Am Freitag gab es die neuen Preise für den deutschen Außenhandel. Sie sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen und üben damit Druck auf die nachgelagerten Stufen aus, insbesondere auch auf die Verbraucherpreise. Die Export- und Importpreise sind wichtige Frühindikatoren: Schließlich beläuft sich die Summe aus Ausfuhren und Einfuhren von Waren auf rund 2,2 Billionen Euro im Jahr – zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt beträgt etwas mehr als drei Billionen Euro. Für Euroland insgesamt geht es in dieselbe Richtung, nur gibt es da bislang keine neueren Zahlen.
Für die EZB rückt die Zinswende näher. Am Rentenmarkt, also am langen Ende der Zinskurve, fand sie bereits vor einem halben Jahr statt. Seitdem sind die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen um 65 Basispunkte auf 0,46 Prozent gestiegen (sind real damit immer noch weit im negativen Bereich).
Im Dezember übertrafen die deutschen Ausfuhrpreise ihren Vorjahreswert nur um 1,0 Prozent – im Verlauf der letzten sechs Monate aber stiegen sie bereits mit einer annualisierten Rate von 3,3 Prozent. (vgl. das folgende Schaubild) Das bedeutet, wenn sie sich weitere sechs Monate lang in diesem Tempo erhöhen, wird es im Juni im Vorjahresvergleich bei den Ausfuhrpreisen eine Inflationsrate von 3,3 Prozent geben.
Bei den Einfuhrpreisen geht die Post noch viel rascher ab: Gegenüber Dezember 2015 erreichten sie bereits plus 3,4 Prozent, und annualisiert auf der Basis des vorangegangenen halben Jahres waren es sogar 7,7 Prozent.
Eine Stufe weiter in der Wertschöpfungskette, bei den gewerblichen Erzeugerpreisen, ist es erwartungsgemäß nicht ganz so dramatisch. Hier lauten die Zahlen für Dezember: Vorjahresvergleich plus 1,0 Prozent, sechs Monate annualisiert 3,0 Prozent. Übrigens ist das nicht nur ein Ergebnis der höheren Ölpreise, denn auch ohne Energieträger sind die Erzeugerpreise annualisiert mit einer Rate von 2,7 Prozent gestiegen.
Was bedeuten diese Zahlen für die Inflation auf der Verbraucherstufe? Im Dezember erreichte sie im Vorjahresvergleich 1,7 Prozent (in den letzten sechs Monaten annualisiert 1,9 Prozent). Wenn die Preise von nun an um monatlich 0,2 Prozent zunehmen, wird die Inflationsrate im Februar saisonbereinigt auf 2,2 oder 2,3 Prozent klettern. Sie wird 2017 nicht mehr unter zwei Prozent sinken, wenn es bei diesen monatlichen Preissteigerungen bleibt.
Die Frage ist natürlich, ob wir es mit einem nachhaltigen Anstieg der Inflation zu tun haben. Dazu müsste sich bei den Löhnen, dem wichtigsten Kostenfaktor, mehr tun als bisher. Trotz des jahrelangen Anstiegs der Beschäftigung – in den vergangenen fünf Jahren um rund 0,8 Prozent jährlich – und des Rückgangs der Arbeitslosenquote von 8,3 Prozent im Krisenjahr 2009 auf zuletzt 6,0 Prozent ist noch nicht zu erkennen, dass sie rascher zunehmen. Seit 2014 pendeln ihre jährlichen Zuwachsraten zwischen 2,5 und 2,8 Prozent (auf Stundenbasis). Da diese Werte bisher weit über den Inflationsraten der Verbraucherpreise lagen, hatten die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften offenbar wenig Anlass, aggressiv für höhere Abschlüsse zu kämpfen.
Nimmt man den Produktivitätsfortschritt mit ins Kalkül, üben die Löhne immer noch einen dämpfenden Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Inflation aus – die sogenannten Lohnstückkosten übertrafen im Unternehmenssektor ihren Vorjahreswert zuletzt lediglich um 1,2 Prozent. Sie tragen von deutscher Seite dazu bei, dass die EZB ihr Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent bisher nicht erreicht hat.
Von einer Lohn-Preisspirale ist also noch nichts zu erkennen, so dass für die EZB unmittelbar kein Handlungsbedarf besteht, zumal der Inflationsdruck im Rest Eurolands wegen der schwächeren Konjunktur dort geringer ist als hierzulande. Aber der Zug ist ins Rollen gekommen. Die überfällige Normalisierung der Zinsen hat begonnen, das Risiko neuer Aktien- und Immobilienblasen nimmt ab. Deshalb freue ich mich über den Anstieg der Inflationsraten.