North. One more flies over Djava. Two more fly across the border near Chechnya.
By 16:00 about 40 officers of Criminal Police and Reservists are trapped in Znauri school.
15:30 Ossetian separatists destroyed 3 Georgian tanks at Dzari by-pass road.
15:05 Russian military plane enters Georgia from the direction of Tedzami, just south of Gori, and drop two bombs on the Vaziani military airport and turned back.
14.30 Almost 100% of Tskhinvali is controlled by Georgian forces. Just several small groupings are still resisting.
14.15 Georgian government announces a ceasefire from 15.00 till 18.00 to let civilian population leave Tskhinvali. Separatists are also offered amnesty and humanitarian aid if they surrender.
13:00 Part of Thskinvali is controlled by Georgian army and fighting continues in the center. The civilian population does not resist. They are ordered to stay inside their houses.
12.05 One Su-24 enters Georgian air space from Russia and remained over Tskhinvali till 12.15.
By 12.00 Eight Georgians (6 military and 2 civilians) have died and 87 are injured. 1 military truck with ammunition was destroyed.
11:45 Emergency Service of Civil Aviation report receiving a signal from a crashed flying object (presumably Russian fighter plane) near Iuri range, 17 km south from Gori.
11.45: Four Su-24 Russian jet enter Georgia from the direction of Stepantsminda (Kazbeg), northeast of the Roki tunnel and outside of the conflict zone. Two of them pass Tbilisi and make two circles around Marneuli. The other two make a circle above Gudauri.
10:57: Two of the six Russian aircraft drop three bombs in Gori. One of these fell near the stadium, the second near Gorijvari slope and third near a artillery brigade.
10.50: Six Su-24 fighter planes enter from the Roki pass.
10.30 Russian Su-24 bombs the village of Variani in the Kareli district, 75 kilometers west of Tbilisi and outside the conflict zone. Seven civilians were injured as a result.
9.45: A Russian military fighter plane drops about 3-5 bombs near the village of Shavshvebi, on the highway between Poti and Tbilisi and is 300-500 meters from Georgian military radar.
By 9:00 Georgian Forces control the villages of Gromi, Artsevi, Tsinagara, Znauri, Sarabuki, Khetagurovo, Atotsi, Kvemo Okuna, Dmenisi, Muguti and Didmukha.
8:00: First group of Russian troops together with Gufta Bridge are destroyed by a Georgian aerial bombardment. Later two more groups of Russian troops enter South Ossetia through the Roki tunnel, which connects Russia and Georgia, but could not cross the Gufta Bridge which was destroyed and moved by the Geri-Dmenisi road.
5:30: First Russian troops enter through Roki tunnel South Ossetia, passed Java, crossed Gufta bridge and moved by Dzara road towards Tskhinvali.