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Schreibwerkstatt

Zwölf Hamburger Autorinnen und Autoren zwischen 14 und 18 Jahren präsentieren ihre aktuellen Arbeiten zum ersten Mal der Öffentlichkeit.

Im Literaturhaus werden die Wurzeln gelegt, hier werden die Autoren der kommenden leserbegeisternden Texte gemacht: Seit 2006 findet regelmäßig die Schreibwerkstatt statt, zu deren Inhalten es gehört, neben handwerklichen Aspekten des Schreibens den Literaturbetrieb selbst zu beleuchten und auch in Textkritik und -präsentation zu üben. Seit Herbst läuft die aktuelle Werkstatt, zwölf junge Autoren zwischen 14 und 18 Jahren feilen unter Anleitung der Schriftsteller Mareike Krügel und Thomas Pletzinger an zehn Abenden an ihren Texten. Dabei werden Plots ausgearbeitet und der eigene Stil präzisiert – und jetzt im Januar sind alle Teilnehmer bestens auf ihren ersten Auftritt vor großem Publikum vorbereitet. „Das Schreiblabor ist das kreative Sprungbrett in eine literarisch bessere Zukunft!“ heißt es vonseiten des Literaturhauses. Das finden wir ziemlich gut!

Text: Almuth Strote

 

„Rohschnitt Peter Brötzmann“

Der neue Film von Peter Sempel ist einem Genie des europäischen Free Jazz gewidmet. Der Regisseur kommt zur Vorstellung ins 3001 Kino.

Rohschnitt Peter Brötzmann ist ein Fan-Film mit Impro-Charakter. Von einem Bewunderer für Bewunderer, über einen außergewöhnlichen Musiker, der jede Bewunderung verdient hat. Bei der Kombination Sempel/Brötzmann kann niemand eine normale Musiker-Doku erwartet haben. Sempel hat konsequent draufgehalten: Brötzmann zu Hause in Wuppertal, beim Wäscheaufhängen, in seinem Atelier, auf Reisen, Backstage, und vor allem: beim Spielen, in diversen Besetzungen, in China, den USA und Polen. Immer mit Handkamera, weitgehend kommentarlos – wenn Sempels naiv-jugendlicher Schnauze nicht mal ein lustiges „Oha!“ oder spontane Zwischenfragen entwischen. Der Film ist ein Juwel für Brötzmann-Fans und sicher auch interessant für den einen oder anderen Filmstudenten. Aber die große Mehrheit wird sich die Augen und erst recht die Ohren zuhalten. Denn Sempels Filme sind eigenwillig und Brötzmanns Musik wird in der Regel als Lärm wahrgenommen. Deswegen ist diese Legende des europäischen Free Jazz mit 73 Jahren immer noch ständig auf Achse. Und wir dürfen 98 Minuten lang mit dabei sein.

Text: Michele Avantario

 

Grunge und Selbstverteidigung

„Rock, Rage & Self Defense: An Oral History on Seattle’s Home Alive“ erzählt die Geschichte einer Anti-Gewalt-Organisation im Seattle der 1990er Jahre.

Seattle, Anfang der 1990er: Die Gruppe Nirvana ist soeben mit dem Album Nevermind durchgebrochen, alle Welt spricht von Grunge. Bands aus der US-Provinz zieht es in den Nordwesten, so auch die vielversprechende Punkband The Gits aus Ohio. 1993 ist das Quartett um Sängerin Mia Zapata auf dem besten Weg, zur nationalen Größe aufzusteigen, da passiert das Unfassbare: Auf dem Weg nach Hause wird Zapata von einem Fremden, dessen Identität man erst zehn Jahre später per DNA-Analyse feststellen kann, brutal vergewaltigt und ermordet. Der Schock, der sich daraufhin in Seattles Künstlerkreisen breitmacht, mündet schließlich in der Gründung der Organisation Home Alive, die sich mit Ursachen und Auswirkungen von (häuslicher und anderer) Gewalt auseinandersetzt und Selbstverteidigungskurse für Frauen anbietet. Leah Michaels‘ und Rozz Therriens Dokumentation Rock, Rage & Self Defense: An Oral History on Seattle’s Home Alive von 1993 erzählt die Geschichte der Organisation, zu deren prominentesten Unterstützerinnen Joan Jett zählt. Die Regisseurinnen sind an diesem Abend anwesend.

 

Richtung London

Das Hamburger Quartett präsentiert seine neuen Songs live in der Astra Stube. Im Vorprogramm: der Singer/Songwriter Vince Adam mit Band.

Ja, da haben wir es wieder: Vier Jungs mit hübschen Frisuren, musikalischem Talent und dem Willen, es ganz nach oben zu schaffen … Richtung London haben sie es 2013 bis ins Finale des Nachwuchswettbewerbs Local Heroes geschafft, wo sie mehr als einen nur anständigen Eindruck hinterlassen haben. Das Hamburger Quartett wirkt trotz seines noch jungen Alters schon reichlich professionell. Nur an der Beschreibung ihres Sounds muss noch ein bisschen gefeilt werden, denn inhaltsarme Floskeln wie „britische Gitarren treffen auf deutsche Texte“ will heutzutage wirklich niemand mehr lesen. Zur Präsentation ihrer neuen, im letzten Jahr aufgenommenen Songs, treten Richtung London am 13. Januar in der Astra Stube auf. Vorgestellt wird an diesem Abend auch ihr neues viertes Bandmitglied. Im Vorprogramm spielt der Hamburger Singer-Songwriter Vince Adam mit seiner Band.

 

Eisberg / In Circles

Montags ruft der Moshpit: Zwei Hardcore-Bands aus Luxemburg und Köln laden zum ausgelassenen Slam-Dance in die Rote Flora.

Und ab geht’s: Mit Eisberg und In Circles sorgen am Abend des 12. Januar zwei Bands für harte und herzliche Stimmung in der Roten Flora. Erstere, mit deutschsprachigem Bandnamen, kommt kurioserweise aus dem Großherzogtum Luxemburg, das ja nun nicht gerade für seine rege Punk-Szene bekannt ist. In Circles stammen aus der Gegend um Köln, sind zu fünft und haben bereits einige Tonträger herausgebracht. Beide Bands sind mit dem Leipziger Label Powertrip Records verbandelt. Was die beiden darüber hinaus verbindet, ist die Neigung zu traditionellem Hardcore, den Eisberg mit erfrischenden Stop-&-Go-Parts garnieren, während In Circles ihren Sound eher mit Elementen aus Metal und Screamo-Core versehen. Beides lädt zu ausgelassenem Pogo, Slam-Dance und Stagediving ein. Was gibt es Schöneres als einen Montagabend in der Roten Flora…?

 

Leszek Możdżer Trio

Der renommierte, polnische Jazz-Pianist gastiert zusammen mit Bassist Lars Danielsson und Schlagzeuger Zohar Fresco in der Laeiszhalle.

Leszek Możdżer zählt zu den renommiertesten Jazz-Pianisten Polens. 1971 geboren, spielt er seit seinem fünften Lebensjahr Klavier. Er hat in Danzig studiert und kann seitdem auf so manche Kollaboration zurückblicken, so zum Beispiel mit prominenten Landsleuten wie Tomasz Stańko und Michał Urbaniak, aber auch Jazz-Giganten wie Pat Metheny, Lester Bowie und Archie Shepp. Seit 2003 spielt Możdżer regelmäßig mit dem Kontrabassisten Lars Danielsson zusammen, woraus bereits vier Alben entstanden – zwei davon erreichten in Polen Platin-Status. Zur aktuellen Besetzung seines Trios gehören neben Możdżer selbst und seinem ständigen Partner Danielsson (der außer Bass auch Cello spielt) noch der israelische Perkussionist und Sänger Zohar Fresco. Auf dem Programm stehen bei dem Konzert in der Laeiszhalle unter anderem Stücke des im letzten Jahr erschienenen Tonträgers Polska.

 

Hamburg Museum

Jeden Sonntag findet im Museum am Holstenwall eine kostenlose Führung statt. Das ist auch für langjährige Hamburger eine interessante Sache.

Wie ist Hamburg eigentlich entstanden, was ist mit der Hanse passiert und wie ist es zur HafenCity gekommen? Selbst langjährige Städter haben oft große Wissenslücken, was die Entstehungsgeschichte ihrer Hood angeht. Vielleicht ein Vorsatz fürs neue Jahr: Herauszufinden, wie die Nachbarschaft vor 100 Jahren aussah? Unter dem Motto „Kennen Sie Ihre Stadt?“ bietet der Freundeskreis des Hamburg Museums ab 2015 jeden Sonntag um 15 Uhr kostenlose öffentliche Führungen an. Erster Termin war der 4. Januar zum Thema 1.000 Jahre Hamburg in 60 min – von der Hammaburg bis zur Elbphilharmonie. Am 11. Januar dreht sich die Führung um den Aspekt Von Mastenwäldern zur Hafencity. Stadtentwicklung im Zeichen des Hafens. Gezahlt werden muss lediglich der Museumseintritt von 9 Euro (ermäßigt 5.50 Euro, unter 18 Jahren Eintritt frei). Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

„Berlin East Side Gallery“

Karin Kaper und Dirk Szuszies dokumentierten den Kampf einer Künstlerinitiative um das längste noch erhaltene Stück Berliner Mauer.

In Hamburg kennt man ihn, den Kampf von Initiativen gegen die Interessen mächtiger Investoren. Aber auch andernorts verteidigen Bürger und Vertreter der Subkultur ihre Nischen in boomenden Städten. Ein Beispiel ist die Berlin East Side Gallery, die seit einem viertel Jahrhundert an der Spree existiert. Hier verläuft das längste noch erhaltene Stück Berliner Mauer und bildet eine riesige Open-Air-Galerie. Sie ist Besuchermagnet und Abbild der friedlichen Revolution gegen die Teilung Deutschlands. Initiativen kämpfen um den Erhalt und gegen die Bebauung des Spreeufers und des ehemaligen Todesstreifens an der East Side Gallery. Entlang der Frage „Was bedeutet uns Freiheit, was ist sie uns wert?“ zeigen die Filmemacher Karin Kaper und Dirk Szuszies in ihrer Kinodokumentation die Entwicklungen rund um das kreativ veredelte Mahnmal, lassen Künstler und Anwohner zu Wort kommen. Der Film leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung und zeigt, wie lebendig Gedenkkultur sein kann. Regisseurin Karin Kaper kommt zur Premiere am 11. Januar ins 3001 Kino.

Text: Lena Frommeyer

 

„Das Wunder von Bern“

Gelungene Dramaturgie, beeindruckende Bühnenschau, schwache Musik: Sönke Wortmanns Film als Bühnenstück – täglich außer dienstags im Stage Theater an der Elbe.

Es ist zum Heulen. Immer wieder stehen einem die Tränen in den Augen. Wenn Richard Lubanski, gespielt von Detlef Leistenschneider, aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt. Wenn der kleine Matthias an der Welt verzweifelt, weil er sich seinen Vater als tollen Kumpel ausgemalt hat, stattdessen einen fremden, hilflosen Mann trifft, der krampfhaft an seiner väterlichen Autorität festhält. Natürlich gibt es auch sehr lustige und leichte Momente. Es ist das Jahr 1954, das Wirtschaftswunder macht sich gerade auf den Weg, Rock’n’Roll heißt die Rebellion der Jugend und König Fußball spielt bekanntlich eine entscheidende Rolle. Die Dramaturgie ist gelungen, was bei dem Thema nicht selbstverständlich ist, und die Bühnenschau beeindruckt. Die Choreografie des Endspiels fasziniert, das gilt allerdings nicht für alle akrobatischen Einlagen. Einen entscheidenden Schwachpunkt weist das neue Stück in dem neuen Haus an der Elbe jedoch auf: die Musik. Keine Hookline, die einen drankriegt, kaum pfiffige Zeilen, die hängenbleiben. Martin Lingnau hat die Musik geschrieben. Er ist kein Unbekannter in dem Business. Im September 2013 feierte er im Schmidt Theater die Uraufführung Die Königs vom Kiez. Zudem sind seine Kompositionen gerade in der Heißen Ecke und bei Der kleine Störtebeker zu hören. Auf Corny Littmanns kuscheligen Bühnen klingt das charmant, bei Das Wunder von Bern nach zu wenig. Schade, denn Musik wird dem Genre entsprechend reichlich gespielt.

Text: Lisa Scheide

 

Britain Calling

Filme der englischen Regisseure Ken Loach und Andrea Arnold stehen vom 9. bis zum 13. Januar im Metropolis Kino auf dem Programm. Ken Loach (Foto) und Andrea Arnold – er Träger des Europäischen Filmpreises, sie Oscar-Gewinnerin – repräsentieren auf sehr unterschiedliche Weise das realistische Kino in Großbritannien. Er hat sich mit seinen Filmen in die Geschichte der englischen Arbeiterbewegung eingeschrieben, sie hat den Frauenalltag aus neuen Perspektiven erhellt. Filme der beiden stehen im Zentrum des New British Cinema. Ken Loach wird als Gast erwartet und am 13.1. seinen Jugendfilm Kes präsentieren. Mit Familienleben (11.1.) und Cathy Come Home (14./15.1.) stehen weitere Frühwerke des Grand Old Man auf dem Programm. Andrea Arnold ist mit der Hamburg-Premiere ihrer viel gerühmten Brontë-Verfilmung Wuthering Heights (18./20.1.) präsent sowie mit ihren Spielfilmen Red Road (22./24.1.) und Fish Tank (23./25.1.). Der Oscar-prämierte Kurzfilm Wasp macht die Retrospektive komplett. Die jüngsten Strömungen der „englischen Schule“ werden von den Newcomern Charlotte Ginsborg und Steven Eastwood repräsentiert. Sie bringt ihre Sozialstudie Melior Street (20./21.1.) mit nach Hamburg, er zeigt hier seine Mockumentary Buried Land (23./25.1.).