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Art Rooms

Kunstraum statt Hotelzimmer: Julia Benz, Nils Kasiske, 1010, Straßenköter und Nelio haben sich als Raumgestalter betätigt. Vernissage ist am 15. Januar.

Das Scandic-Hotel macht fünf Künstler zu Raumgestaltern: In Zusammenarbeit mit der Millerntor-Gallery von Viva con Agua wurden Hotelzimmer der siebten Etage neu gestaltet, an dem Projekt mitgewirkt haben Julia Benz, Nils Kasiske, 1010, Straßenköter und Nelio. Prominenz auch im Flur des Stockwerks: Dort sind derzeit Zeichnungen, Malereien und Installationen des Sportfreunde-Stiller-Schlagzeuger Flo Weber ausgestellt. Damit hat die immer nur temporäre Kunstausstellung am Millerntor erstmals eine dauerhafte Außenstelle in der Stadt. Wer in einem der fünf Art Rooms (die ohne Aufpreis zu buchen sind) übernachtet, hat außerdem die Möglichkeit, sich sein eigenes Stück Kunst mit nach Hause zu nehmen: Die Erlöse der Kunstdrucke gehen jeweils zur Hälfte den Künstlern und Viva con Agua zu; mit dem Geld werden weitere Wasserprojekte finanziert. Eröffnet wird die Ausstellung mit einer Vernissage am 15. Januar, dazu legt DJ MAD (Beginner) Platten auf: Der Eintritt kostet 10 Euro, die Hälfte geht an Viva con Agua. Anmelden für die Sause kann man sich unter www.scandic-hamburg-emporio.com/artrooms.

 

„Unbroken“

Bombenhagel und innere Größe: Mit Angelina Jolie im Zweiten Weltkrieg – ein konventionelles Drama, nicht misslungen, aber auch kein Meisterwerk.

Angelina Jolie hat eigentlich alles richtig gemacht. Das Drehbuch ihrer zweiten Regiearbeit ließ sie sich von den Coen-Brüdern schreiben und engagierte deren Kameramann, den Bilderzauberer Roger Deakins, gleich mit. Sie bat den Komponisten Alexandre Desplat (The Grand Budapest Hotel) um die Musik – und sicherte sich einen Stoff, der wie für Hollywood geschaffen ist: Die wahre Geschichte des italienischstämmigen Amerikaners Louis Zamperini, Teenagerschwarm und Läufer bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin, der im Zweiten Weltkrieg erst mit dem Flugzeug abstürzt, dann 47 Tage lang in einem Schlauchboot treibt, danach zwei Jahre lang in einem japanischen Gefangenenlager misshandelt wird – um Jahrzehnte später nach Japan zurückzukehren und seinen Peinigern zu verzeihen. Das ist larger than life – und Jolie stürzt sich mitten in Zamperinis Schicksal hinein. In großen Bildern, eindringlich und mit viel Gefühl für die zärtliche Kameradschaft der viel zu jungen Männer, beginnt ihr Epos – bis es sich in einer endlosen Abfolge von Misshandlungen und Elend verliert. Mit Verve wird das von Jack O’Connell und dem japanischen Popstar Miyavi als dessen Peiniger gespielt. Doch mit jedem Hieb, Schlag und jedem Tritt nehmen die Innenansichten Zamperinis ab. In einem konventionellen Kriegsdrama, das weder misslungen noch ein Meisterwerk ist – aber eben ein Film von Angelina
Jolie.

Text: Sabine Danek

 

Entbehrungen

In ihrer neuesten Inszenierung erforschen She She Pop die weibliche Aufopferung. Die Vorführungen finden am 15. bis 17. Januar statt.

Opfer bringen klingt irgendwie angestaubt. Besonders, wenn es um Frauen geht – nach Jahrhunderten des Verzichts und der Hingabe hat ihr Aufopferungswille wohl fürs Erste ausgedient. Entsprechend archaisch scheint für das moderne Individuum Strawinskys Skandal-Ballett Le Sacre du Printemps, in dem eine Jungfrau dem Frühlingsgott geopfert wird. Die Gruppe She She Pop aus Hamburg und Berlin ließ sich davon zu ihrer eigenen Inszenierung anregen, die ebenfalls als ein Ritual daherkommt. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem weiblichen Opfer. Nachdem die Performerinnen 2010 für ihr Stück Testament ihre Väter auf die Bühne holten, erzählen nun ihre Mütter in Frühlingsopfer einen großen Teil der Geschichte vor einer Filmleinwand. Die Frauen gaben ihre Karrieren für die Kinder auf. Auch die jüngere, vermeintlich emanzipierte Generation kommt nicht umhin, Opfer zu bringen, allein schon, weil alte Rollenmuster nachwirken. Doch wie würde eine Gesellschaft aussehen, in der niemand mehr Opfer bringt? Die Auseinandersetzung mit den eigenen Biografien ist bei She She Pop eher Hilfsmittel als Ziel. Persönliche Geschichten werden in größere kulturelle Kontexte eingebettet und in oftmals unbeholfene Choreografien übersetzt, die eine Ästhetik der Authentizität schaffen.

Text: Natalia Sadovnik

 

„Onkel Wanja“

Psychologie und Lindenblütentee: Tschechows Klassiker über eine seltsame Patchworkfamilie kommt im Schauspielhaus auf die Bühne.

Tschechow geht immer. Der russische Dramatiker ist nach wie vor ein Liebling des Theaters, Ende des 19. Jahrhunderts spürte er der verkorksten Psychologie seiner Landsleute in Erzählungen und Theaterstücken nach, nicht ohne Zuneigung – seine unaufgeregten Betrachtungen werden nicht alt, so sehr hat sich der Mensch nicht geändert. Onkel Wanja ist neben Der Kirschgarten und Die Möwe sein berühmtestes Stück. Eine seltsame Patchworkfamilie trifft da auf einem Gutshof zusammen: Mit seiner Nichte Sonja bewirtschaftet Wanja das Land seiner verstorbenen Schwester, da kehrt sein Schwager, ein emeritierter Professor, mit neuer Frau zurück. Wanja wie sein Freund Astrow begehren die schöne Neuankunft Jelena, während Astrow nicht merkt, dass Sonja ihn liebt. Einen Trost weiß die Vorlage: Gegen Liebeskummer hilft Lindenblütentee.

Text: Michael Weiland

 

„Hamburg im Film“

Ein Rückblick auf die Anfänge des Privatfernsehens in Deutschland – mit dem ehemaligen „extra drei“-Moderator Hans-Jürgen Börner

30 Jahre ist es her, seit die Tagesschau private Konkurrenz bekam. Am 1. Januar 1985 ging im Sat.1-Programm das Nachrichtenmagazin APF Blick auf Sendung. Hergestellt wurde es in Hamburg: In der City Nord hatte sich dazu ein Verlegerkonsortium eingemietet, das sich Aktuell Presse Fernsehen nannte. Den „Köpcke“ des Privatfernsehens machte der Journalist und Ex-Kanzler-Schmidt-Ghostwriter Armin Halle, der als Talkshowmaster und Pfeifenraucher den Bogen heraushaben sollte, wie man Seriöses lässig an den Mann bringt. Hans-Jürgen Börner (der „Mann mit der Fliege“ und ehemaliger Leiter und Moderator des ersten deutschen Satire-Magazins extra drei) erinnert filmisch an diese Goldgräberzeit und stellt Zeitzeugen vor. Eine weitere Vorstellung in der Reihe Hamburg im Film findet am Vormittag des 18. Januar um 11 Uhr statt.

 

„Casino Royal“

Das mobile Kino Flexibles Flimmern eröffnet das Jahr mit einer Parodie auf James-Bond-Filme aus dem Jahre 1967 im Casino Esplanade. Einlass ab 18 Jahren.

Glamour, Glitzer, Champagner, Smoking und Cocktailkleid – das sind einige der Assoziationen, die vor dem geistigen Auge aufploppen, wenn das Wort „Casino“ fällt. Die Eröffnung des neuen mobilen Kinojahres in Hamburg soll in einem gewohnt festlichen Rahmen stattfinden. Drum kooperiert Flexibles Flimmern zum achten Mal mit der Spielbank Hamburg und lädt zu drei exklusiven Abenden (12. bis 14. Januar) in das Casino Esplanade. Um monothematisch zu bleiben, wird hier ein Filmklassiker aus dem Jahre 1967 gezeigt, über den es in der Ankündigung heißt: „Der Spielfilm Casino Royale aus dem Jahr 1967 ist eine Parodie auf die bis dahin erschienenen James-Bond-Filme und lehnt sich entfernt an den ersten, gleichnamigen Bond-Roman von Ian Fleming an.“ Vor der Vorführung kann das Publikum im großen Saal sein Glück beim Roulette auf die Probe stellen. Das Restaurant Tarantella liefert die zum Film passenden Speisen. Wichtiger Hinweis: Das Casino darf nur betreten, wer volljährig ist und einen gültigen Personalausweis vorzeigen kann. Die Herren schlüpfen mindestens in Jackett und Hemd. Reservierungen per E-Mail.

Text: Lena Frommeyer

 

John Bock

Der Aktionskünstler ist Gast der Vortragsreihe „spiel/raum:kunst“ und erläutert, welchen Spielraum zur Entfaltung von Gedanken und Gegenständen die Kunst nutzt.

Da hört man quasi die mahnende Stimme der Eltern nachhallen: „Kind, mach erst mal was Vernünftiges.“ Diese Vermutung liegt zumindest nahe, wenn man den Lebenslauf von John Bock studiert. Der in Berlin lebende Aktionskünstler studierte Betriebswirtschaft, bevor er die Hochschule für Bildende Künste (HfbK) in Hamburg besuchte. Die Kunstwelt freut sich, dass er der grauen Zahlenwelt entfloh um die Gesellschaft mit herrlich skurril klingenden Werken wie Im Modder der Summenmutation, FischGrätenMelkStand und Medusa im Tam Tam Club zu verstören. Am 14. Januar ist John Bock Gast der Vortragsreihe spiel/raum:kunst in seiner früheren Hochschule. In der Aula der HfbK spricht er über die „Möglichkeiten des Zusammenspiels (…), die aus der Koalition von Kunst und Wissen/schaften historisch erwachsen sind oder sich gegenwärtig abzeichnen.“ Das Nachgespräch findet einen Tag später um 10 Uhr statt. Durch den Abend führt Professor Michael Diers.

Text: Lena Frommeyer

 

„Die Drei ???“

Lauscher aufsperren: Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews sind zu Besuch im Planetarium Hamburg – als Hörevent mit Premium-Sound.

Wenn man einer Hörspielreihe über Jahre hinweg treu ist, hat man irgendwann das Gefühl, die agierenden Figuren tatsächlich zu kennen. Wie gute Freunde oder Familienmitglieder. So ist vielleicht der nicht endende Hype um Die Drei ??? zu erklären: Man will Neuigkeiten aus Rocky Beach erfahren, auf dem Laufenden gehalten werden. Heute erwachsene Menschen fiebern also der Veröffentlichung neuer Folgen der Detektivreihe entgegen, die sie schon als Kinder hörten. Manager, Journalisten, Rechtsanwälte – sie alle kauen wieder auf ihren Fingernägeln herum, während Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews Rätsel lösen.

Der Markt wurde erkannt. Um die amerikanische Hörspielserie, die in Deutschland in synchronisierter Fassung erhältlich ist, wurde ein stabiles Veranstaltungsgerüst gebaut. Livetouren, Playbacktheater und 3-D-Soundevents sind einige Beispiele. Das Planetarium Hamburg lädt in diesem Zusammenhang am 13. Januar zum dritten Mal in den Sternensaal. Dort kann man die bisher unveröffentlichte Folge Die Drei ??? und das dritte Auge hören: Die drei Detektive jagen einen Dieb, der blutige Buchstaben an den Wänden der Tatorte hinterlässt. Das neue Soundsystem des Planetariums lässt einen prima in die Handlung eintauchen.

Text: Lena Frommeyer

 

Koloniales Hamburg

Tania Mancheno (Politologin und Aktivistin) und Jürgen Zimmerer (Professor Afrikanische Geschichte) diskutieren über den Neustart der Erinnerungskultur.

Erst in jüngster Zeit wird auch in Deutschland öffentlich über die eigene Kolonialgeschichte gesprochen: über die Verhandlungen der europäischen Kolonialmächte auf der Berliner Afrikakonferenz 1884/85, über Kolonialhandel und Kolonialverbrechen. Als Welthandelsstadt war Hamburg über Jahrhunderte Teil des europäischen Kolonialsystems. Entsprechend zahlreich sind die Spuren dieses gewaltvollen Erbes: Straßen, Monumente, Handelshäuser. Initiativen und Künstler haben viele dieser Orte erkundet und markiert – durch Hinweisschilder, Vorträge, Performances oder Videoarbeiten. Auch an den Universitäten wird über die Bedeutung der Kolonialgeschichte geforscht, etwa über den Zusammenhang von Kolonialismus und Nationalsozialismus. Hamburg hat als erste deutsche Großstadt beschlossen, ihr koloniales Erbe umfassend aufzuarbeiten und einen Neustart in der Erinnerungskultur zu wagen. Aber wie kann der gelingen? Welchen Stellenwert hat dabei die Perspektive der ehemals Kolonisierten? Das Projekt Stadtkuratorin Hamburg lädt zur Diskussion. Tania Mancheno (Politologin und Aktivistin des Arbeitskreises Hamburg postkolonial) sowie Jürgen Zimmerer (Professor Afrikanische Geschichte) sind die Gäste auf dem Podium.

 

Acoustics Wintersession

Wärmendes für die kalte Jahreszeit: Die „Acoustics“-Abende auf dem Lattenplatz finden ihre winterliche Fortsetzung im Club und in der Bar des Knust.

Bisher gingen die Knust Acoustics-Abende auf dem Lattenplatz vorm Knust ausschließlich im Sommer über die Bühne – und das, obwohl sich der beschauliche und entspannte Rahmen der Sessions doch geradezu dafür anbietet, auch in der kalten Winterzeit das ein oder andere Musikherz zu erwärmen. Das dachte sich wohl auch Siebeth Sonne, Organisator der 2011 ins Leben gerufenen Veranstaltung, der nun erstmals zur Knust Acoustics Wintersession lädt. Abwechselnd im Saal und in der Bar (beides bestuhlt) spielen insgesamt sechs Künstler – u. a. Max Prosa (Foto), Tom Klose & Band, Kollektiv 22 sowie der Hamburger Kneipenchor – je 30 Minuten. Die Karten sind auf 300 Stück limitiert und in sogenannte Hutspenden-Tickets eingeteilt: 6 Euro = 1 Euro pro Künstler, 9 Euro = 1,50 Euro pro Künstler, 12 Euro = 2 Euro pro Künstler. Wer möchte, kann aber natürlich trotzdem noch freiwillig an der Tür spenden. Runde und schöne Sache, das.