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Was kostet uns der Grexit?

 

Für die Kanzlerin scheint die Sache klar: Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion sei für den Bundeshaushalt verkraftbar, sagte sie, als sie diese Woche gemeinsam mit Sigmar Gabriel vor die Presse trat.

Und in der Tat: Die unmittelbaren Etatrisiken sind begrenzt, weil die jährlichen Zinszahlungen niedrig sind und die Tilgung der Schulden aus dem ersten und dem zweiten Rettungspaket erst ab 2020 beginnt. Entsprechend müssen Zahlungsausfälle auch dann erst verbucht werden – und das gilt auch für Verluste der staatseigenen KfW, die die Kredite im Rahmen des ersten Programms ausreichte.

Aber wie es so schön heißt: There is no free lunch. Auch wenn das Geld erst in der Zukunft nicht gezahlt wird – es ist trotzdem weg. Um welche Summen es geht, zeigt dieser offizielle Tilgungsplan.

Bildschirmfoto 2015-06-30 um 23.42.44 Von 2020 an werden also jedes Jahr rund 5 Milliarden Euro fällig – und die Beträge werden im Laufe der Zeit sogar größer. Für etwa ein Drittel des Betrags muss Deutschland einstehen. Das wird das Land nicht umbringen, aber dafür kann man einige Kitas – oder dann Altersheime – bauen.

Hinzu kommt ein weiterer Posten. Denn wenn Griechenland wirklich die Währungsunion verlässt, muss auch die Europäische Zentralbank (EZB) Verluste tragen. Denn erstens schuldet der griechische Staat auch der EZB Geld, weil die Notenbank griechische Staatsanleihen aufgekauft hat. Und zweitens würden bei einem Grexit die Forderungen aus den Refinanzierungsgeschäften mit griechischen Banken fällig gestellt werden müssen.

Die Deutsche Bank beziffert die insgesamt anfallenden Verluste auf  rund 110 Milliarden Euro (für den Fall, dass die Griechen den Schuldendienst komplett einstellen). Damit würde das Eigenkapital der Notenbank weitgehend aufgezehrt werden. Nun ist eine Notenbank keine Geschäftsbank und kann auch mit negativem Eigenkapital operieren.

Doch schon um ihren Ruf nicht zu schädigen, wird die EZB das nicht tun. Sie wird also weniger Gewinne an die nationalen Notenbanken ausschütten und damit kann auch die Bundesbank weniger Geld an den Finanzminister überweisen. Wahrscheinlich würde der Bundesbankgewinn – bisher stets ein willkommener Zuschuss für den Haushalt (allein in diesem Jahr belief er sich auf knapp 3 Milliarden Euro) – für einige Jahre sogar komplett ausfallen. Und sehr wahrscheinlich wäre das nicht erst ab 2020 der Fall.

Die schwarze Null ist also wohl nicht in Gefahr, wenn die Griechen nächste Woche nicht mehr Mitglied der Währungsunion sind. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass der Grexit nichts kostet – von möglichen indirekten Kosten durch Ansteckungsgefahren oder weniger Exporte nach Griechenland einmal abgesehen – wäre aber falsch.

Anmerkung: In einer früheren Version dieses Beitrags wurden die Angaben aus dem Tilgungsplan fälschlicherweise in ihrer Gesamtheit auf den deutschen Haushalt bezogen. Das ist nicht korrekt, weil Deutschland nur für einen Teil der Beträge haftet.