Mit kistenweise Vinyl begann Ingo Schepper seine Karriere als Plattendealer in der Bartelsstraße im Dezember 1995, also vor genau 20 Jahren. Wenige Monate zuvor veranstaltete er im Westwerk eine Auktion. „Dancehall, Reggae, Jungle, Dub House, Lovers, 7inches, Roots, Rare Records & 2nd Hand Auction“, stand damals auf dem Flyer. Die Bude brannte. Die Leute kauften seine Platten direkt vom Teller. Die Eröffnung eines Ladens Selekta Reggae Record Shop folgte als logische Konsequenz. Das ist 20 Jahre her, Scheppers Laden entwickelte sich zu einer der Top-Adressen für Reggae und Dancehall in Deutschland. Aber die Schanze hat sich über die Jahre geändert, und die Mietpreise zwingen Schepper nun zum Umzug – aber nur ein paar Meter weiter. Vorher wird an der alten Adresse noch mal ein ganzes Wochenende richtig abgefeiert.
Weihnachtsmarkt, Kerzenschein und Plätzchenduft – das gehört zur Adventszeit einfach dazu. Dann gibt es aber noch etwas, das einfach nicht fehlen darf, damit weihnachtliche Stimmung aufkommt: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel. Der 1973 in der damaligen ČSSR/DDR entstandene Märchenfilm basiert auf der tschechischen Variante der bekannten Geschichte – zur Cinderella-Story gesellen sich hier noch drei Haselnüsse, die das bescheidene Aschenbrödel von ihrem Vater geschenkt bekommt. Darin enthalten sind leuchtende Kleider, mit denen das Mädchen das Herz des Prinzen gewinnt. Sie sträubt sich aber mit ihm zu reden. Der Prinz wendet deshalb eine List an und hier kommt der Cinderella-Schuh wieder ins Spiel. Herrlich kitschig, wunderbar magisch und mit bezauberndem Ost-Charme. Gezeigt wird am Samstag und Sonntag im Savoy die deutsche Fassung.
Text: Mirko Schneider
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Melancholischen Indie-Pop mit deutschen Texten gibt es wie Sand am Meer. Guten melancholischen Indie-Pop mit cleveren deutschen Texten nicht so oft. Der von Locas in Love ist so eine angenehme Seltenheit, weil er so unaufdringlich und berührend ist. Vor neun Monaten erst veröffentlichte die Kölner Band nach längerer Funkstille ein Doppelalbum – das zumindest dem Titel Use Your Illusion 3 & 4 zufolge die Fortsetzung von Guns N‘ Roses mit anderen Mitteln ist. Damit die wachsende Fangemeinde nicht wieder Monate warten muss, haben die Locas deshalb in aller Heimlichkeit schnell ein weiteres Album produziert, Kalender, eigentlich weniger ein klassisches Album und mehr ein Hybrid aus Longplayer und Wandkalender, der für jeden Monat einen Song und ein Motiv bereithält. Beides präsentieren sie mit besonderen Gästen im Kleinen Donner in der 73 am Schulterblatt.
Text: Erik Brandt-Höge
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Das experimentelle Ensemble Eventministeriet inszenierte in nur zwölf Tagen gemeinsam mit dem Kopenhagener Theater Mungo ParkBoys donʹt cry. In dem Stück wird die tragische Geschichte von Brandon Teena aus Nebraska erzählt, die 1993 viel Aufsehen in der Öffentlichkeit erregte. Der transsexuelle Brandon Teena wird als Teena Brandon geboren. Das Mädchen setzt sich zunächst unbemerkt über die Geschlechtergrenzen hinweg und gibt sich als Junge aus. Der sensible Brandon fasziniert die Mädchen und die Jungs glauben, einen guten Kumpel vor sich zu haben. Als Brandons wahre Identität auffliegt, wird der Transsexuelle von zwei Kerlen aus dem eigenen Freundeskreis brutal vergewaltigt und anschließend getötet.
Anders Lundorphs Inszenierung beschäftigt sich mit den Hintergründen der grausamen Tat – keine leichte Kost, bei der auch Gewaltszenen nicht ausgespart werden. Der Fall führte damals zur Debatte über strengere Gesetze gegen Hassverbrechen. Hilary Swank wurde in der gleichnamigen Verfilmung von 1999 für ihre schauspielerische Leistung als Brandon/Teena mit einem Oscar ausgezeichnet. Das Stück der dänischen Truppe sollte ursprünglich nur viermal aufgeführt werden, inzwischen gehört es zum festen Repertoire des avantgardistischen Mungo Park Theaters und feiert nun auf Kampnagel seine Premiere in Hamburg.
Text: Angela Kalenbach
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Friederike Ernst und Daniela Reis nennen sich zusammen wie das bekannte Imbissbuden-Essen, machen jedoch Musik, die es so noch nicht gab, speziell wenn es um Texte geht! Schnipo Schrankes Lieblingsthemen: alles rund ums Untenrum. Urin, Sperma, Epilieren – die Geschichten von Ernst und Reis sind gänzlich ungeniert und dabei ziemlich lustig, weil sie meistens als Liebeslieder verpackt werden. Reis erklärt das mal: „Es ist doch so, privat unterhält sich jeder in einer ähnlichen Sprache, wie wir sie für unsere Songtexte benutzen – und es findet niemand seltsam.“ Genauso echt und ehrlich sollte es doch auch in der Musik zugehen, meint Reis. Gepaart mit feinem, melodiösem Indie-Pop ergibt das zumindest im Fall von Schnipo Schranke einen sehr unterhaltsamen Mix, live serviert im Uebel & Gefährlich.
Text: Erik Brandt-Höge
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Auf irgendwas kann man ja immer anstoßen, aber manche Anlässe sind eben doch nicht „irgendwas“: Die Berliner Minimalisten von Supdup Records feiern angemessen stolz ihr Zehnjähriges und bitten daher zum Tanz im Fundbureau, einst Setting ihres ersten Flirts mit Hamburg. Die maximale Minimal-Musik zum gemeinsamen Schunkeln kommt von Labelchef und Gründungsvater Alfred Heinrichs, flankiert von seinen Kollegen Jens Lewandowski und Carlo Ruetz sowie einer Batterie lokaler Hamburger Helden, namentlich Jacob Groening, Rich vom Dorf und Surreal. Eine ganz amtliche Liste von Gästen also, die zu dieser Geburtstagsfeier geladen sind. Sollte man nicht verpassen – zumal ganz vorweihnachtlich und geburtstaglich auch Topfschlagen und Wunderkerzen auf dem Programm stehen.
Text: Friedrich Reip
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Ein New Yorker Polizist fliegt zu Weihnachten nach Los Angeles. Er möchte mit seiner Familie die Feiertage verbringen. Seine Frau wohnt aus beruflichen Gründen seit einem halben Jahr in der Stadt der Engel. Auf der Weihnachtsfeier ihrer Firma sehen sie sich endlich wieder. Doch bewaffnete Gangster stürmen das Bürogebäude und nehmen die Partygäste als Geiseln. Nur dem Polizisten gelingt es, sich zu verstecken. Und plötzlich kann nur er das Leben seiner Frau und der anderen retten.
Dieser Plot kommt euch bekannt vor? Das könnte daran liegen, dass ihr den Film schon gesehen habt, wahrscheinlich mehrmals. Die neuen Teile auch. John McClane heißt besagter Polizist (gespielt von Bruce Willis) und der Film Die Hard – zu Deutsch: Stirb Langsam. Er gehört zu den Filmen, die sich nicht ausrangieren lassen, die mittlerweile Kultstatus erreicht haben. Und genau solche Klassiker zeigt das Savoy Kino in seiner Reihe Film Club. Am Donnerstag ist der Willis-Streifen dran. Natürlich in der Originalversion.
Text: Andra Wöllert
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Es ist ein frischer Wind, der über die Bühne der Staatsoper fegt – und zwar von der ersten Note von Mozarts Verwechslungsoper Le Nozze di Figaro an. Handschriftliche Notenblätter werden zur Ouvertüre medial projiziert, die Noten beginnen als Trickfilm lebendig zu werden, sich zu einem Schwarm galoppierender Spermien zu formieren – ein ironischer Wink auf die erotischen Wirrungen, die in den nächsten drei Stunden folgen. Da funkelt ein Figaro auf der Hamburger Bühne, der alles Verquaste der komischen Oper abgeworfen hat. Als Bühnenbild ein Käfig aus Notenblättern, bei dem sich immer mal Luken öffnen – ganz gemäß der Handlung: Der lüsterne Graf Almaviva trachtet stets danach, eine Nacht mit Figaros Braut Susanna zu verbringen. Die feudalen Verführungs- und Machtgelüste des Grafen brechen durch die dunklen Löcher – bis der Notenkäfig als Skelett menschlicher Leidenschaft völlig freigelegt ist. Der norwegische Regisseur Stefan Herheim gibt hier sein Debüt und entblößt das universelle Begehren und die Urseele in Mozarts Oper, der Graf steht am Schluss als lächerlicher Liebesbettler da.
Eine Dokumentation über die Ursprünge des deutschen Hip-Hop? Klingt wie ein bürgerliches Kulturprojekt, ist es aber nicht. Regisseur Sékou Neblett, früher in der Formation Freundeskreis aktiv, bedient in Blacktape nur in den ersten zehn Minuten die Erwartungshaltung des an akademischer Diskussion interessierten Publikums: Thomas D, die Stieber Twins und Co äußern sich, durchaus interessant, zur Geschichte des deutschsprachigen Hip-Hops. Dann mutiert der Film zu einer Schnitzeljagd mit Thrillerelementen nach dem wahren Ursprung des Hip-Hops: Neblett, Hip-Hop-Connaisseur Falk Schacht und der legendäre Talentscout Marcus Staiger machen sich auf die Suche nach dem Absender eines mysteriösen Tapes, einem gewissen Tigon. Ein ungewöhnlicher Dokustil, der aber funktioniert. Neblett hält sich zurück, er zeigt die Konflikte zwischen dem Detektivtrio, bewertet möglichst selten. Darin liegt die Stärke seines Films, welcher gekrönt wird von einem cleveren Schluss, wenn dem Publikum mit einem ironischen Augenzwinkern Tigon serviert wird.
Text: Mirko Schneider
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Das Massaker von Srebrenica 1995 gilt als das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Mehr als 8.000 Männer zwischen 13 und 78 Jahren wurden innerhalb von fünf Tagen ermordet – obwohl die Stadt zu dem Zeitpunkt UN-Schutzzone war. Genau 20 Jahre später begeben sich der in Zagreb geborene Reportagefotograf Armin Smailovic und der aus Bosnien stammende Regisseur Branko Šimić auf Spurensuche. Mittels Tausender Fotografien und von Smailovic geführten Interviews entwerfen die beiden das dokumentarische Theaterprojekt Srebrenica – I counted my remaining life in seconds… mit Blick auf Opfer, Täter und Zuschauer, basierend auf drei Biografien: ein Überlebender des Völkermords, ein zu der Zeit in Srebrenica stationierter UN-Soldat und ein Soldat der bosnisch-serbischen Kommandoeinheit, der heute mit einer neuen Identität lebt. Die Aufarbeitung des systematisch durchgeführten Völkermords während des Bosnienkrieges wandelt zwischen Berichterstattung, persönlichem Schicksal und politischer Metaebene und versucht die Dimension dieser Grausamkeit zu erfassen. Im Thalia Gaußstraße feiert das Stück am Donnerstag Premiere.