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„Flucht & Asyl“

Der Themenmonat im Kulturschloss Wandsbek wird von Hamburgern und Flüchtlingen gestaltet – Diskussionen, ein Theaterworkshop und eine Feier gehören dazu.

Seit etwa einem Jahr helfen Ehrenamtliche des Unterstützerkreises Litzowstraße in Wandsbek untergebrachten Flüchtlingen. Nun soll eine Themenreihe im Februar zeigen, welchen Lebensumständen die Familien aus Syrien, dem Iran, Irak und Afghanistan ausgesetzt sind und wie ihr Leben in der Fremde aussieht. Das Programm startet am 1. Februar mit einem politischen Frühschoppen. Diskutiert wird hier über die europäische Grenzpolitik sowie die Frage, welche Bedingungen für eine erfolgreiche Integration in Deutschland erforderlich sind. Am 6. Februar eröffnet die Ausstellung Verfrachtet von Elke Gäth und Ulrike Krogmann mit Fotografien von und Tönen aus der Containersiedlung in der Litzowstrasse. Am Wochenende um den 21. Februar können Flüchtlingen im Rahmen eines Theaterworkshops ihre Geschichten erzählen und auf die Bühne bringen. Am 28. Februar gipfelt der Themenmonat in einem interkulturellen Fest mit Tanz, Musik und Kulinarik. Der Eintritt zu allen Events ist frei.

Text: Lena Frommeyer

 

Nibelungen! Der ganze Ring

Nichts für Weicheier: Von den Anfängen der Zivilisation bis zu ihrem Untergang in sieben Stunden – Energieriegel liegen bereit im Thalia Theater.

Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner dauert als Aufführung etwa 16 Stunden, gemeinhin angelegt als „Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend“. Dagegen fasst sich Regisseur Antú Romero Nunes vergleichsweise kurz: Er powert seine Bearbeitung des Rings in immerhin sieben Stunden durch, nachdem er bislang in zwei großen Happen – Rheingold/Walküre und Siegfried/Götterdämmerung – im Thalia-Theater zu sehen war. Der große deutsche Fantasy-Stoff, der in Sachen Intrigen und Blutdurst modernen Nachkommen wie der Fernsehserie Game Of Thrones in nichts nachsteht, spannt in Nunes’ Inszenierung einen Bogen von den Anfängen der Zivilisation bis zu ihrem Untergang. Damit das auch jeder unbeschadet übersteht, gibt es in den Pausen Rheingold-Suppe, warme Speisen, Snacks oder eine Überlebenstüte mit Energieriegel, Sandwich und Getränk.

Text: Michael Weiland

 

Fantan Mojah

Reggae, Dancehall, Afrobeat und karibische Sounds: Je zwei Live Acts und Soundsystems sorgen am 31. Januar für heiße Rhythmen im Fundbureau.

Das passende Wetter für eine Reggae-Afrobeat-Party gibt es in Hamburg nur selten – schon gar nicht zu dieser Jahreszeit. Aber nichts könnte der lokalen Bass-Culture-Gemeinde egaler sein, als das bisschen Wind und Regen auf dem Weg zum Fundbureau, wo am 31. Januar je zwei Live Acts und Soundsystems zu Gast sind, um den Besuchern mit Dancehall, Afrobeat und Soca einzuheizen. Für’s early warm up ist der Roots-Reggae-Sänger und Produzent King Pata in Begleitung eines „Gambian Artist“ vorgesehen. Mit Spannung wird auch der Auftritt des jamaikanischen Roots-Sängers Fantan Mojah (Foto) erwartet. Nach den Live-Acts übernimmt das Buffalo Soundsystem aus Hannover die musikalisch Unterhaltung. Das Team wird sich den Rest dieser Nacht mit der Hamburger Crew von West Coast Sound teilen.

 

Silky Raven

Eines von vielen Nebenprojekten der Wareika-Köpfe Henrik Raabe und Jakob Seidensticker macht am 30. Januar Halt im Golden Pudel Club.

Schon seit Schultagen machen Henrik Raabe und Jakob Seidensticker zusammen Musik. Ihr wohl bekanntestes Projekt ist Wareika, als welche sie bereits 2008 ihr Debüt bei Connaisseur Recording und zuletzt 2013 den Longplayer Wternal über Visionquest veröffentlichten. Live hat das Duo eine besondere Form der Präsentation für sich entwickelt, bei der natürliche und elektronische Klänge jedes Mal neu zum Leben erweckt und irgendwo zwischen House, Dub und Jazz zusammengebaut werden. Zudem toben sich beide in zahlreichen Nebenprojekten gemeinsam und einzeln aus – The Havana Boys zählen dazu, Glowing Glases, Federleicht und Silky Raven. Letzteres vereint die Lust von Raabe und Seidensticker, den jazzigen Anteilen ihrer Musik mehr Raum zu verschaffen, und nimmt das Publikum so mit auf eine erhellende und ungeheuer tanzbare Reise unter dem Motto: Erwarte das Unerwartete. Man darf gespannt sein und sich mitreißen lassen.

 

„Manger“

Schlingen und schmatzen, krümeln und krümmen: Der französische Choreograf Boris Charmatz inszeniert eine Fressorgie als provokantes Tanzstück auf Kampnagel.

Boris Charmatz ist dafür bekannt, zielstrebig Unbehagen auszulösen. In seinem schonungslos düsteren Stück Enfant stellte er Menschen als leblose Säcke dar, die von Maschinen beherrscht werden. Auf der Ruhrtriennale 2012 sorgte das nicht nur für Bewunderung – nach kurzer Zeit verließen einige Zuschauer schockiert den Saal. Charmatz, der als kompromissloser Vordenker gilt, bricht eben gerne Tabus, während er seine Tänzer zu Höchstleistungen antreibt. Die neueste Arbeit des Franzosen ist wohl ebenfalls kein Augenschmaus. Mit Essen verbinden Tänzer eher strengste Disziplin denn Genuss, außerdem findet Nahrungsaufnahme in der Regel selten auf der Bühne statt. In Manger steht das Schlingen und Schmatzen im Mittelpunkt. Während die Tänzer Esspapier vertilgen, krümmen und winden sich ihre Körper, als hätten sie Magenkrämpfe. Sie zucken und hüpfen, während aus mampfenden Mündern Popsongs und klassische Melodien erklingen – Kultur als Gegenstück zu absoluter Triebhaftigkeit. In der einstündigen Performance spielt der Starchoreograf mit Ekel und Abscheu und lässt kulturhistorische sowie soziale Fragen in der Luft schweben.

Text: Natalia Sadovnik

Boris Charmatz: manger from herbst remixed on Vimeo.

 

Comedy Pokal

17 Shows zum Schlapplachen – die Hauptrunde dieses Hamburger Wettbewerbs bestreiten unter anderem Robert Alan und Archie Clapp im Goldbekhaus.

Wer mit einer Prise Humor in das neue Jahr starten möchte, ist bei dem 13. Hamburg Comedy Pokal genau richtig. Aus dem gesamten Bundesgebiet reisen 20 Komiker und Kabarettisten an, um vier Tage lang um den skurrilen Frottee-Pokal zu streiten. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht – Hauptsache, das Publikum lacht sich schlapp. Vier Auswahlrunden entscheiden über Sieg oder Niederlage der Künstler und wer letztendlich die begehrte Trophäe in den Händen halten darf. Für die Zuschauer bedeutet das: 17 lustige Shows mit Unterhaltungskünstlern wie Frank Fischer, Costa Meronianakis, Ususmango und Archie Clapp. Hauptrunde (30.1.) und Halbfinale (31.1.) finden in Kulturzentren wie Brakula, dem Haus Drei und der Zinnschmelze statt; zur zweiten Chance (1.2.) lädt das Schmidt Theater; das Finale (2.2.) fechten die sieben Finalisten im Schmidts Tivoli aus. Im Goldbekhaus stehen am 30. Januar Robert Alan und Archie Clapp (Foto) auf der Bühne. Die Moderation übernimmt mit Herrn Momsen der Gewinner des 2. Platzes beim Comedy Pokal 2010 und mittlerweile eine kleine Berühmtheit im Norden.

 

„Stimme X“

Benjamin van Bebbers und Leo Hofmanns experimentelle Musiktheater-Reihe erforscht die menschliche Stimme in all ihren Facetten.

Durch unzählige Castingshows erfuhr die menschliche Stimme im letzten Jahrzehnt neue Aufmerksamkeit. In erster Linie stehen bei den TV-Wettbewerben jedoch Sänger im Rampenlicht, die entweder eine ausgearbeitete „perfekte“ Stimme haben oder jene, die prominenten Vorbildern nacheifern oder diese gar imitieren. Die Macher der experimentellen Musiktheater-Reihe Stimme X haben es sich hingegen zur Aufgabe gemacht, das Unfertige und Unperfekte zu präsentieren. Benjamin van Bebber und Leo Hofmann zeigen ihren Entwurf wir/wir/wir, der Stimme und Klang in allen ihren Facetten erforscht. Nach dem Stimme-X-Debüt Mitte November im Lichthof Theater laden die Macher jetzt zum Nachfolge-Event in die Ateliergemeinschaft S21 nach Rothenburgsort. Am Freitag, den 30., beginnt die Veranstaltung um 19 Uhr. Am Tag darauf geht es um 20 Uhr los.

Text: Natalia Sadovnik

 

Dakini9 im Golem

In der Krypta legt Lola Rephann gruftigen Elektro auf. In der Bar gibt’s Afrobeats von Martin Moritz und Till von Dahlen. Irre Mischung!

Daumen hoch für das Golem und seine experimentellen Veranstaltungen für kosmopolitisches Amüsement. (Wobei im Club wohl lieber ein dezent-anerkennendes Kopfnicken gewünscht wäre.) Auch am 30. Januar beweist der Laden wieder Stil und lädt zum „gruftigen“ Elektroevent. Präsentiert von der Partyreihen DEAR und Woodwork gestaltet Vinyl-DJane Dakini9 alias Lola Rephann den Abend. Die umtriebige Künstlerin aus New Jersey ist neben ihrer Profession am Mischpult übrigens auch Yoga-Lehrerin und Co-Chefin der Labels Plan B und Sound Warrior Recordings – so steht es zumindest in ihrem Profil bei Soundcloud. Zu gruftigen Elektro-Klängen tanzt man in dieser Nacht in der Krypta. Nicht euer Ding? Na dann ist es ja gut, dass Martin Moritz und Till von Dahlen in der Bar eine ziemlich konträre Schiene fahren und hier Afrobeat, Soukous, Chakacha und Benga auflegen. Oder man tauscht alle zwei Stücke die Tanzfläche. Irrer Plan.

 

„Birdman“

Die erste Komödie von Alejandro González Inárritu („Babel“) ist überragend inszeniertes, doppelbödiges Darstellerkino. In den Hauptrollen: Michael Keaton und Edward Norton.

Riggan Thompson (Ex-Batman Michael Keaton) wurde als Comic-Superheld zum Filmstar, doch hat man ihn längst vergessen. Mit einer Broadway-Inszenierung möchte er ein Comeback in die Liga der ganz Großen schaffen. Als Hauptdarsteller engagiert Riggan den exzentrischen Mark Shiner (Edward Norton), der sich als unberechenbarer Heißsporn erweist. Die Premiere naht und Thompson wird von den zahlreichen Frauen seines Lebens und bedrohlichen Stimmen in seinem Kopf geplagt. In seiner ersten Komödie nimmt Alejandro González Inárritu (Babel) die wahnwitzige Unterhaltungsindustrie und das Trachten nach medialer Aufmerksamkeit gnadenlos auf die Schippe. Birdman ist zugleich Satire und Künstlerdrama, bei dem sich Edward Norton sowie der von ihm gespielte Mark Shiner im Sinne des Method Acting vollkommen in ihrem Charakter auflösen und schauspielerisch aufs Ganze gehen. Überragend inszeniertes, doppelbödiges Darstellerkino.

Text: Natalia Sadovnik

 

„Warum Menschen töten“

Polizeipsychologin Claudia Brockmann liest im Polizeimuseum aus ihrem Buch. Darin geht es u.a. um „Kaufhauserpresser Dagobert“ und das in den 1990ern verschwundene Mädchen Hilal.

Seit 27 Jahren ist Claudia Brockmann (LKA Hamburg) brutalen Mördern auf der Spur. Ihre Erfahrungen fasste die Polizeipsychologin im Buch Warum Menschen töten zusammen und liefert damit interessante Einblicke in menschliche Abgründe. Am 29. Januar liest sie im Polizeimuseum Hamburg. Im historischen Wirtschaftsgebäude auf dem Gelände der Polizeiakademie sind viele Beweisstücke von Verbrechen ausgestellt, an deren Aufklärung Claudia Brockmann beteiligt war und auf die sie sich in der Lektüre bezieht. Beispielsweise den Fall um „Kaufhauserpresser Dagobert“, der jahrelang Bomben in deutschen Einkaufstempeln detonieren ließ und eine Million Mark forderte.

Revierwache
Wache der 1960er Jahre: Die Zellentür ist ein Originalstück des Polizeireviers Budapester Straße (Foto: Polizei Hamburg)

Brockmann wird zudem über ihre Erfahrungen mit der Operativen Fallanalyse berichten – einer speziellen Ermittlungsmethode, bei der ein Team aus Kriminalisten, Psychologen und Gerichtsmedizinern mit Biologen, Chemikern, und Ballistikern zusammenarbeitet. Im Eintrittspreis von 10 Euro ist der Besuch der Ausstellung vor der Lesung ab 17.30 Uhr inbegriffen.

Text: Lena Frommeyer