… je ne regrette rien.
Wenn sich der Rat der Europäischen Zentralbank am Mittwoch und Donnerstag trifft, wird sein Präsident, der Franzose Jean-Claude Trichet, ganz schön unter Druck stehen. Er war es nämlich, der auf der vergangenen Sitzung das Gremium fast gezwungen hat, sich klar gegen eine Zinserhöhung im Mai auszusprechen. Jetzt hat er den Salat. Denn seither gab es so gut wie keine Daten, die gegen weitere Zinserhöhungen sprechen würden. Im Gegenteil: Stimmungsindikatoren, Geldmengenwachstum und Inflation überraschten am oberen Rand der Schätzungen. Nur die Arbeitslosigkeit, ein Indikator, der den Herren Notenbankern nicht als erstes einfällt, baute sich etwas langsamer ab, als erwartet.
Aber Trichet wollte im April ein Zeichen gegen die überbordende Markterwartung setzen. Ihm ging die Erwartungen der Händler und Analysten zu weit, die noch ganz viele Zinsschritte eingepreist hatten. Zudem hätten ihn „Market News“ geärgert, heißt es in Frankfurter Notenbankzirkeln. Market News ist ein kleines Team, das sich auf Nachrichten aus Notenbankerkreisen spezialisiert hat und damit Geld verdient. Irgendwo scheint Market News im Eurotower oder bei der Bundesbank eine sprudelnde Quelle zu besitzen, heißt es. Diese Quelle oder gar Quellen, die niemals zitiert werden, sind harte Burschen, die immer gerne die Zinsen erhöhen wollen. Also zitiert Market News diese Quellen und treibt damit die Erwartungen der Marktteilnehmer noch weiter nach oben. Auch Market News sollte bestraft werden.
So weit, so gut. Jetzt kann Trichet nur hoffen, dass ihm seine Kollegen nicht allzu sehr aufs Korn nehmen. Denn die zwölf nationalen Notenbanker, wie der Deutsche Axel Weber, der Österreicher Klaus Liebscher, oder der Franzose Christian Noyer, sind alles kleine Götter, die sich sehr ungern von Trichet etwas vorschreiben lassen. Trichet kann nun entweder Piaff summen und die Prügel einstecken, oder eine Vorwärtsstrategie entwickeln. Sie sähe wie folgt aus: Die EZB hört endlich auf, überall „up-side“-risks zu identifizieren sondern schlägt moderatere Töne an und nimmt das ganze Bild in den Blick. Sie verweist darauf, dass sich die Finanzierungsbedingungen seit der ersten Zinserhöhung im Dezember bereist deutlich eingetrübt haben. So sind zum einen die langfristigen Zinsen um mehr als einen halben Prozentpunkt gestiegen und liegen jetzt bei 4 Prozent. Der Dollar hat sich gerade in den jüngsten Tagen erheblich abgeschwächt und notiert jetzt bei rund 1,27 Dollar je Euro. All das wirkt bremsend auf die Konjunktur, hinzu kommt der Ölpreis, der auf Rekordniveau notiert. Rasche Zinserhöhungen der EZB braucht Euroland nicht. Es reicht, wenn es gemächlich geht mit einem kleinen Zinsschritt alle paar Monate. Wenn Trichet dieser Sprung gelänge, dann zöge ich meinen Hut. Dann könnte sich die EZB allmählich von ihrem Fluch des „too little, too late“ und im Aufschwung „too much, too early“ lossagen. Dann endlich würde auch die EZB eine moderne Notenbank, mon dieu!
Meine Einschätzungen zu den Marktspekulationen, die mit einer kleinen Wahrscheinlichkeit dennoch auf einen Zinsschritt im Mai setzen, bzw. auf einen großen, um 50 Stellen im Juni: beides ist unwahrswcheinlich. Ich glaube, die EZB erhöht im Juni um 25 Stellen, auf dann 2,75 Prozent. Und das nächste mal nach der Sommerpause, wenn dann das konjunkturelle Umfeld immer noch so rosig ist, und der Dollar noch nicht bei 1,40 Dolla je Euro steht.