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Arbeitsmarktzahlen zeigen: Das Rentenproblem ist lösbar

 

Wenn ich mir die Arbeitsmarktzahlen, die eben veröffentlicht wurden, anschaue, kann ich nur staunen. Alle Frühindikatoren sind im Sinkflug, am Arbeitsmarkt aber brummt es immer noch. Ich weiß, der Arbeitsmarkt reagiert immer mit Verspätung auf konjunkturelle Wendepunkte. Die Arbeitslosenquote ist im September saisonbereinigt auf 6,9 Prozent gefallen – sie lag im März 2005 noch bei 12,1 Prozent, das ist ja gar nicht so lange her. In den Rezessionsjahren 2008 und 2009 war das reale Sozialprodukt insgesamt um 6,8 Prozent eingebrochen (Q1 2008 bis Q1 2009), so stark wie seit Menschengedenken nicht mehr, die Quote war jedoch lediglich von 7,6 auf 8,3 Prozent gestiegen. Zurzeit sind 2,922 Millionen Menschen ohne Job; das sind 232.000 weniger als vor Jahresfrist.

Grafik: Beschäftigte und   Arbeitslose in Deutschland

Der Rückgang der Quote hat übrigens nichts damit zu tun, dass sich immer mehr Menschen vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben, etwa weil sie die Jobsuche für aussichtslos halten. Das eigentliche Wunder ist nämlich die Beschäftigung. Sie übertraf im August ihren Vorjahreswert um 1,3 Prozent oder 514.000 Personen, lag um 2,1 Prozent über dem konjunkturellen Tiefpunkt vom Juli 2009 und sogar um 1,7 Prozent über dem konjunkturellen Höchstwert vor der Rezession.

Dabei liefern die Zahlen keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Einzelnen weniger Stunden ableisten und dafür mehr Leute eingestellt werden. Nein, in der Industrie ist die durchschnittliche Stundenzahl je Beschäftigten per Saldo genauso rasch gestiegen wie die Anzahl der Beschäftigten selbst. Nur während der Rezession gab es etwa ein halbes Jahr lang eine Abkoppelung. Die konjunkturell bedingte Kurzarbeit ist übrigens fast verschwunden, nachdem es im Krisenjahr 2009 einen Höchstwert von 1,4 Millionen gegeben hatte. Erfreulich ist auch, dass die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze deutlich rascher zunimmt als die Beschäftigung insgesamt. Es lässt sich nicht belegen, dass wir es zurzeit mit einer Scheinblüte zu tun haben, also vorwiegend mit einer überproportionalen Zunahme der Billigjobs.

So richtig gut sieht es am Arbeitsmarkt allerdings immer noch nicht aus. Davon würde ich sprechen, wenn es, wie einst in den sechziger Jahren, mehr offene Stellen gäbe als Arbeitslose. Zuletzt kamen auf ein Jobangebot, das den Arbeitsämtern vorlag, immer noch sechs Arbeitsuchende. Der Kampf ist noch nicht gewonnen. Wir sind nach wie vor weit entfernt von Vollbeschäftigung wie sie etwa in der Schweiz herrscht – dort liegt die Arbeitslosenquote bei 3 Prozent.

Grafik: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland

Wenn der Arbeitsmarkt sich weiter im bisherigen Tempo verbessert, brauchen wir uns vorläufig keine, oder nur wenig Sorgen um unsere Sozialrenten zu machen. Deren Höhe hängt in unserem Umlagesystem („pay as you go“) davon ab, wie viele Menschen in die Sozialversicherungen einzahlen. Während die Bevölkerung mehr oder weniger stagniert, ist die Anzahl der Einzahler seit einigen Jahren wieder kräftig gestiegen – von Juli 2007 bis Juli 2011 beispielsweise um 5,7 Prozent. Es wird Probleme geben, aber noch sieht es danach aus, als könnten sie gelöst werden. Es gibt keinen Grund, aus Angst vor dem Tode Selbstmord zu begehen.