Politik bedeutet, Entscheidungen zu treffen. Wir leben nicht im Schlaraffenland. Was genau also soll die Europäische Zentralbank nach Meinung derjenigen tun, die die vermeintliche Enteignung – bei 1,7 Prozent risikolose Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen und 20 Prozent, etwas riskanter, auf Aktien – des deutschen Sparers anprangern?
Vielleicht hilft ja ein Blick ins Grundgesetz. Da steht nämlich:
Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank. Ihre Aufgaben und Befugnisse können im Rahmen der Europäischen Union der Europäischen Zentralbank übertragen werden, die unabhängig ist und dem vorrangigen Ziel der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet.
Steht da irgendetwas von den deutschen Sparguthaben? Eben! Die Aufgabe der EZB ist es, das gesamtwirtschaftliche Angebot und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage so auszutarieren, dass Geldwertstabilität gewährleistet ist. Geldwertstabilität wiederum ist definiert als eine Inflationsrate von „nahe, aber unter zwei Prozent“ in mittlerer Frist.
Man kann sich auch andere Zieldefinitionen vorstellen, aber dann muss die Regel offiziell geändert werden. Das sollten eigentlich gerade Ordoliberale verstehen können, die sonst immer auf Einhaltung aller möglichen Regeln drängen.
Wie auch immer: Dieses Ziel wird bei einer Inflationsrate von derzeit 0,7 Prozent nicht eingehalten und nach allen derzeitigen Prognosen wird es auch in den kommenden beiden Jahren nicht eingehalten werden. Und was macht eine Zentralbank, wenn sie die ihr aufgetragenen Ziele nicht erreicht? Sie setzt den Zins so, dass sie erreicht werden. In diesem Fall bedeutet das eine Zinssenkung.
Was das für den deutschen Sparer oder das deutsche Gaststättengewerbe oder den Hund des Notenbankpräsidenten bedeutet ist VOLLKOMMEN irrelevant. So einfach ist das. Und wer will, dass sich Jens Weidmann zum Anwalt der Sparer macht, der fordert ihn zum Verfassungsbruch auf.
Ich sammle übrigens schon Material für den Fall, dass die Inflation einmal über zwei Prozent steigt.