Traditionelle Anlagen wie Bundesanleihen oder US Treasuries, die bisher in jedes gut sortierte Portefeuille gehörten und vor allem auch bei Versicherungen und Pensionskassen beliebt waren, sind inzwischen sehr teuer geworden. Angesichts von Renditen von weniger als zwei Prozent bieten sie noch nicht einmal mehr einen Ausgleich für die Geldentwertung. Das zeigt, welche Panik an den Rentenmärkten herrscht, wie sehr die Anleger auf Sicherheit bedacht sind. Es zeichnet sich nämlich noch nicht ab, ob, wann und wie die globale Finanzkrise überwunden werden kann. Den Wirtschaftspolitikern fehlt ein überzeugendes Konzept – übrigens auch den Ökonomen – und es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu Entwicklungen wie in Japan kommt. Dort liegen die Aktienkurse nur bei einem Fünftel der Werte, die sie bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten erreicht hatten, und die zehnjährigen Bondrenditen sind auf 0,98 Prozent gefallen. In der Schweiz sind sie sogar auf 0,65 Prozent abgestürzt. Deutsche Bundespapiere im Laufzeitenbereich bis etwa ein Jahr haben derweil negative Zinsen!
Aktien von Unternehmen, die aufgrund ihrer Marktstellung aller Voraussicht nach immer in der Lage sein werden, eine auskömmliche Dividende zu zahlen, haben sich daher zu konservativen Alternativen gemausert. Auch viele Unternehmensanleihen gehören jetzt in diese Kategorie. Anleihen von Banken allerdings noch nicht, ebenso wenig wie Bankaktien. Die Bankenkrise ist nämlich noch keineswegs ausgestanden. Es besteht offenbar noch ein erheblicher Abschreibungsbedarf: Bei vielen multinationalen Instituten liegen die Aktienkurse bei weniger als der Hälfte der Buchwerte!
Insgesamt ist der Ausblick für die Weltwirtschaft nicht so negativ, wie es scheinen könnte, wenn man nur die Nachrichten aus den OECD-Ländern verfolgt. China, dessen nominales BIP vermutlich bereits im Jahr 2018 das der USA erreicht haben dürfte, expandiert weiterhin kräftig, ebenso wie die Mehrzahl der Schwellenländer. Sie sind allesamt finanziell sehr gesund und haben beim BIP pro Kopf noch einen gewaltigen Aufholbedarf. Sie dürften auch im schwierigen Jahr 2012 noch mit einer Rate von 4,5 Prozent zulegen. Das wiederum dürfte verhindern, dass die Rohstoffpreise noch einmal so einbrechen wie im Jahr 2008.
Auch Deutschland hat bisher keine Probleme. Da es keine Blasen gab, die hätten platzen können, gibt es auch keinen Grund, forciert Schulden abzubauen und Ausgaben einzuschränken. Die niedrigen Zinsen und der schwache Euro sind genau das, was das Land braucht. Jetzt müssten nur noch die Löhne kräftiger steigen – dann wäre unsere Wirtschaft doch glatt die Konjunkturlokomotive Europas und es wäre nicht so schlimm, wenn in den anderen Ländern des Euroraums eine pro-zyklische Finanzpolitik betrieben wird. Es wäre fast zu schön!
Eine ausführliche Analyse der wirtschaftlichen Lage nach fast viereinhalb Jahren Finanzkrise und der Risiken und Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:
Wermuth’s Investment Outlook – January 2012*) (pdf, 302 KB)
*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)