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Die Welt ist aus dem Ruder? Kauft Blumendünger!

Lange hat unsere Autorin den Eskapismus der Naturfreunde belächelt. Nun hat sie zum ersten Mal ihren Balkon bepflanzt. Sofort ploppen die wahren Fragen des Lebens auf.

© #almo/photocase.com (https://www.photocase.com/)
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„Alles Gute für die Tomaten“, wünscht mir die Kassiererin, wir zwinkern uns vertraulich zu. Eine halbe Stunde lang bin ich durchs Pflanzenparadies gelaufen, an Bergen in Plastik eingeschweißter Blumenerde und gestapelter Balkonkästen vorbei, eine mir bislang verschlossene, eine von mir verschmähte Welt. Wer Zeit hat, seine Nachmittage mit der Auswahl roter, blauer oder roséfarbener Pflanzen zu verbringen, hat, so dachte ich bisher, aus der Geschichte nichts gelernt. Biedermeier, Spießertum, Landlust, es gibt viele Namen, unter denen der kleingärtnerische Eskapismus firmiert: Die Welt ist aus dem Ruder geraten und man selbst kauft Pflanzendünger. Weiter„Die Welt ist aus dem Ruder? Kauft Blumendünger!“

 

Immer nur Erbsensuppe und „Wetten, dass..?“ geht eben nicht

Entspannt euch, liebe Migrationspanikmacher. Gesellschaft ist auch nichts anderes als ein Betriebssystem. Das Update von Windows 95 habt ihr schließlich auch überlebt.

© Adam Berry/Getty Images
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Erinnert ihr euch noch an Windows 95? Das war mal so ein Computerbetriebssystem, vor sehr, sehr vielen Jahrhunderten. Damals, als Computer noch diese riesigen, hässlich beigen Staubfänger in Wohn- und Arbeitszimmern waren, Röhrenmonitore hatten und ganze Klangkaskaden von sich gaben, wenn man sie anschaltete. Laptops waren damals noch zentnerschwere Ziegelsteine, mit deren Transport in die Unibibliothek man sich regelmäßig an den Rand eines Bandscheibenvorfalls schleppte, und nicht diese federleichten Airbooks, hinter denen sich die jungen Leute von heute gern mal in Cafés verschanzen. Weiter„Immer nur Erbsensuppe und „Wetten, dass..?“ geht eben nicht“

 

Ruhiges Ehepaar bevorzugt

Eigentlich ganz einfach: drei Kinder, zwei Gehälter, gebraucht werden fünf Zimmer. Nicht nur auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist so eine Suche zu einem Albtraum geworden.

Wir suchen eine Wohnung. In Berlin. Fünf Zimmer. Kein Scherz. Wir suchen seit einem Jahr. Ich erinnere mich an eine Zeit, die nicht lange her ist, als Umzugslader zum Straßenbild gehörten. Junge Menschen, in deren Köpfen sich das Berlin der Gegenwart zu einem Mythos der Hauptstadt und dann zu einer wilden, steil aufragenden Fantasie zusammengebraut hatte, sodass aus ihren Augen ein Strahlen kam, das an Niedlichkeit kaum zu überbieten war. Die Laster standen auf den Gehwegen. Kaffee wurde getrunken. Germanistikstudenten trugen Nachtschränke, Medizinstudentinnen trugen Stehlampen. Weiter„Ruhiges Ehepaar bevorzugt“

 

Ausflug ins Land der Dichter und Henker

Zehn Kilometer liegen zwischen Buchenwald und Weimar. Sah man vom Schillerhaus aus den Rauch der Krematorien? Unsere Autorin will ihrem Sohn das Unvorstellbare zeigen.

© Jens Schlueter/Getty Images
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„Land der Dichter und Denker, Land der Richter und Henker“, ist das diesjährige Motto der Klassenfahrt meines Sohnes. Er ist in der 10A. Weimar steht, vermute ich, für die Dichter, Buchenwald für den Rest. Nun hat sich herausgestellt, dass er fehlen wird, weil er für vier Monate ins Ausland geht, und ich als beflissene jüdische Mutter erkläre: „Alles darfst du verpassen, MSA, Bundesjugendspiele, Klassenarbeiten, aber nicht die Gedenkstättenfahrt!“ Weiter„Ausflug ins Land der Dichter und Henker“

 

Das Wundermittel heißt grüne Banane

Es gibt nichts Schlimmeres als Männer mit dünnen Waden. Das musste auch unser Autor einsehen. Seither hat er viel in seinem Leben geändert. Nicht nur das Schuhzubinden.

© STR/AFP/Getty Images
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Seit ich eine Zeitlang Mitglied in einem Fitnessstudio war, erkenne ich manchmal auf der Straße Leute wieder, die dort in der Masochistenecke mit den freien Hanteln trainiert haben, sie schleppen ihre Sporttasche immer noch mehrmals die Woche an diesen Ort, in ihrer Alltagskleidung sehen sie allerdings ganz unscheinbar aus. Weiter„Das Wundermittel heißt grüne Banane“

 

Gehirn im Standbymodus

Gewalt, Sex, Saufen, politisch reichlich fragwürdig. Wer ein bisschen Verstand hat, sollte „Game of Thrones“ nicht mögen. Unsere Autorin guckt es dennoch. Wegen der AfD.

© HBO
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Wenn Game of Thrones läuft, sind mein Freund, mein Mitbewohner und ich aufgeregt und feierlich und sehr still, ohne sonst Teil der freakigen großen Fantasycrowd zu sein. Wir lassen uns nur gerne unterhalten und trinken dazu Bier. Bei Game of Thrones wird nämlich auch viel getrunken, es wird außerdem viel gevögelt, manchmal werden Menschen geköpft, man schlägt ihnen das Gesicht ein, man vergewaltigt sie, man sieht Brüste, Psychopathen und sterbende Helden. Weiter„Gehirn im Standbymodus“

 

So wenig nachvollziehbar wie das Leben

Sie werden irre, sie implodieren: wegen der Welt, wegen sich selbst und wegen der anderen. Luca Guadagninos Film A bigger Splash ist ein Thriller über schöne und reiche Punks.

© Lucky Red
© Lucky Red

Als der grundsympathische Kinoseparatist Luca Guadagnino, 45, auf dem London Filmfestival von dazu gezwungenen Filmstudenten gebeten wird, irgendwas zu seiner neuen Arbeit zu sagen, muss er kurz lachen. Dann erwidert er folgendes: „It’s a movie about rock ’n‘ roll.“ Er sieht nach oben, tut so, als würde ihm der Rest seiner Erläuterung in dieser Sekunde zum ersten Mal zufliegen, und fährt fort: „It’s a movie about nostalgia of the great times that will never be back. About love and posession. A movie about desire. And, most importantly: it’s a movie about people.“ Weiter„So wenig nachvollziehbar wie das Leben“

 

Was haben Sie angerichtet, Herr Vogel?!

Das Urteil zur VG-Wort-Ausschüttung wird Verlage zerstören. Ein offener Brief an den Mann, der das Verfahren auslöste und so tut, als stünde er aufseiten der Autoren

VG-Wort: Was haben Sie angerichtet, Herr Vogel?!
© Julia Klug

Lieber Martin Vogel,

seit Tagen frage ich mich, ob Sie eigentlich wissen, was Sie da angerichtet haben. Und ich frage mich, ob Sie sich tatsächlich darüber freuen können, Recht zugesprochen bekommen, aber eine Schneise der Verwüstung in der deutschen Verlagslandschaft hinterlassen zu haben. Weiter„Was haben Sie angerichtet, Herr Vogel?!“

 

Wann ist ein Held ein Held?

Menschen stürzen sich von Klippen oder paddeln durch Stromschnellen – und halten sich für mutig. So ein Unsinn! Dabei brauchen wir echte Courage heute mehr denn je.

© Getty Images
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Helden! Mut! Heldenmut! In der Waldorfschule wurden uns die schönsten Biografien erzählt. Einige handelten von Heldentaten. Man versprach sich davon, dass wir uns ein Beispiel daran nehmen würden. Die Methode ist nicht ganz verkehrt, positive Leitbilder können nicht schaden. Immer wieder habe ich versucht, wie Einstein zu rechnen und wie die Callas zu singen. Versucht. Umgekehrt hätte es wahrscheinlich besser geklappt. Weiter„Wann ist ein Held ein Held?“

 

Jetzt ist er wirklich wieder da

Die kommentierte Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ steht auf Platz 1 der Bestsellerliste. Erstaunlich, wie viele politikinteressierte Leser es neuerdings doch gibt.

Adolf Hitler: Jetzt ist er wirklich wieder da
© Johannes Simon/Getty Images

Memoiren, da können wir von den US-Amerikanern einiges lernen, sind das literarische Genre, das auch in Zeiten der ständig proklamierten Buchmarktkrise zieht: Erinnerungen von Menschen, die uns glauben machen, sie hätten viel erlebt, Staatsmänner zum Beispiel, aber auch das ganz Private steht hoch im Kurs, Schicksalsgeschichten, die uns ans Herz gehen. Weiter„Jetzt ist er wirklich wieder da“