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Apple könnte bald Daimler übernehmen

 

Im Vorfeld der IAA, die diese Woche in Frankfurt eröffnet wird, geht ein Gerücht um: Mercedes oder BMW könnten demnächst Hardware-Zulieferer für Apple oder Google werden. Ein Auto zu bauen, ist nicht mehr schwer, wie das Beispiel Tesla zeigt. Schon bald dürfte der Anteil der Elektronik bei neuen Autos auf die Hälfte der Wertschöpfung steigen, später auf mehr, der Rest ist Mechanik und Old Economy. Ich übertreibe nur wenig. Für die selbstfahrenden Autos und Lastwagen, die es in einigen Jahren auf unseren Straßen geben wird, wird die Qualität der Elektronik ein entscheidender, vielleicht der entscheidende Wettbewerbsfaktor sein. Es liegt daher nahe, dass sich die großen Softwarefirmen neuerdings für die Autohersteller interessieren. Sogar Uber könnte seinen Hut in den Ring werfen.

An Geld wird es nicht mangeln. Der Marktwert der amerikanischen Software-Riesen ist um ein Vielfaches größer als der der deutschen Autobauer. Die hohen Kurs-zu-Buchwert-Zahlen zeigen, dass sie zu den Favoriten der Anleger gehören und daher jederzeit durch Kapitalerhöhungen oder Unternehmensanleihen die nötigen Mittel beschaffen könnten.

Tabelle: Tabelle Software- und Autofirmen im Vergleich

Was sie davon abhalten könnte, Übernahmeangebote zu machen, ist die vergleichsweise schwache Ertragskraft der Autofirmen – die Aktionäre von Apple oder Google fänden es vermutlich nicht gut, wenn die eigene Ertragskraft durch eine Fusion verwässert würde. Konglomerate sind oft der Anfang vom Ende. Das Problem ließe sich dadurch lösen, dass die Acquisition weitgehend mit billigem Fremdkapital finanziert wird, also durch mehr Leverage, so wie die Banken das machen. Andererseits sind die Softwareleute nicht gerade dafür prädestiniert, die großen Belegschaften und die komplizierte Infrastruktur des Autogeschäfts profitabel zu managen, abgesehen davon, dass sie dazu auch gar keine Lust haben dürften.

Heute sind die Manager von Mercedes, Volkswagen und BMW mächtige Männer mit exorbitanten Gehältern. Sie haben das Ohr der Kanzlerin. Die neuen amerikanischen Chefs würden ihre Unabhängigkeit vermutlich drastisch beschneiden und ihren Status auf den der deutschen Chefs von Opel und Ford zurückstutzen. De facto hätten sie nicht mehr viel zu sagen. Die wichtigen Entscheidungen würden in den USA getroffen.

Weil für eine Aktienmehrheit, die für die vollständige Integration in die Struktur der Softwarefirmen nötig ist, eine beträchtliche Prämie auf den aktuellen Aktienkurs gezahlt werden muss, wären die heutigen Eigentümer die großen Gewinner und könnten daher versucht sein, einem Deal zuzustimmen. Vor allem die ausländischen Großaktionäre sind in dieser Hinsicht nicht sentimental.

Und die Belegschaften? Sie sind natürlich das Herz der Autofirmen. Ohne sie würde eine Übernahme nicht lohnen. Trotzdem wäre damit zu rechnen, dass es zu Entlassungen und zum Verkauf von Betriebsteilen kommt – der Druck, die Kosten zu reduzieren, würde wegen der Fremdfinanzierung stark zunehmen. Der Strukturwandel beschleunigt sich, die Produktivität dürfte etwas rascher zunehmen. Letztlich macht es aber nicht viel aus, wer die Firma besitzt, für die man arbeitet, solange sich der Eigentümer an die hierzulande herrschenden Spielregeln im sozialen Bereich und bei den Tarifverhandlungen hält.