Offenbar haben wir es für die Wirtschaftspolitiker nur dann mit einer Rezession zu tun, wenn die Zuwachsrate des realen BIP im Vorjahresvergleich ein negatives Vorzeichen hat. Der Internationale Währungsfonds hat gerade vorhergesagt, dass Euroland in diesem und nächsten Jahr um 1,3 Prozent und 1,6 Prozent expandieren wird (Deutschland um 0,7 Prozent und 1,7 Prozent). Das deckt sich vermutlich mit den internen Prognosen der EZB. Danach haben wir es lediglich mit etwas schwächerem Wachstum zu tun. Gegen eine Rezession sprächen die nach wie vor rasche Zunahme der Beschäftigung – zuletzt 1,3 Prozent im Vorjahresvergleich, auf 160 Mio Erwerbstätige – , der kräftige Anstieg des durchschnittlichen Haushaltsvermögens infolge steigender Immobilienpreise, Aktienkurse und Bondpreise, die robuste Baunachfrage und der stabile Dienstleistungssektor, sowie die neuerdings leicht expansive Fiskalpolitik. Ein Problem, so Draghi am Donnerstag, gäbe es in Ländern wie Deutschland und Italien, in denen das verarbeitende Gewerbe ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Hier habe man es aber mit einem „idiosynkratischen Schock“ zu tun, als Folge der Sonderfaktoren „Trump“ und „Brexit“, die den internationalen Handel und die Unternehmensinvestitionen beeinträchtigen. Weiter„Draghi erwartet keine Rezession, hat aber Angst davor“
Von draußen betrachtet sieht der Versuch der EZB, die Inflationsrate auf die Zielmarke von knapp unter zwei Prozent oder darüber hinaus zu hieven, wie verlorene Liebesmüh‘ aus.
Es hat nicht geklappt, obwohl die Geldpolitik extrem expansiv ist. Das Bilanzvolumen des Eurosystems hat sich in den vergangenen 12 Jahren knapp vervierfacht, während die Leitzinsen schon seit Anfang 2016 bei 0% beziehungsweise -0,4% liegen, also fast so niedrig sind wie es überhaupt nur geht. Weiter„EZB kann es allein nicht schaffen“
Am Donnerstag wird die EZB ihre neuen Prognosen für Wachstum und Inflation vorstellen. Wie Gerald Braunberger von der FAZ vor einigen Tagen mit Bezug auf einen Blogbeitrag von Zsolt Darvas vom Brüsseler Thinktank Bruegel geschrieben hat, wurden die Inflationsraten in der Vergangenheit tendenziell überschätzt, der Rückgang der Arbeitslosigkeit dagegen systematisch unterschätzt.
Es kann wieder passieren. Dabei haben insbesondere Fehler bei der Voraussage der Inflation erhebliche Folgen für die Geldpolitik, vor allem die Leitzinsen, und damit für die Konjunktur, die Wechselkurse und unser Wohlergehen allgemein. Zuletzt wurde erwartet, dass sich die Inflationsraten in der näheren Zukunft dem Ziel von knapp zwei Prozent annähern werden. Damit lässt sich rechtfertigen, die Nettoankäufe von Bonds jetzt auslaufen zu lassen und mehr oder minder deutlich anzukündigen, dass die Zinsen nach dem kommenden Sommer steigen werden. Die EZB zieht die Zügel an, weil es konjunkturell gut läuft und sich die Inflation dahin bewegt, wo sie auf Dauer hingehört.
Wer’s glaubt! Immer wieder hat die EZB mit ihren Inflationsprognosen danebengelegen. Irgendwann wird es zwar wieder deutlich höhere Inflationsraten geben – aber nicht in der näheren Zukunft, behaupte ich mal. Weiter„EZB: Löhne und Kerninflation werden kräftiger steigen“
Am Donnerstag hat die EZB das Ende des Bond-Ankaufprogramms verkündet, außerdem ihre Absicht, die Leitzinsen bis Ende des Sommers 2019 unverändert zu lassen, also bei ihrer Nullzinspolitik und der sehr expansiven Geldpolitik zu bleiben. Von Oktober 2014 bis Ende Dezember 2018 wird sie dann netto Anleihen in Höhe von 2,6 Billionen Euro erworben und ihre Bilanz von zwei Billionen auf etwa 4,7 Bill. Euro verlängert haben. Sie musste das tun, denn wenn die Zinsen einmal an der Nullgrenze angekommen sind, gibt es praktisch keinen Spielraum mehr für weitere Senkungen. An dem Punkt müssen andere Instrumente ins Spiel gebracht werden, wenn die expansive Ausrichtung der Geldpolitik beibehalten werden soll, wenn also das Ziel einer Inflationsrate von dauerhaft knapp unter zwei Prozent weiter verfolgt wird. Die neuen Instrumente der EZB waren zum Einen das Ankaufprogramm von Aktiva (das Asset Purchasing Programme APP auch Quantitative Easing QE genannt) sowie klare Aussagen über die künftigen Leitzinsen (forward guidance). Weiter„Das Bond-Ankaufprogramm der EZB läuft aus – insgesamt eine erfolgreiche Strategie“
Am Donnerstag gab es die neuen Prognosen der EZB-Ökonomen. Die Wachstumsrate für 2018 wurde im Vergleich zum letzten Dezember um einen Zehntelprozentpunkt auf 2,4 Prozent angehoben. In den beiden Folgejahren soll es dann bei den Werten der früheren Prognose bleiben, nämlich bei 1,9 und 1,7 Prozent. Insgesamt ist die konjunkturelle Lage sehr erfreulich. Trotz des kräftigen Anstiegs der Produktion dürfte es laut EZB weder in diesem noch im nächsten Jahr Kapazitätsengpässe geben, was sich daran ablesen lässt, dass sich die Inflation erst im Jahr 2020 beschleunigen wird, von jeweils 1,4 Prozent in den Jahren 2018 und 2019 auf dann 1,7 Prozent. Das wäre immer noch etwas unterhalb der EZB-Zielmarke von knapp unter zwei Prozent, würde aber eine „Normalisierung“ der Geldpolitik erlauben, wenn, ja wenn sich die Kerninflation bis dahin nachhaltig von dem 1-Prozent-Niveau entfernt hat, auf dem sie sich seit nunmehr fünf Jahren bewegt. Ich übersetze hier Mario Draghis Begriff „underlying inflation“ mangels eines genau passenden deutschen Wortes mit „Kerninflation“, also die Inflationsrate ohne die volatilen Komponenten Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak. Weiter„Die EZB gibt weiter Gas“
Von den finanziellen Verbindlichkeiten des deutschen Staates, wie sie die OECD zuletzt berechnet hat – brutto 2,4 Billionen Euro und netto 1,25 Billionen Euro in diesem Jahr – befanden sich Ende September 2017 426 Mrd. Euro in den Büchern des Eurosystems. Dessen Bond-Ankaufprogramm bedeuten wirtschaftlich, dass der deutsche Staat in dieser Höhe indirekt bei sich selbst verschuldet ist. Durch diese Maßnahmen hat sich nicht nur der Umlauf an Wertpapieren am Markt, sondern per saldo auch der Schuldendienst deutlich vermindert. Die Zinsen, die auf die Schulden zu zahlen sind, kommen nämlich ganz oder teilweise als Erträge des Eurosystems über die Bundesbank an den deutschen Fiskus zurück. Allerdings sind die Zinsen, die der Schuldner „Deutschland“ zurzeit zahlt, äußerst gering, so dass die Zinserträge de facto ebenfalls sehr niedrig sind und die Bundesbank zudem wegen der Abschreibungen auf die über pari gekauften Anleihen sogar einen kleinen Verlust ausweist. Weiter„Die EZB – eine Freundin des deutschen Steuerzahlers“
Fast zwei Jahre nach der ersten Erhöhung des Leitzinses hat Janet Yellen, die Chefin der amerikanischen Notenbank, am Mittwoch angekündigt, dass der Prozess weitergehen wird. Bis Ende 2018 dürfte die Fed Funds Rate noch viermal angehoben werden und dann vermutlich 2 – 2,25 Prozent erreichen. Das ist ein Prozentpunkt höher als heute. Für Yellen ist es angesichts der robusten Konjunktur nur eine Frage der Zeit, bis endlich auch die Inflation anspringt. Dass sich weder die Inflation noch die Inflationserwartungen bisher nachhaltig in Richtung auf das Ziel von zwei Prozent zubewegen, sollte kein Grund sein, untätig zu bleiben. Sie gab sich betont gelassen: Warum sollten Vollbeschäftigung und immer besser ausgelastete Kapazitäten es nicht auch diesmal ermöglichen, Löhne und Preise wieder stärker anzuheben? Die Inflation wird schon kommen. Weiter„Fed zieht die Zügel weiter an – wenn auch nur sehr sanft“
Nach fast neun Jahren rückläufiger Leitzinsen wird es Zeit für eine Kehrtwende.
Die Marktteilnehmer glauben allerdings nicht daran: An den Terminmärkten wird erwartet, dass der Einlagezins bei der EZB, der seit März 2016 bei minus 0,4 Prozent liegt, den Negativbereich erst im Sommer 2019 verlassen wird. Das entspricht den Aussagen von Mario Draghi und seiner Kollegen. Sie betonen immer wieder, wenn auch zuletzt mit etwas weniger Überzeugungskraft, dass die Zinsen für lange Zeit niedrig bleiben werden. Also noch zwei Jahre? Weiter„EZB sollte die Zinsen erhöhen“