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Royal Blood

Kompaktes Line-up, maximale Lautstärke: Das englische Bass-Schlagzeug-Duo rockt am 11. Januar in der Großen Freiheit 36.

Die Bass-Schlagzeug-Konstellation des englischen Duos Royal Blood ist nicht ohne Vorbilder, Bands wie Whirlwind Heat, Lightning Bolt oder Death From Above 1979 haben es vorgemacht. Der tieftönende Mix sorgt auch bei der Band aus Brighton für eine besonders manische Energie: Gegenüber der E-Gitarre stinkt der Bass als Melodieinstrument eigentlich ab, da muss man schon eine Extraportion Hingabe ins Spiel bringen. Kein Problem: Der zähnefletschende Sound von Sänger/Bassist Mike Kerr und Schlagzeuger Ben Thatcher bezieht sich auf klassische Einflüsse wie Led Zeppelin oder den hitzköpfigen Alternative-Rock von Rage Against The Machine. Die Geradlinigkeit, die man sich von Duos wie Two Gallants oder The Black Keys abgeschaut hat, hält das Ganze schlank. Mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum geht die Band nun auf Tour: kompaktes Line-up, maximale Lautstärke.

Text: Michael Weiland

 

Elektronische Tanzmusik

Ein Samstag im Zeichen der brennenden Tannenbäume und Beats: „Burning Tree III“ auf dem Wagenplatz Zomia, „Broken Forms“ im Gruenspan, Daniel Nitsch im Pudel

Taffes Programm – aber so ein Wochenende ist ja auch kein Ponyhof. Am zweiten Samstag nach Silvester haben Nachtschwärmer hoffentlich wieder so viel Puste, dass sie die Nacht durchmachen können. Der Abend startet beschaulich beim Burning Tree III (verschoben, siehe unten) auf dem Wagenplatz Zomia. Zur Draußen-Kneipe mit Lagerfeuer darf man seinen alten Tannenbaum mitbringen und in den Flammen entsorgen – dabei Burritos essen und Glühweinreste trinken. Jay! Ab 23 Uhr debütiert dann die Technoparty Broken Forms mit hervorragendem Line-up im Gruenspan. Es legen auf: Sascha Funke (Foto), Ruede Hagelstein, Dave DK, Dabidé und Florian Seifert. Wen es anschließend noch in den Füßen juckt, der ist auch zu später (bzw. früher) Stunde im Golden Pudel Club willkommen. Hier serviert Daniel Nitsch soulige und groovige Beats vom Plattenteller. Noch mehr elektronische Tanzmusik bringen DJ Smut und Hamburg-Urgestein René Dachner mit.

UPDATE: Burning Tree III wurde wegen des Unwetters auf den 17. Januar verschoben.

Text: Lena Frommeyer

 

Tags im Museum

Großartige Kino-Doku über eine Londoner Institution: Frederick Wisemans Filmporträt zur „National Gallery“ läuft am 10. Januar im Abaton.

Nach dem Film National Gallery möchte man sofort in die Hamburger Kunsthalle laufen und sich die Alten Meister anschauen. Denn drei Stunden lang zeigt Dokumentarfilm-Legende Frederick Wiseman, der auf dem Filmfest in Venedig 2014 für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, wie aufregend die Bilder Turners, Vermeers, Rembrandts oder Caravaggios bis heute sind, wie viel sie uns zu erzählen haben und wie sie mitreißen können. Er beobachtet, wie leidenschaftliche Kunsthistoriker Bildungsbürger, Kinder und zappelige Jugendliche durch das altehrwürdige Londoner Museum führen und sie mit ihren Geschichten fesseln, wie sie Blinden Klassiker der Malerei näherbringen. Er zeigt Restauratoren, die in ihrer Arbeit schwelgen und auch den Museumsdirektor, der seiner Marketing-Abteilung klarmacht, dass er natürlich große Ausstellungserfolge feiern möchte und seinetwegen auch durchaus bittere Niederlagen, nur Mittelmaß dürften die Ausstellungen niemals sein. Der Film ist ein Fest der Kunstvermittlung, er feiert Kunst als Blick zurück in eine vergangene Welt, lässt sie selbst sprechen und zeigt gleichzeitig, wie intelligent und inspirierend Kino sein kann.

Text: Sabine Danek

 

„Gertrud“

Vier Menschen in einem Reigen um Emanzipation und Liebesdrang: Der norwegische Regisseur Eirik Stubø begeistert im Thalia in der Gaußstraße.

Wenn ein Mann seine Geliebte nicht nur mit deren Ehemann, sondern unversehens mit einem weiteren Mann teilen muss, mag das hart sein. Ist der Nebenbuhler dazu Schriftsteller wie er selbst und dreißig Jahre jünger, mag das ein Grund sein, auszuwandern. So geschehen im Jahr 1906 – Hjalmar Söderberg verließ damals seine Heimatstadt Stockholm in Richtung Kopenhagen. Kurz darauf verarbeitete er die Erfahrung seines Liebesdesasters in einem Theaterstück. Gut hundert Jahre später zeigt die rückwärtige Bühnenwand des Thalia in der Gaußstraße übergroße, dramatische Ansichten von vier Darstellern in Schwarzweiß wie in einem alten Greta-Garbo-Film. Gertrud ist über die Köpfe gelabelt. Die Sängerin Gertrud steht im Mittelpunkt eines sprachlich aufregend abgewogenen Emanzipationsdramas über drei Männer und eine Frau, die gleichsam zwei volle Leben zu leben versuchen, das der romantischen Hingabe und das der Selbstverwirklichung – ohne Erfolg. Zwar ist Gertrud (Maja Schöne) zuletzt die Konsequente, die selbstbestimmt die Männer zurücklässt, doch verstehen die Männer und die Frau gleichermaßen, was sie zueinander- und wieder auseinandertreibt. Darin liegt eine Tragik verborgen, denn die Erkenntnis ihres selbst betriebenen Scheiterns gebietet Haltung, gewährt jedoch keinen Trost. Körperlich meiden sie einander, nur in ihren Stimmen und im Gesang können sie sich begegnen. Daher setzt der norwegische Regisseur Eirik Stubø neben minimalistischer Ausstattung auf starke Darsteller mit beeindruckender und auf den Punkt in Szene gesetzter Stimmpräsenz. Ein wunderbarer Zuschau- und Zuhörabend.

Text: Reimar Biedermann

 

„Napoli“

Lloyd Riggins, Erster Solist in John Neumeiers „Hamburg Ballett“-Ensemble, choreografiert das Ballett als furioses Tanzfest.

Man stelle sich vor: Erd- und Dachgeschoss eines Hauses stehen noch, aber die erste Etage ist bis auf ein paar Stützpfeiler verschwunden. Nun muss der Baumeister das fehlende mittige Stockwerk wiederherstellen, ohne das darunterliegende zu beschädigen oder das obere ins Wanken zu bringen. Genau das hat Lloyd Riggins geschafft, allerdings nicht als Bau-, sondern als Ballettmeister: Der Erste Solist in John Neumeiers Hamburg Ballett choreografierte das Herzstück des dreiaktigen Balletts Napoli behutsam zwischen die beiden traditionellen Akte eins und drei. Die stützende Musik blieb erhalten, auch die Story wurde überliefert, aber immerhin stammt das ursprüngliche Werk aus dem Jahr 1842, und inzwischen gibt es ganz anderes „Tänzermaterial“. Doch die Restaurierung des Kunstwerks ist geglückt, das dreistündige Handlungsballett begeistert als rauschendes Tanzfest das Publikum. Inspiriert vom Flair der süditalienischen Hafenstadt Neapel schuf der dänische Choreograf mit dem französischen Namen August Bournonville diesen romantischen Klassiker, den der US-Amerikaner Lloyd Riggins nach Deutschland importierte. Er erzählt, so auch der Untertitel, vom Fischer und seiner Braut: Die Verliebten müssen sich gegen den Widerstand der resoluten Brautmutter durchsetzen und die magischen Kräfte eines Wasserdämons überwinden, bevor sie sich im furiosen Finale in die Arme fallen können.

Text: Dagmar Ellen Fischer

 

Polit-Satire

Katharina Münk wirft einen satirischen Blick auf die Welt von Bankern und Politikern – Ähnlichkeiten mit real existierenden Kanzlerinnen nicht ausgeschlossen.

Ein Wirtschaftsboss in der Sinnkrise findet sich – zwecks Perspektivwechsel – als BWL-Nachhilfe einem Gefängnisinsassen gegenüber. Beim gemeinsamen Freigang entführt Letzterer seinen Mentor, für den allerdings niemand Lösegeld zahlen möchte. Auf dieser Grundlage entwickelt die Hamburger Autorin Katharina Münk in Glänzende Geschäfte ihren herrlich skurrilen Plot, der die Welt der Banker und Wirtschaftsbosse skizziert und dabei auch vor Doppelgängern, Mord und altägyptischen Skarabäen nicht Halt macht. Das ist beste Unterhaltung nach realem Vorbild – wie man es von Katharina Münk kennt. Und so ist auch Die Eisläuferin Polit-Satire feinster Art: Während einer Urlaubsreise kommt der Regierungschefin einer westlichen Industrienation die Erinnerung an die letzten 20 Jahre abhanden – was die Öffentlichkeit natürlich nicht erfahren darf. Doch obwohl sie von ihrem Stab tunlichst auf Linie gehalten wird, regiert sie plötzlich spontan, unvoreingenommen, geradezu leidenschaftlich – und kennt auf der Suche nach ihrem Gedächtnis kein Pardon…

 

Poplabor Akustik

Der Verein RockCity lädt zur Poplabor Abschlussgala in die Hanseplatte. Mit dabei: Markus Wiebusch, Nils Christian Wédtke, Helikon u. a.

Das Zentrum für Popularmusik RockCity greift nun schon seit 1987 in Hamburg Musikern und allen im Umfeld Aktiven unter die Arme, wenn es darum geht, Fähigkeiten freizuschaufeln, Talente auszubauen und Bedingungen zu schaffen, in denen es sich kreativ und professionell arbeiten lässt. So veranstaltet der Verein regelmäßig den Newcomer-Wettbewerb Krach&Getöse und im vergangenen Jahr fanden ganze sechs Poplabore statt. Am Freitag steigt nun die große Abschlussgala in der Hanseplatte: ein Rückblick auf das, was war; ein Zusammenkommen für alle, die dabei waren; und vor allem ein Einblick in das, was da noch kommen könnte! Gleich sieben Acts präsentieren an diesem Abend ihr musikalisches Können. Mit dabei ist die Hamburger Chanson-Institution Helikon, Krach&Getöse-Gewinner Sam Meyers, Rap-Künstlerin Rosa Luxus, Songwriter Manuel Louis und Liedermacher Nils Christian Wédkte sowie – um dem Abend eine leuchtende Krone aufzusetzen – Kettcar-Frontmann Markus Wiebusch solo. Der Mitschnitt des Abends wird bei NDR Info gesendet, das eigene Erscheinen ersetzt das selbstredend nicht.

 

„Zoom“

Die Hamburger Choreographin Jenny Beyer initiiert die Reihe „offenes Studio“: Das Publikum darf an den Proben zu ihrem neuen Tanztheaterstück teilhaben.

Die Premiere eines neuen Tanztheaterstückes ist ja oft schon ausgebucht, bevor die ersten Werbeplakate in der Stadt verteilt sind. Dabei kann der interessierte Zuschauer einen noch viel exklusiveren, weil frühzeitigeren Einblick in ein neues Stück bekommen. Dann nämlich, wenn die Künstler zur offenen Probe laden. So auch die Hamburger Choreografin Jenny Beyer, die das Publikum in die Arbeit an ihrem nächsten Stück Zoom auf Kampnagel mit einbeziehen möchte. Wie passend, dass sich die Inszenierung auch inhaltlich mit der Nähe zwischen Publikum und Künstler auseinandersetzt. Das Ganze ist ein Langzeitprojekt: Zum Thema möchte sie in den folgenden drei Jahren recherchieren. Der Besuch im offenen Studio ist kostenfrei. Zoom feiert im Mai Premiere auf Kampnagel.

Text: Lena Frommeyer

 

Skrinshot

Das Hamburger Duo spielt seinen grammatisch unkorrekten Electro Social Punk live in der Astra Stube. Im Vorprogramm: Chomolungmas Kleid.

Das Duo Skrinshot versteht sich selbst als tragikomisches Bildschirmfoto der Gesellschaft. Ihre Songs vom ersten gemeinsamen Album Arbeit macht dumm handeln von der materiellen Not der zickigen Nutte Ute oder vom muskulösen Arbeitslosen, dessen Trunkenheit voll im Trend liegt. Die Themen begegnen Sänger Wassily Zittel bei der Arbeit – in der Spülküche eines hippen Restaurants auf St. Pauli. Seinen messerscharfen Beobachtungen, die er mit Inbrunst und russischem Akzent darbietet, setzt Kirill „Snowsleep“ Salinski harten Synthesizersound entgegen. Sie nennen es „Electro Social Punk mit deutschsprachigen Texten; schrill, laut und grammatisch unkorrekt.“ Den Abend eröffnet das Trio Chomolungmas Kleid, das nach eigener Beschreibung „billige, selbst gemachte und sehr nervende Heimmusik“ produziert.

Text: Alessa Pieroth

 

Horst With No Name

Die „international One-Man-Band“ rockt im Knust. Außerdem an diesem Abend auf der Bühne: Jacky Calypso & His Red Hot, A Pony Named Olga und Trixie Trainwreck.

In einschlägigen Rock-‘n‘-Roll-Kreisen ist er längst kein Unbekannter mehr. Und sein lustiges Musiker-Pseudonym war in den letzten Jahren sicher dabei behilflich, diesen in bester Erinnerung zu behalten. Horst With No Name (in Wirklichkeit: Horst Schneider) ist eine One-Man-Band, die – bestückt mit Stimme, Gitarre, Bass- und Snare-Drum – Stile wie Trash, Rockv’n’vRoll, Rockabilly, Blues, Punk und Schlager zu einem unterhaltsamen Programm vereint, das keine weiteren Mitmusiker vermissen lässt. Horst With No Name ist ein gern gesehener Gast auf internationalen Trash-, Garage-Rock- und Rockabilly-Festivals, scheut sich aber nach eigener Aussage auch nicht, in „Stadien und Clubs, auf Hinrichtungen und Gartenpartys“ zu spielen. Am 9. Januar steigt er zunächst wieder auf die Bühne des Knust. Im Vor- und Beiprogramm spielen die Acts Jacky Calypso & His Red Hot, A Pony Named Olga und Trixie Trainwreck.