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Metronomy

Das britische Quartett um Sänger und Gitarrist Joseph Mount präsentiert die Stücke des aktuellen Albums „Love Letters“ live im Docks.

Mit dem Hit-Album The English Riviera hatten Metronomy ihren Stil gefunden, auf Love Letters aus diesem Jahr wurde dann die Feinarbeit gemacht: Die Band um ihren Leader Joseph Mount spielt perfektionistischen Softrock mit hohem Elektropop-Anteil, ein bisschen wie Phoenix, aber mit weniger Ambition. Das ist gar nichts Schlechtes: Metronomy sind in ihren aufeinander abgestimmten Bühnenoutfits einfach auch eine sehr gute Party-Kapelle. Oder, um es mit den Worten der Veranstalter zu formulieren: „Metronomy entfesseln das Groove-Monster und stehen verwandten Acts wie LCD Soundsystem oder den Talking Heads zu ihren besten Zeiten in nichts nach: Selten hat man derartig viel nackte Euphorie in verschwitzten Gesichtern gesehen!“ Bei so vielen Vorschusslorbeeren wird die Band sich aber ganz schön ranhalten müssen…

 

„Das engagierte Bild“

Ausstellungskurator Sven Schuhmacher führt durch die Schau im MKG und erklärt den Bildjournalismus der Nachkriegszeit.

Die Ausstellung Das engagierte Bild richtet den Blick auf den Fotojournalismus der Nachkriegszeit. Sie stellt darüber hinaus einen Schwerpunkt der Sammlung Fotografie und neue Medien des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) vor, der mit ersten Ankäufen schon in den 1960er Jahren begründet wurde. Gezeigt werden über 40 Arbeiten von namhaften Zunftvertretern wie Jürgen Heinemann, Ryuichi Hirokawa, Thomas Hoepker, Kaku Kurita, Robert Lebeck, Peter Magubane, Marc Riboud und Max Scheler. Auch die Arbeiten des wohl berühmtesten Reportagefotografen der Welt, Sebastião Salgado, sind in der Schau zu sehen, die sich mit der Arbeit der Bildjournalisten in Krisengebieten beschäftigt. Sven Schuhmacher, Kurator der Ausstellung, erzählt in der Führung am 11. Dezember die Geschichten hinter den Bildern und beleuchtet das Genre.

 

KunstHasserStammTisch

„Fensterln“ bis die Seelöwen applaudieren: Der Hamburger Künstler Baldur Burwitz zu Gast bei Noroom-Galerist Jan Holtmann.

Diesmal nimmt der Hamburger Künstler Baldur Burwitz am KunstHasserStammTisch Platz. Doch dass er sich dabei einfach brav zu einem kleinen, entspannten Plauderstündchen niederlässt, kann der Zuhörer bei „Hamburgs Impresario des Absurden“, wie Burwitz auch genannt wird, kaum erwarten. Das kann man aus seinen vergangenen Aktionen und Werken schließen: Legendär ist zum Beispiel, wie er die Besucher einer seiner Ausstellungen über glühende Kohlen laufen ließ. Ein anderes Mal engagierte er klatschende Seelöwen, um die Eröffnungsrede der Karlsruher Kunstmesse in Szene zu setzen. Diesmal wendet er sich dem KunstHasserStammTischler und Noroom-Galerist Jan Holtmann selber zu – und versucht mit „Fensterln“, wie man in Süddeutschland das Brautwerben per Leiter nennt, die Arbeitswelt Holtmanns zu entblättern… Wenn das nicht lustig wird, dann wenigstens schrecklich interessant.

 

Niels Frevert

Kleine Geschichten in Liedform: Der Singer/Songwriter aus Hamburg präsentiert sein aktuelles Album live im Mojo Club.

Niels Frevert schreibt Songs wie Kurzgeschichten: Auf seinem aktuellen Album landet ein UFO auf dem Uebel & Gefährlich, ein Mann hat nach dem Einkaufen einen Unfall und spricht aus dem Koma, ein anderer telefoniert mit seinem Freund in der Psychiatrie. Die Platte heißt Paradies der gefälschten Dinge, weil das Ganze ja eine Kopfgeburt ist: Himmlisch, diese Lügen! Dazu singt Frevert mit seiner warmen, angerauten Stimme, die im Alter immer besser wird; die Kompositionen dazu sind ebenso eigentümliche Singer-Songwriter-Stücke mit leiser Band, die gelegentlich zu Kammerpop und gebändigter Rockmusik aufgerüscht werden. Überhaupt kommt die E-Gitarre wieder häufiger zum Einsatz als auf den nahezu komplett akustischen Alben Du kannst mich an der Ecke rauslassen und Zettel auf dem Boden – auch wenn sie live immer in Greifweite war. So wird es auch im Mojo Club sein, wenn er mit seiner Band auftritt.

Text: Michael Weiland

 

Sophia Kennedy

Die Soul-Pop-Sängerin und diesjährige Gewinnerin des Hamburger Musikwettbewerbs „Krach & Getöse“ kommt ins Nachtasyl.

Es soll Menschen geben, die dem Charme der in den USA geborenen und inzwischen in Hamburg lebenden Sophia Kennedy widerstehen können. Es können nicht viele sein. Denn die Sängerin braucht fast nichts um ihre Stimme herum, um aus ein paar Zeilen einen betörend-eindringlichen Song zu formen, wie den Ende 2013 mit Carsten Meyer (Erobique) aufgenommenen und auf Staatsakt veröffentlichten Knock On My Door. Eine leise summende Orgel im Hintergrund genügt, um Kennedys Stimme die Fläche zu bestellen, auf der sie wirken kann. Vermutlich könnte man auch diese schon sparsame Orgel stumm schalten und sie durch eine leise scheppernde Geschirrspülmaschine ersetzen, wir würden der diesjährigen Krach & Getöse-Gewinnerin und neuen Königin des Schlafzimmer-Soul-Pops trotzdem unser Herz zu Füßen legen. Hätte sie nicht schon eh eines auf dem Sofa neben sich sitzen.

Text: Miriam Mentz

 

Frauenmörder Honka

Spaß, der im Hals stecken bleiben könnte: Die Geschichte um den „Frauenmörder von Altona“ läuft im Lichthof-Theater als reißerische Heimatoperette.

Das Leben schreibt dann doch immer noch die hässlichsten Geschichten: Als 1975 bei einem Wohnungsbrand in Ottensen die zerstückelten Überreste mehrerer Hamburger Prostituierten gefunden wurden, verpackt in blaue Abfallsäcke, stürzten sich die Zeitungen auf den schnell gefassten Serienmörder Fritz Honka. Nicht nur der Boulevard überschlug sich darauf in unmenschlichen Beschreibungen des Killers und stattete den „Blaubart von Altona“ mit „riesigen Fingernägeln“ und „Händen wie Schaufeln“ aus. Das True-Crime-Drama von nebenan bringt das Lichthof Theater nun als Heimatoperette auf die Bühne, die ihre eigene Mordlust satirisch kommentiert: Honka – Der Frauenmörder von Altona basiert auf Fakten und Hörensagen und gefällt sich als reißerisches Singspiel, das in der Bloßstellung von Voyeurismus und Sensationsgier selbige genussvoll befriedigt.

Text: Michael Weiland

HONKA – Frauenmörder von Altona from Fritz Honka on Vimeo.

 

Zion Train

Die britischen DubHouse-Pioniere fluten den Hafenklang mit Beats und Bässen. Im Vorprogramm: das Tunche Soundsystem aus Hamburg.

Als Zion Train vor ungefähr 25 Jahren auf den Plan traten, wirkte ihre Mischung aus traditionellen Dub-Riddims und flotten, fast schon House-artigen Beats neu und aufregend. Der DubDance war erfunden. Nicht, dass man vorher nicht zu Dub Music tanzen konnte (aber hallo!). Mit dem Neo-Dub von Zion Train (und natürlich auch anderen englischen Bands, Produzenten und Soundsystems) erhielt das angenehm Verkiffte des Genres allerdings einen Stoß in Richtung Wachheit und Up-Tempo – als hätte man einen starken Joint mit zwei, drei ebenso starken Tässchen Espresso kombiniert. Die Live-Performances von Zion Train demonstrieren eindrucksvoll, was „Dub“ bedeutet und wie er entsteht und funktioniert: Band und Vokalisten spielen und singen und liefern damit das akustische Material für den Mixer, der live und spontan entscheidet, wann die Live-Spielenden und in welchem Sound sie zu hören sind. Immer wieder faszinierend!

 

Treib.gut

Wintermatjes aus Glückstadt, Schokoladendatteln aus Hamburgs Norden – die Plattform für Kultur und Kulinarik in Altona bietet nachhaltige Leckerbissen aus der Region.

Ein Hoch auf die Weihnachtszeit! Jedes Wochenende finden gerade irgendwo in der Stadt Designmärkte oder charmante kulinarische Events statt. Am 13. und 14. Dezember wird der Alte England-Fährterminal von 11 bis 18 Uhr zur Plattform für den guten Geschmack. Die Weihnachtsedition von treib.gut bietet wieder Leckeres aus der Region: Obst und Honig aus dem Alten Land, Wintermatjes aus Glückstadt, Schokoladendatteln aus Hamburgs Norden, Winterchtuneys, vegane Bratensaucen und vieles mehr. Gemeinsamer Nenner aller Waren an den 30 Ständen: Sie wurden nachhaltig geerntet, produziert und weiterverarbeitet. Diesmal sind auch junge Kreative und Designer bei treib.gut vertreten, die schöne Dinge rund ums Essen und Trinken anbieten: Kochbücher, Kochlöffel, Küchentücher, alles sehr hübsch – machen sich auch gut unterm Tannenbaum. Drumherum gibt es reichlich Programm: Es wird gebacken, die Lütten können sich zu Schlittenhunden schminken lassen und Weihnachtskarten, Fensterbilder oder Baumschmuck basteln. Livemusik ist übrigens auch am Start.

 

„Fette Beute“

Über Reichtum und Überfluss: Der Fotograf Juergen Teller kommt im Rahmen der Ausstellung zu Besuch ins Museum für Kunst und Gewerbe.

Während Juergen Teller sich selbst mit Kniestrümpfen und in reichlich unvorteilhaften Shorts auf dem Trimm-Dich-Rad vor der elterlichen Schrankwand in Bubenreuth fotografiert, macht sein furios ironischer Blick ebenso wenig vor anderen Motiven halt. Auch deshalb ist seine Fotoserie für das Auktionshaus Phillips, de Pury & Company eine der Höhepunkte der Schau Fette Beute im Museum für Kunst und Gewerbe (MKG), die sich mit Reichtum und Protzerei beschäftigt. Seinen Sohn Ed behängte Teller ebenso mit Schmuck (Foto) wie er seinen Vater alterslüsternd am Ohrring von Eds hübscher junger Patentante fingern lässt. Ein weiterer Höhepunkt ist, dass Teller, der seit 1986 in London lebt, am 14. Dezember um 15 Uhr für ein Gespräch über seine Arbeit in die Ausstellung kommt. Unbedingt rechtzeitig in die Schlange stellen!

Text: Sabine Danek

 

Julian Casablancas

Noch einmal, mit Gefühl: Bevor er mit den Strokes wieder ins Studio zieht, geht ihr Frontmann mit The Voidz düster-punkigen Nebenbeschäftigungen nach.

Dem amerikanischen Rolling Stone erzählte Julian Casablancas neulich, er fühle auf der Bühne nichts bei den alten Songs seiner Band The Strokes. Man kann das sogar nachvollziehen: Vor allem die Durchschlagskraft des Debüts Is This It lässt sich nicht unbegrenzt reproduzieren, ein bockiges Stück wie Last Nite erleidet da schon mal Reibungsverluste. Und Casablancas mag sich nicht wiederholen: Es muss ihn gewurmt haben, dass ausgerechnet die schematische Strokes-Nummer All The Time auf ihrem (sonst ziemlich tollen) letzten Album Comedown Machine als Rückkehr zur alten Form begrüßt wurde. Tyranny – die Platte, die Casablancas nun mit The Voidz eingespielt hat – läuft jedenfalls nicht Gefahr, Fans zu vertraut vorzukommen: Es ist ein düsteres Synthiepunk-Album, das seine Melodien gut versteckt hält, garniert mit einem Cover, das an alte Schlachtrufe-BRD-Sampler erinnert. Das Ganze ist trotz vieler guter Ideen auf faszinierende Art unausgegoren und kein Sound, auf den sich eine Solokarriere gründet – da war Casablancas’ Debüt unter eigenem Namen Phrazes For The Young durchaus zukunftsfähiger. Trotzdem: Dem Strokes-Kopf bei dem zuzuhören, was er gerade für richtig hält, ist immer spannend – und keine der von ihm verantworteten Platten war ohne ihre brillanten Momente. Die muss man auf Tyranny zwar mitunter suchen – im Mojo Club aber hoffentlich nicht, wenn der coolste Frontmann der letzten 20 Jahre vielleicht sogar wieder etwas fühlt.

Text: Michael Weiland