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Hohe Dividenden, niedrige Bondrenditen – die Entscheidung fällt leicht

 

Der Aktienmarkt ist nicht kleinzukriegen. Inzwischen ist der Boom zehneinhalb Jahre alt. Es gab in dieser Zeit einige Rückschläge, aber sie dauerten nicht lang, weil der Optimismus ungebrochen war und gesunkene Kurse vor allem als günstige Kaufgelegenheiten betrachtet wurden, nicht als Vorboten von Schlimmerem.

Aktien sind nicht mehr billig, nachdem die Kurs-Gewinn-Verhältniszahlen an den wichtigsten Märkten die 20er Marke erreicht haben – im Vergleich zu Anleihen sind sie trotzdem nicht zu teuer. Am wichtigsten ist, dass sie im großen Ganzen mit Dividenden aufwarten können, die um 300 bis 400 Basispunkten über den Bondrenditen liegen. Zudem werden die langen Zinsen nicht mehr nennenswert zurückgehen. Vielfach sind die Zinskurven über das gesamte Laufzeitenspektrum hinweg bereits unter die Nulllinie gefallen und haben damit ihre natürliche Untergrenze erreicht. Dass es von nun an nur noch nach oben gehen kann, ist jedoch nicht ausgemacht. Nullzinsen könnten die neue Normalität sein. Nennenswerte Kursgewinne wird es an den Rentenmärkten nicht mehr geben können, so dass lediglich mit Arbitragegeschäften etwas Geld verdient werden kann. All das spricht für Aktien.

Natürlich sollten Anleger misstrauisch werden, wenn Aktien einhellig als alternativlos gesehen werden. In diesem Jahr haben die Märkte in den USA, in Japan, China und den meisten Euroländern zwischen 20 und 30 Prozent zugelegt. Schon seit 2009 war das Produkt aus Kursgewinnen und wiederangelegten Dividenden etwa zweimal so rasch gestiegen wie das nominale Sozialprodukt der zugrundeliegenden Volkswirtschaften, aber in diesem Jahr war es besonders krass. Das lässt sich nicht durchhalten.

Ich sehe zwei Arten von Risiken, die Anleger im Auge behalten müssen: zum Einen ein unerwartet geringes Wirtschaftswachstum außerhalb des Euroraums, ausgelöst durch Kapazitätsengpässe, eine Eskalation des amerikanisch-chinesischen Handelskriegs, Bankenkrisen durch größere Kreditausfälle, ein starker Anstieg von Löhnen und Preisen oder eine Wende in der Geldpolitik. Sollte sich die gegenwärtige Wachstumsschwäche in Europa und in den übrigen entwickelten Ländern zu einer richtigen Rezession auswachsen, also verbunden mit stark steigender Arbeitslosigkeit, wird es zu einem Gewinneinbruch und möglicherweise zum (überfälligen) Aktiencrash kommen.

Das andere große Risiko für die Aktienmärkte Europas ist der Wechselkurs. Die geringe Volatilität der vergangenen Jahre wird sich nicht unbegrenzt fortsetzen. Wenn sich der Euro wieder stärker bewegen sollte, wird es angesichts des niedrigen effektiven Wechselkurses und der gesunden Fundamentals eher zu einer kräftigen Aufwertung als zu einer kräftigen Abwertung des Euro kommen. Auch das würde rückläufige Gewinne und einen Einbruch der Aktienmärkte bedeuten.

Eine ausführliche Analyse der Aussichten und Risiken für Aktien und Anleihen finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook: Dividends beat bond yields – by a wide margin, November 2019*) (pdf, 755 KB)

*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)