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Deutsche Konjunktur behauptet sich

 

Nach den jüngsten Umfragewerten könnte man Angst bekommen, was die nähere wirtschaftliche Zukunft angeht. Die Zahlen für das zweite Quartal, die heute früh vom Statistischen Bundesamt und der Bundesbank veröffentlicht wurden, sind aber nach wie vor erfreulich. Das gilt auch für den Arbeitsmarkt.

Die Verbraucher sind allerdings ziemlich verunsichert. Warum, ist mir nicht ganz klar. Es kann weder an der Entwicklung ihrer Einkommen noch an der Verfügbarkeit von Jobs liegen. Im Frühjahrsquartal war der Private Verbrauch, der 57,1 Prozent des nominalen BIP ausmacht, gegenüber dem ersten Quartal real mit einer (Verlaufs-) Rate von nicht weniger als 2,6 Prozent gesunken! Dabei hatte sich das Arbeitnehmerentgelt nominal, also einschließlich der Geldentwertung, im selben Zeitraum um mehr als 6 Prozent erhöht. Auch nach Abzug der Inflationsrate bleibt noch ein starker Anstieg.

Am Arbeitsmarkt könnte es zudem nicht besser aussehen. Die Anzahl der Erwerbstätigen lag im Juli, neuere Zahlen gibt es nicht, um 1,3 Prozent über ihrem Vorjahreswert und um frappierende 1,6 Prozent über dem bisherigen konjunkturellen Höchstwert vom Februar 2009. Keines der größeren Industrieländer kommt auch nur in die Nähe solcher Werte. In den USA krebst die Beschäftigung immer noch um 4,5 Prozent unter ihrem zyklischen Hoch! Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (zur Zeit 69,2 Prozent der 41,118 Millionen Erwerbstätigen) ist die Lage sogar noch erfreulicher: Zuletzt waren 2,5 Prozent mehr Menschen in Brot und Arbeit als vor einem Jahr.

Es muss an den schlechten Nachrichten über die Schuldensituation in einigen Ländern des Euro-Raums liegen, vor allem nachdem nun die beiden Schwergewichte Italien und Spanien in die Schusslinie der Märkte geraten sind. Die Rettung der vielen Wackelkandidaten könnte teuer werden und jagt den deutschen Steuerzahlern offenbar Angst ein. Vielleicht denken die Verbraucher auch, dass es mit dem exportgetriebenen Wachstum bald vorbei sein könnte, nachdem die Prognosen für das globale Sozialprodukt ständig nach unten korrigiert werden.

Das kommt mir sehr irrational vor. Die europäische Schuldenkrise kann nur durch eine kräftige Zunahme der Nachfrage in den Ländern gelöst werden, die finanziell einigermaßen gesund dastehen. Im Grunde hält der deutsche Verbraucher hierbei den Schlüssel in der Hand. Was muss geschehen, damit er ihn endlich ins Schloss steckt und rumdreht?

Für die Unternehmer im Produzierenden Gewerbe sieht die Welt immer noch freundlich aus. Die Ausrüstungsinvestitionen übertrafen im zweiten Quartal ihren Vorjahresstand real um 11,8 Prozent. Wann hat es das zuletzt gegeben? Die Wettbewerbssituation könnte besser nicht sein, was sich vor allem an den Lohnstückkosten zeigt, die seit zehn Jahren de facto stagnieren, sowie an den realen Auftragseingängen, die auch zuletzt gegen den globalen Trend zügig gestiegen sind und real um etwa zwölf Prozent höher waren als vor einem Jahr. Die Pipeline ist also gut gefüllt.

Auch vom Außenhandel her gibt es keine Signale, dass es schon bald mit der Herrlichkeit vorbei sein könnte. Im letzten Vierteljahr hatten sich die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen real mit einer Verlaufsrate von 9,2 Prozent erhöht. Noch dynamischer entwickelten sich allerdings die Einfuhren (+13,5 Prozent). Ein ungewohntes Bild: Deutschland als Konjunkturlokomotive für den Rest der Welt. So sollte es sein! Ob es dabei bleiben wird, ist eine andere Frage angesichts der miserablen Kauflaune der Verbraucher. Insgesamt profitiert unsere Wirtschaft von der relativen Schwäche des Euro und der nach wie vor guten, wenn auch nicht mehr ganz so guten Konjunktur in Asien und Lateinamerika. Alle wollen deutsche Autos fahren!