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Dennis Gastmann

Zu Gast beim Geld: Der Journalist und Satiriker liest aus seinem Buch „Geschlossene Gesellschaft“ und erzählt Anekdoten von seinen Ausflügen in den Jet Set.

Wer von draußen an den Stäben des goldenen Käfigs rüttelt, muss meistens auch dort bleiben. Einer hat es dennoch in die Wohnzimmer der Superreichen geschafft: Der Journalist und Satiriker Dennis Gastmann hat für sein Buch Geschlossene Gesellschaft ein Jahr mit dem Jet Set verbracht und fand eine entrückte Elite vor, deren Geldsorgen eher aus dem Wohin als dem Woher erwachsen. Es gibt vergleichsweise leise Künstler wie den Sohn von Gunter Sachs, der seinen Reichtum tatsächlich als Privileg begreift, aber auch von der realen Welt unbeleckte Idioten mit Geld wie der ukrainische Oligarch Zahoor und seine Frau, die Pop-Diva Kamaliya. Als embedded journalist macht Dennis Gastmann seine Sache vorbildlich: Seine Geschichte lässt eben sich nur als Eingeladener und gelegentlicher Scharlatan hinterm Edelmetallzaun erzählen, mit allen Problemen, die das aufwirft. Aber Geschlossene Gesellschaft ist auch keine investigative Reportage, sondern ein mitunter verwunderter Reisebericht. Ein paar zusätzliche Anekdoten gibt es bei der Lesung im Uebel & Gefährlich.

 

Michel van Dyke

Der Musiker, Song-Autor, Auftragsschreiber und Wahl-Hamburger singt die deutschsprachigen Lieder seines neuen Albums Doppelleben im Knust.

Hits schreiben viele, aber nur wenige Evergreens: Du trägst keine Liebe in dir, Michel van Dykes Song für die Band Echt, könnte man guten Gewissens als solchen bezeichnen, schöner als dieses Herzschmerz-Lied wird deutsche Popmusik nicht mehr. Zwar hat sich van Dyke als Auftragsschreiber einen Namen gemacht, seine eigenen Alben sind allerdings keineswegs zu vernachlässigen, auch wenn dem Hamburger der ganz große Durchbruch verwehrt blieb. So war schon 2001 Die große Illusion eine wunderbare Liedersammlung, auf der mindestens Von vorn anfangen ein Riesenhit hätte werden müssen (ein paar Jahre später versuchte es die Band Neuser damit nochmal, auch eher mit Achtungserfolg). Doppelleben ist nun das erste Soloalbum nach zehn Jahren und zeigt den Songschmied als Meister seines Handwerks. Und mit Nichts von dir preis ist wieder ein großartiger Tränenzieher dabei, den diesmal keine Teenie-Band kriegt.

Text: Michael Weiland

 

Voca People

Außerirdisch: Das ungewöhnliche A-Cappella-Ensemble aus Israel führt sein amüsantes Musikprogramm live im CCH 2 auf.

Während wir Menschen ins All fliegen, ob als Touristen oder Forscher, und mit Raumsonden Kometen namens Tschuri erforschen, sind längst Außerirdische auf unserer Erde gelandet: eine weiße eierköpfige Spezies vom Planeten Voca. Aber keine Angst: Diese Wesen sind äußerst fried- und melodieliebend. Ihr unterhaltsames und musikalisches Talent stellen die fünf Männer und drei Frauen bald auch in Hamburg unter Beweis. In einer Mischung aus A-cappella-Gesang, Beatboxing und Comedy nehmen sie ihr Publikum mit auf eine Reise durch die Hits dieser Welt: In medley-artiger Manier geben sie Stücke zum Besten, die Musikgeschichte geschrieben haben – von Mozart und Beethoven über ABBA und Beatles bis zu Madonna und Pharrell Williams. Mit ihrer außerirdischen Show haben die Voca People am New Yorker Off-Broadway gastiert und sind rund um die Welt getingelt – immer mit ordentlich Tamtam.

 

Harpprecht @Literaturhaus

Publizist und Biograf Klaus Harpprecht stellt im Gespräch mit dem ehemaligen Rowohlt-Verleger und Staatsminister für Kultur, Michael Naumann, seine Memoiren vor.

Wahre Gelehrsamkeit und allgemeine Verständlichkeit treffen nicht oft aufeinander. Klaus Harpprecht ist eine unbestrittene Größe deutscher Zeitgeschichte: Deutschlands erster Redenschreiber für Willy Brandt, der erste Washington-Korrespondent beim ZDF, ZEIT-Autor in Paris. Er bereiste die ganze Welt und sein publizistisches Werk ist enorm. Seine Biografien von Thomas Mann und Marion Gräfin Dönhoff sind beachtlich, sein geschichtliches und tagesaktuelles Wissen scheint unermesslich. Der elegante Herr mit dem süddeutschen Akzent beherrscht außerdem die Kunst, intellektuelle Themen anspruchsvoll und doch interessant für ein breites Publikum aufzubereiten. Seine Memoiren Schräges Licht sind eine Geschichte der Bundesrepublik. Aber er erzählt in ihnen auch erstmals von seiner eigenen Kindheit und Jugend in einer schwäbischen Pfarrersfamilie, vom Durcheinander der 1940er Jahre und vom Verlust seiner beiden Brüder im Krieg. Im Gespräch mit dem früheren Rowohlt-Verleger und ehemaligen Staatsminister für Kultur Michael Naumann spricht der 87-Jährige über seine Erinnerungen.

Text: Natalia Sadovnik

 

Platten im Designxport

Eine Ausstellung im neuen Designzentrum zeigt Albumcover, die Hamburger Gestalter entwarfen. Arbeiten von Typeholics und Rocket & Wink sind dabei.

Im Sommer 2014 eröffnete in der HafenCity ein neues Zentrum für Gestaltung namens Designxport. So sollte Design aus Hamburg einen festen Ort und die Kreativen der Stadt eine Anlaufstelle erhalten. Das Echo darauf fiel unterschiedlich aus – von „überflüssig“ bis „überfällig“ reichten die Kommentare. Zumindest klingt die aktuelle Sonderausstellung recht spannend: Es geht um die Hamburger Musikszene. Gemeint sind nicht Sänger oder Produzenten, sondern jene Menschen, die das Artwork von Tonträgern gestalten. Schließlich gibt es diverse Hamburger Designer, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Die Ausstellung Cover zeigt Werke von 13 Gestaltern beziehungsweise Agenturen. Darunter Typeholics, die das psychedelische Erscheinungsbild der Platte Erdbeben von Fettes Brot verantworten. Ebenfalls ausgewählt wurden Arbeiten von Rocket & Wink, 2erpack studios, Christian Doering for Maison Blessing, Christine Krawinkel, Gudberg Nerger, Ingo Fischer, Katja Rajewski, Kerstin Holzwarth, Nic Blunck, Studio Chapeaux, We Are BüroIBüro und Alex Solman.

Text: Lena Frommeyer

 

Clueso

Der Rapper, Sänger und Songwriter aus Erfurt präsentiert sein jüngstes Werk, „Stadtrandlichter“, live in der O2 World.

Text und Ton hieß sein Debütalbum – und den gleichen Namen trägt nun auch das eigene Label, auf dem Clueso (dessen bürgerlicher Name Thomas Hübner lautet) im September sein jüngstes Studioalbum veröffentlicht hat. Angefangen hat der gebürtige Erfurter als Hip-Hopper, auch wenn sich die Koordinaten mittlerweile deutlich in Richtung Popmusik verschoben haben. Irgendwann hat der mittlerweile 34-Jährige dann nämlich auch verstanden, dass er eine passable Singstimme hat und nicht nur Tracks, sondern auch Lieder schreiben kann. Sein jüngstes Album Stadtrandlichter setzt Clueso mit ein bisschen Elektropop harmlos modernisiert ins rechte Licht, so ist das Ganze zukunfts-, allerdings weiterhin ausbaufähig. Im Vorprogramm treten die sehenswerten AnnenMayKantereit aus Köln auf. Pünktliches Erscheinen ist also ratsam.

 

Zukunft für Pompeji

Dr. Albrecht Matthaei und Dr. Andreas Hoffmann informieren über Chancen und Schwierigkeiten bei der Instandhaltung des antiken Pompejis.

Im Rahmen der Ausstellung Pompeji. Götter, Mythen, Menschen kann man noch bis zum 11. Januar im Bucerius Kunst Forum am Rathausmarkt in einer noch nie da gewesenen Präsentation durch die archäologischen Überreste der Villa Casa del Citarista spazieren, Möbelfragmente und Wandmalereien erkunden. Fast ein Wunder, denn bei den Ausgrabungen, der Restaurierung und Erhaltung Pompejis wurden viele Fehler gemacht. Bei der Veranstaltung Pompeji eine Zukunft geben spricht am 8. Dezember der Koordinator des Pompeii Sustainable Preservation Project, Dr. Albrecht Matthaei, über die Chancen und Schwierigkeiten der Instandhaltung. Ihm gegenüber sitzt mit Dr. Andreas Hoffmann der Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums, der gleichzeitig Kurator der Ausstellung ist.

Text: Sabine Danek

 

La Roux

Trotz persönlicher Krisen: Die Britin kommt mit spritzigem neuen Album in den Mojo Club. Bei ihrem Synthiepop verfliegt jeder Ärger im Nu.

Trouble In Paradise – klingt im ersten Moment wie der Titel des geplanten Comeback-Films von Bud Spencer und Terence Hill. Doch mitnichten: Wahrhaftig verbirgt sich dahinter das zweite Album der Britin Elly Jackson aka La Roux. Ganze fünf Jahre brauchte sie für den Nachfolger ihres nach sich selbst benannten Debüts (2009). Auf der Suche nach den Gründen landen wir dann schnell wieder beim Albumtitel: Stimmverlust, Panikattacken, die Trennung von ihrem Langzeitpartner Ben Langmaid. Der Erfolg von La Roux hat seine Spuren hinterlassen. Umso erfreulicher, wie funky, eingängig und unbeschwert sich Jackson in den neuen Songs präsentiert. Gemeinsam mit Produzent Ian Sherwin variiert sie den Klang ihres spritzigen Synthiepops derart häufig, dass Trouble In Paradise zu keiner Zeit ermüdet oder in banales Popgedudel abdriftet; eher das Gegenteil ist der Fall: Von Uptight Downtown über Paradise Is You bis hin zu The Feeling hat jeder Song das Potenzial zur Single-Auskopplung. Bei soviel Premiumqualität kann ihr Gig im Mojo nur toll werden.

Text: Jan Kahl

 

Hamburger Förderpreise

Die spannendsten Literaturprojekte und Übersetzungen werden ausgezeichnet. Freuen darf sich unter anderem Uebel & Gefährlich-Betreiber und Autor Tino Hanekamp.

Abgesehen von Ausnahmen wie Pulitzer und Booker sind jährliche Preisverleihungen selten spannend. Seit über 20 Jahren zeichnet die Kulturbehörde Hamburg die besten literarischen Werke und Übersetzungen aus – jedes Jahr dasselbe, könnte man meinen. Neue Gesichter sind jedoch ein bewährtes Mittel, das jährliche Förderpreis-Ritual nicht zur Routine werden zu lassen. Rund 200 Einsendungen gab es in diesem Jahr, aus welchen die fünfköpfige Jury die sechs besten Autoren und drei Übersetzer ausgewählt hat. Der Uebel & Gefährlich-Betreiber und Autor Tino Hanekamp, die Künstlerin und Schriftstellerin Sigrid Behrens sowie Manuel Funk, Jonis Hartmann, Catharina Junk und Susanne Neuffer erhalten jeweils einen mit 6000 Euro dotierten Preis. Die Übersetzer Daniel Gerzenberg, Miriam Mandelkow und Claudia Steinitz dürfen sich auf jeweils 2500 Euro freuen. Nach einer Begrüßung vom Staatsrat Horst-Michael Pelikahn lesen die Preisträger im Literaturhaus aus ihren Texten. Danach gibt es Zeit für Fragen und Diskussionen bei einem Bier.

Text: Natalia Sadovnik

Tino Hanekamp liest aus So was von da (2011):

 

„Napoli“

Ballett ohne Schwermut: Die glückliche Liebesgeschichte von August Bournonville spielt sich auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper ab.

Rezept und Zutaten für ein erfolgreiches Ballett waren im 19. Jahrhundert überschaubar: Eine unglückliche Liebesgeschichte, umrankt von bedrohlichen Fabelwesen, scheitert grandios im malerischen Ambiente. Napoli indes ist anders. Obwohl ein Kind der Romantik, folgt es eigenen Regeln, die sein Schöpfer August Bournonville (trotz des französischen Namens durch und durch Däne) für sich aufstellte. Damals war ein Trip nach Italien für Künstler ein Pflichttermin. In Neapel fand der Choreograf mediterrane Inspiration, die er in seinem berühmtesten romantischen Ballett verarbeitete: Eine glückliche Liebesgeschichte, umrankt von einsichtigen Fabelwesen, siegt erfolgreich über widrige Umstände. Überliefert sind von dem Werk aus dem Jahr 1842 die Akte 1 und 3, das fehlende Mittelstück choreografiert Lloyd Riggins – Erster Solist und Ballettmeister – frisch hinzu.

Text: Dagmar Ellen Fischer