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Montreal

Das Hamburger Trio spielt seinen gut gelaunten, melodischen Punkrock live in der Fabrik. Im Vorprogramm: die Alex Mofa Gang

Ach, der gute alte Deutschpunk – einfach nicht tot zu kriegen, der Kerl! Nun, vielleicht sollte man an dieser Stelle den Begriff „Deutschpunk“ etwas präzisieren. Eine aus der Mode gekommene Musikjournalistenphrase könnte da weiterhelfen: Montreal verhalten sich zu den Genre-Altvätern Slime wie Blink 182 zu den Dead Kennedys. Soll heißen: Erstere könnten die Söhne von Letzteren sein. Doch womit die Alten damals noch das Establishment schockieren konnten, das ist mittlerweile konformistisch verpackt. Die duften Riffs hat man hier und dort schonmal gehört, Tight gespielte Up-Tempo-Beats animieren dich aber zum gepflegten Pogo. Man kann davon ausgehen, dass es am 20. Dezember in der Fabrik abgehen wird wie hulle, wenn das Hamburger Trio sein aktuelles Album live vorstellt. Im Vorprogramm spielt ein Quintett mit dem fantastischen Namen Alex Mofa Gang.

 

„Einer flog übers Kuckucksnest“

Hilflose Patienten, herrische Schwestern: Miloš Formans Verfilmung des Psychatrie-Romans von Ken Keseys läuft in deutscher Fassung im Metropolis Kino.

Milos Formans Meisterwerk Einer flog übers Kuckucksnest von 1975 nach dem Roman des Schriftstellers, Aktionskünstlers und LSD-Experimentatoren Ken Kesey gilt aus gutem Grund als König unter allen Irrenhausfilmen: Draufgänger McMurphy (natürlich toll gespielt von niemand Geringerem als dem damals 36-jährigen Jack Nicholson) lässt sich als unzurechnungsfähig in eine staatliche Nervenheilanstalt einweisen, um einer Haftstrafe zu entgehen. Was er dort in der Klappse erlebt – hilflose Patienten, Angst, Verzweiflung und allen voran eine tyrannische Oberschwester (ebenso schmerzhaft gut in ihrer Rolle: Louise Fletcher) – ist für ihn unakzeptabel und lässt ihn gegen die bestehende Ordnung rebellieren, bis er schließlich selbst unter die Räder, beziehungsweise den Elektroschocker gerät. Vorher hat McMurphy gegenüber seinen Anstaltsgenossen aber noch Gelegenheit, einen von vielen Schlüsselsätzen des Films abzusondern: „Was glaubt ihr denn, was ihr seid, verdammt nochmal? Verrückt oder sowas? Ihr seid es nicht!“ Recht hat er, alles eine Frage der Perspektive…

 

Hoffmaestro

Energisch und intensiv: Das elfköpfige Band-Kollektiv aus Stockholm spielt seine gut gelaunte „Skank-a-tronicpunkadelica“ live im Knust.

Harmoniegesänge aus mehreren männlichen Kehlen, akustische Gitarre und darunter einen flotten Country-Polka-Beat mit leichter Ska-Anmutung – was kann da schon schiefgehen? Das ist jedenfalls das Erfolgsrezept des schwedischen Bandkollektivs Hoffmaestro. In den späten Neunzigern gegründet, erschienen ihre ersten Tonträger erst im Jahr 2005. Seitdem kann sich die Groß-Combo aber über mangelnden Zuspruch kaum beschweren. Ihre Live-Sets werden als „energisch“ und „intensiv“ beschrieben. Die Band selbst hat sich für ihren Sound den Begriff „Skank-a-tronicpunkadelica“ ausgedacht. Dass solche extravaganten Bezeichnungen meistens interessanter klingen als die Musik, die dahinter steckt (so auch hier), darüber wollen wir mal (wieder) hinwegsehen. Für eine ausgelassene Party-Sause im Molotow sind Hoffmaestro allemal gut.

 

Unsere Frauen

Dieter Laser, Mathieu Carrière und Ulrich Bähnk in einem komödiantischen Drama unter Männern – noch bis zum 20. Dezember in den Hamburger Kammerspielen.

Max, Paul und Simon kennen sich seit einer Ewigkeit. Beim Pokern ergehen sie sich über ihre Arbeit, ihre Frauen und alles, was ihnen über die Leber läuft. Männerabende. Als Simon eines Abends verspätet erscheint und stammelt, er habe gerade seine Frau im Affekt getötet, stehen die drei Männer und Regisseur Jean-Claude Berutti vor einer echten Herausforderung. Paul und Max diskutieren darüber, ob sie ihrem Freund ein Alibi liefern sollen. Vom Plot her ein lupenreiner Thriller, präsentieren die Kammerspiele Éric Assous Stück Unsere Frauen als ein komödiantisches Drama, doch im Laufe des Abends klärt sich das Bild, denn das Irritierende erweist sich als Folge der Darstellung einer tragischen Unvereinbarkeit: der von Ratio, Moral und Liebesbanden. Familienangehörige müssen vor Gericht nicht gegen die Ihrigen aussagen, doch wie ist es mit alten Freunden, die dreißig Jahre lang ihre Leben geteilt haben? Die Inszenierung vertraut auf das Rampengespür von Dieter Laser, Mathieu Carrière und Ulrich Bähnk. Zwar mag die angesichts des abgründigen Dilemmas gebotene Spannung nicht recht aufkommen, doch das Komödiantische verfängt sich im Saal von der ersten Minute an und bleibt bis zum Schluss.

Text: Reimar Biedermann

 

Tatortreiniger

Bjarne Mädel putzt als „Schotty“ Schotte wieder Leichenreste weg. Die neue Staffel der Serie läuft im NDR, am 17. Dezember in einer Doppelfolge.

Ausnahmsweise an dieser Stelle ein nordischer TV-Tipp: Mittwochs laufen die neuen Folgen vom Tatortreiniger im NDR. Der Schauspieler Bjarne Mädel (gebürtiger Hamburger) spielt Heiko „Schotty“ Schotte, der darauf spezialisiert ist, Leichenreste wegzuputzen. Sein trockener Humor und die unnachahmliche Situationskomik der Serie bringen einen fast dazu, in die Hose zu pieseln. Und das bei einem Thema, mit dem man ja eigentlich nicht zu tun haben will. Das findet auch Bjarne Mädel: „Ich setze mich nicht gerne mit dem Tod auseinander. Außerdem ist das nicht so leicht, du kannst nicht einfach einen Putzlappen nehmen und Leichenreste beseitigen. Du musst dich mit Chemikalien und Bakterien auskennen.“ Der Schauspieler freut sich schon wieder auf die Zeit, wenn die Staffel abgedreht ist: „Ich bin froh, wenn der Walross-Bart und die Matte ab sind. Wieder ganz kurz Mensch sein.“ Im TV ist der „Schnubbi“ noch dran und am 17. Dezember ab 22 Uhr in zwei Folgen Tatortreiniger zu bestaunen.

Tipp: Wer den Termin verpasst, geht am folgenden Sonntag in den Grünen Jäger. Hier laufen nach dem Tatort die neuen Folgen des Tatortreiniger.

 

Holy.Shit.Shopping

240 Designer, Künstler und Handwerker bieten auf der Besuchermesse ihre Waren feil, inklusive Street-Food-Market und DJ-Beschallung.

Stille Nacht, heilige Nacht? Das war gestern. Zum zweiten und letzten Tag der Besuchermesse Holy.Shit.Shopping geht es am 14. Dezember wieder in die Hamburg Messehallen. Diese werden zum Pop-Up-Kreativkaufhaus, vollgestopft mit 240 jungen Labels (Foto: Happy Boyz) aus Hamburg, Deutschland und Europa. Die vorweihnachtliche Designplattform, die erstmals 2004 in Berlin stattfand und seit 2006 auch regelmäßig in Hamburg zu Gast ist, vereint Mode, Schmuck, Möbel- und Produktdesign, Kunst, Fotografie und Literatur. Ein Street-Food-Market lädt zum Probieren verschiedener Leckereien ein und mehrere DJs geben dem Ganzen mit ihren Beats und Sounds einen hippen und festlichen Rahmen. Mit einem Glühwein in der Hand lässt es sich so entspannt dem Weihnachtsstress entfliehen. Und als Quelle der Inspiration für wirklich originelle Geschenke ist Holy.Shit.Shopping allemal gut.

 

City-Hof

Die vier Hochhäuser am Klosterwall könnten bald abgerissen werden. Trotz Denkmalschutz. Jetzt kämpft eine Initiative für den Erhalt.

Vor über 50 Jahren setzte Hamburg ein Zeichen der Moderne: der City-Hof – vier strahlend weiße, entlang des Geesthangs gestaffelte Scheiben. Mittlerweile sind die einstigen Schwäne der Nachkriegsarchitektur zu hässlichen Entlein verkommen. Auch wenn der City-Hof seit 2013 denkmalgeschützt ist, auf Empfehlung der Finanzbehörde steht das Areal am Klosterwall zum Verkauf – mit Option zum Abriss. Bis zum 4. Februar 2015 dürfen Gebote abgegeben werden. Wahrscheinlich wäre die ganze Aktion tatsächlich ohne großes Aufsehen über die Bühne gegangen, wäre da nicht Marco Alexander Hosemann. Der Architekturstudent hat sich zum Tag des Denkmals mit den City-Hof-Häusern beschäftigt und kommt zu dem Schluss: „Gebäude werden nicht unter Denkmalschutz gestellt, weil sie besonders schön oder alt, sondern weil sie einzigartig und ein bedeutender Teil unserer Geschichte sind“, so Hosemann. „Es braucht immer ein bisschen Zeit, bis man die Qualitäten einer vorangegangenen Epoche erkennt.“ Die jetzigen Entscheider haben den Abstand dazu wohl noch nicht. Gut, dass die nächste Generation aktiv wird: Hosemann hat eine Initiative zum Erhalt gegründet. Am 13. Dezember findet der zweite Aktionstag der City-Hof-Initiative statt: Alternative Visionen werden diskutiert und vorgestellt. Als Gast dabei: der Hamburger Architekt Volkwin Marg – Anmeldung per E-Mail ist bis zum 11. Dezember erforderlich.

Text: Julia Braune

 

Passierzettel

Niemand weiß, was am Sonntag in der Astra Stube passiert. Nicht mal die auftretende Band. Passierzettel sind Meister der Improvisation.

Tabula rasa in der Astra Stube: Bei jedem Konzert der Hamburger Band Passierzettel ist völlig ungewiss, was passiert. Seit ihrer Gründung weigert sich die Formation auf so etwas wie Songs festzulegen oder eine klare Bandstruktur zu umreißen. Stattdessen wird einfach Musik gespielt, so wie sie kommt. Meistens bewegt sich der Sound im Feld von Krautrock, Psychedelic, New Wave und Dub. Dazu stoßen regelmäßig Künstler anderer Professionen und so verbindet sich die Musik mal mit Lyrik, mal mit Licht und mal mit Bewegungen. Was uns nun am Abend in der Astra Stube erwartet, lässt sich somit nicht vorhersehen. Aber wer ein weißes Blatt dabei hat, kann sich sicher sein, es mit Leidenschaft eingefärbt wieder mit nach Hause zu nehmen.

 

10 Jahre Hasenschaukel

Die Musikbar in der Silbersackstraße feiert ihre Unsterblichkeit oder zumindest ihr zehnjähriges Jubiläum mit vielen Ständchen vom Folk-Duo The Burning Hell.

Jubiläen regen gerne zum Nachsinnen an – Bilanzen werden gezogen, Geschenke gemacht, Reden geschwungen und reichlich applaudiert. Diesen allzu förmlichen Teil wird man sich in der Hasenschaukel mit Sicherheit sparen. Stattdessen stößt man überschwappend mit den Gläsern darauf an, dass die kleine Musikbar in der Silbersackstraße mittels Crowdfunding vor ihrer Schließung bewahrt wurde. Ein kleines bisschen Unsterblichkeit schwingt da also mit in diesem Jubiläum. So kommen an diesem Samstagabend alle Freunde dieser Puppenstube für Nachtmenschen zusammen, um dem Folk-Duo The Burning Hell zu lauschen, dass eigentlich ein Quintett ist, aber gerne auch nur zu zweit auftritt. Weitere Programmpunkte sind eine Tombola, diverse DJs und anderes Pi-Pa-Po.

 

Deniz Kurtel

In New York machte sich die Künstlerin zunächst mit Lichtinstallationen einen Namen, inzwischen ist sie auch mit ihren eigenen Elektro-Tracks unterwegs.

Es gibt jene Leute, deren Fähigkeiten auf langem Training basieren. Die sich an etwas festbeißen, bis sie Meister ihres Faches sind. Und es gibt jene, die machen erst dieses, dann jenes und rammen trotzdem jedes Mal mit der Messlatte ein neues Loch in die Decke. Deniz Kurtel gehört zur zweiten, scheinbar völlig unbeschwerten Variante. Das Ökonomiestudium im Rücken, hübschte sie zunächst mit ihren Installationen die Partys vom DJ- und Veranstalter-Duo Zev Eisenberg und Gadi Mizrahi auf. So macht sie sich schnell einen Namen in der New Yorker House-Szene und produzierte schließlich eigene Tracks. Sphärisch und groovy klingt ihr Sound, sehr tanzbar. Einen klassischen Quereinstieg ins DJing nennt man das wohl. Wie erfolgreich sie am Mischpult sein würde, das konnte Kurtel wohl zunächst selbst kaum geglaubt. Wenn sie auflegt, kümmert sie sich mittlerweile gleichzeitig um die Lichtkreationen der jeweiligen Party, die nun eben perfekt zu den eigenen Tracks passen. Am 13. Dezember besucht sie Hamburgs neuen Elektro-Club in der Talstraße, die Villa Nova.