Am heutigen Donnerstag kamen die detaillierten Zahlen zum deutschen Sozialprodukt im vierten Quartal. Es gab eine Menge Überraschungen, etwa dass die inländische Verwendung real und saisonbereinigt um nicht weniger als 1,3 Prozent gegenüber dem dritten Quartal gesunken war (gesunken!). Die Inlandsnachfrage (ohne Vorratsveränderungen) hat nur wenig zu den 0,9 Prozent, um die das Inlandprodukts (BIP) im 4. Quartal angestiegen ist, beigetragen. Im Wesentlichen ist das Wachstum auf die starke Zunahme des Außenbeitrags zurückzuführen. Aber wer hätte gedacht, dass die Bauwirtschaft inzwischen richtig in Fahrt gekommen ist?
Die Aktienspekulanten hatten offenbar einen guten Riecher – von Mitte 2006 bis heute haben sie die Kurse von Hochtief und Bilfinger Berger um jeweils mehr als 70 Prozent in die Höhe getrieben.
Der Bau hatte für ein ganzes Jahrzehnt die Konjunktur gebremst, nachdem es in den Jahren nach der Wiedervereinigung zu einem staatlich stimulierten Boom gekommen war, der in sich zusammenbrach, als deutlich wurde, dass viele Projekte wirtschaftlich keine Existenzberechtigung hatten. Wieder einmal hatte sich herausgestellt, dass gut gemeinte Politikerstrategien den marktwirtschaftlichen Lenkungsprozess nicht ersetzen konnten.
Glücklicherweise gehören die Schieflagen der Hypothekenbanken, die Entlassungen von Vorständen, das Abwickeln von Steuersparmodellen, bei denen die Verbraucher nur draufgezahlt hatten, ebenso wie die Pleite- und Entlassungswellen im Bau der Vergangenheit an. Teuer genug war diese Episode. Sie war im übrigen auch eine wesentliche Ursache dafür, dass Deutschland angesichts der mickrigen Wachstumsraten und der hohen Arbeitslosigkeit, für die sie mitverantwortlich war, bis vor kurzem als der kränkste Mann in einem ohnehin sklerotischen Europa galt.
Von der Spitze in den Jahren 1994 bis zum Tiefpunkt im Jahr 2005 hatten sowohl die reale Wertschöpfung der Bauwirtschaft als auch die Anzahl der Jobs um mehr als ein Drittel abgenommen. Preiserhöhungen oder Mietsteigerungen waren lange Jahre praktisch nicht mehr möglich.
Inzwischen sind Angebot und Nachfrage am Bau wieder einigermaßen im Gleichgewicht. Es hat sich offenbar ein beträchtlicher Nachholbedarf aufgestaut, der Arbeitsmarkt sieht wieder freundlicher aus, und die Hypothekenzinsen bewegen sich immer noch in der Nähe ihrer historischen Tiefstände. Der Output nimmt wieder zu, die Beschäftigung und die Stundenlöhne stagnieren dagegen auf niedrigem Niveau, so dass die Gewinne der Bauunternehmen zügig steigen.
Im vierten Quartal lag die Wertschöpfung im Baugewerbe real um 8,1 Prozent über ihrem Vorjahreswert und um 11,7 Prozent über dem ersten Quartal 2005, dem konjunkturellen Wendepunkt in der Branche. Die realen Auftragseingänge hatten mit ähnlichen Raten zugelegt, was darauf hindeutet, dass sie sehr schnell umgesetzt werden konnte, was angesichts der unterausgelasteten Kapazitäten auch nicht weiter überrascht.
Den Bauunternehmen dürfte besonders gefallen, dass die Preise wieder anziehen – der Deflator der Bauausgaben übertraf im vierten Quartal seinen Vorjahreswert um nicht weniger als 4,7 Prozent. Muss man sich langsam mal beeilen, wenn man noch preiswert bauen will?
Insgesamt legt der Bau zur Zeit ein eindrucksvolles Comeback hin. Da auf ihn 10,5 Prozent der inländischen Verwendung des Bruttoinlandsprodukts entfallen, kann man berechtigterweise davon ausgehen, dass der Aufschwung an Breite gewonnen hat und offenbar eine Eigendynamik entwickelt. In den letzten vier Quartalen ist das BIP real mit einer Rate von 3,7 Prozent gestiegen.
Es könnte so weitergehen, zumal der Euro weiterhin auf der Stelle tritt und die Weltwirtschaft keine Anzeichen von Schwäche zeigt. Die Inlandsnachfrage, die, wie eingangs erwähnt, zuletzt überraschend gesunken war, könnte von nun an den Staffelstab von der Exportwirtschaft übernehmen, wenn es denn nötig werden sollte. Es ist fast immer so, dass die Konsumausgaben sehr hoch korreliert sind mit der Baukonjunktur. Das gibt Anlass zu den schönsten Erwartungen.