An dieser Stelle habe ich mehrmals darauf hingewiesen, dass eine Verlängerung von Kreditlaufzeiten oder eine Stundung der Zinsen, insofern sie den Barwert einer Forderung reduziert, nichts anderes ist als ein Schuldenschnitt durch die Hintertür.
Das sieht man im Finanzministerium offenbar ähnlich, jedenfalls wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass man ein solches Vorgehen rechtlich ebenfalls für – vorsichtig formuliert – problematisch halte, weil es gegen das Nichtbeistandsgebot im EU-Vertrag verstoße.
Nur: Einen solchen verdeckten Schuldenschnitt hat es bereits gegeben. Im Jahr 2012. Und mit ausdrücklicher Zustimmung auch des deutschen Finanzministeriums. Damals wurden die Zinsen gesenkt und die Laufzeiten gestreckt und der ESM lässt in seinem Jahresbericht (S. 29f.) keinen Zweifel daran, was der Sinn dieser Operation war:
Die griechische Schuldenlast sollte also reduziert werden, und das ist demnach auch gelungen.
Die griechische Schuldenlast wurde also in einer Barwertbetrachtung um 49 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung des Jahres 2013 reduziert.
Die Frage also ist: Warum ist, was damals möglich war, heute nicht mehr möglich? Hat man damals auch schon gegen die Verträge verstoßen, und ist das mit Billigung der Bundesregierung geschehen? Oder geht es in Wahrheit nicht um die Verträge, sondern nur darum, eine Schuldenerleichterung für Griechenland zu verhindern, weil man doch den Grexit will? Oder gibt es einen Punkt, an dem Quantität in Qualität umschlägt und ein heimlicher Schuldenschnitt juristisch in einen offensichtlichen umschlägt?
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