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Aktien unter Druck, Bonds profitieren von neuen Deflationsrisiken

 

Die jüngsten Prognosen der internationalen Organisationen sind durchweg ganz optimistisch. Die Zuwachsrate des globalen BIP wird 2019 etwas geringer ausfallen als im Vorjahr, rund drei Prozent nach 3,3 Prozent, aber von einer Rezession kann angesichts solcher Zahlen keine Rede sein. Der starke Rückgang der Bondrenditen und Aktienkurse im Mai zeigt, dass die Anleger dem Braten aber nicht so recht trauen – sie steigen auf „sichere“ Bonds um und haben am Aktienmarkt Gewinne mitgenommen.

Der Rundumschlag von Donald Trump gegen alle Länder, die im Handel mit den USA hohe Überschüsse aufweisen, oder gegen Firmen, die Geschäfte mit dem Iran betreiben, sowie gegen chinesische Hightech-Firmen, die die Dominanz amerikanischer Marktführer infrage stellen könnten, hat schwer auf die Stimmung geschlagen. Da diese Aktionen Teile der internationalen Wertschöpfungsketten zerstören – oder zerstören können, je nachdem, wie sehr die Sache eskaliert –, werden sich Unternehmen mit Investitionen zurückhalten und erst mal abwarten. Das ist nicht gut für die Konjunktur. Inflationserwartungen sind in den vergangenen Wochen kräftig nach unten revidiert worden und die Zentralbanken können es sich vorerst nicht erlauben, die Zinsen zu erhöhen. Dazu trägt auch die jüngste Schwäche der Rohstoffmärkte bei sowie der offenbar rückläufige Welthandel.

Für Anleger, die gewisse Risiken eingehen können, bieten sich angesichts der negativen Renditen deutscher, holländischer oder Schweizer Anleihen italienische, russische und türkische Bonds an. Im Euroraum wird die Konvergenz der nationalen Renditeniveaus weitergehen.

Nach der Hausse am Aktienmarkt, die global im März 2009 begonnen hatte, zeigen sich nunmehr Alterserscheinungen. Wenn die Konjunktur zunächst einmal weiter an Fahrt verliert, vermindert das die Gewinnaussichten und damit das Kurspotenzial. Europäische Aktien sind schon längst nicht mehr billig, wenn auch nicht übermäßig teuer. Im Vergleich dazu sind amerikanische Werte richtig teuer – aber das war fast immer so und es empfiehlt sich daher nicht vorbehaltlos ein Umsteigen auf europäische oder asiatische Aktien.

An den Devisenmärkten sehe ich keine größeren Ungleichgewichte, die gefährlich werden könnten. Der Dollar ist überbewertet, wie seit Jahren schon. Bislang werden die Negativfaktoren Außenhandel und expansive Finanzpolitik problemlos ausgeglichen durch Kapitalzuflüsse in den Dollar. Der riesige Kapitalmarkt, die Rolle des Dollar als wichtigste Reservewährung und vielleicht auch die militärische Dominanz der USA machen’s möglich.

In einem kleinen Schlusskapitel meines Ausblicks zeige ich, dass die globale Ölproduktion weiter mit Raten von etwa 1,5 Prozent zunimmt, also etwa halb so rasch wie das reale BIP. Die Emission des Treibhausgases CO2 steigt sogar etwas rascher als das Ölangebot, weil viele, vor allem ärmere Länder noch stark auf die Kohle setzen. Bisher haben die alternativen Energien noch keine deutlichen Spuren in der Umweltbilanz hinterlassen. Die Lösung kann nur sein, die Verursacher der Umweltzerstörung stärker zur Kasse zu bitten.

Eine ausführliche Analyse der globalen Wirtschaftslage und den Aussichten für Aktien, Anleihen und Wechselkurse finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook: Sell in June and go away – a sensible strategy, June 2019*) (pdf, 859 KB)

*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)