Die Weltwirtschaft ist im Boom. IWF und OECD haben ihre Wachstumsprognosen für dieses und nächstes Jahr mittlerweile auf 3,9 Prozent erhöht und der Welthandel expandiert das erste Mal seit sechs Jahren wieder merklich stärker als das globale BIP. Trotzdem wird es demnächst zu einer größeren Korrektur der Aktienmärkte kommen. Der Hauptgrund dafür klingt relativ banal: Sie sind so lange so gut gelaufen und jetzt sind sie entsprechend teuer.
In den USA kommt hinzu, dass die Fed die Zinsen weiter erhöhen wird, nachdem Vollbeschäftigung de facto erreicht ist und die Finanzpolitik massiv Gas gibt. Dass Verbraucherpreise und Löhne nur moderat steigen, stört die Geldpolitiker nicht – es sei nur eine Frage der Zeit. Der Diskontsatz, mit dem künftige Gewinne und Dividenden auf die Gegenwart abgezinst werden, erhöht sich also, was wiederum auf die Aktienkurse drückt.
Im Euroraum sind die Inflationsaussichten noch günstiger als in den USA: Nach wie vor herrscht Unterbeschäftigung, die Kerninflation, ein wichtiger Frühindikator für die Verbraucherpreise, beträgt seit fünf Jahren nur ein Prozent, und der starke Euro vermindert die Außenhandelspreise. Außerdem ist die Finanzpolitik aggregiert weiterhin darauf ausgerichtet, die Budgetdefizite zu vermindern. Diesen restriktiven Effekt muss die EZB ausgleichen. Zwar dürfte das Bond-Ankaufsprogramm gegen Ende dieses Jahres auslaufen, aber es ist nicht damit zu rechnen, dass die Leitzinsen schon bald danach angehoben werden. Die wirtschaftliche Lage verbessert sich zusehends, ist aber noch nicht gut.
Insgesamt sind die amerikanischen Aktienmärkte wegen der steigenden Zinsen und der sehr hohen Bewertungen stärker gefährdet als die europäischen, aber es besteht kein Zweifel daran, dass ein Einbruch in den USA die europäischen Märkte mit in die Tiefe ziehen würde.
Im Augenblick leben wir fast in der besten aller Welten: Die Beschäftigung nimmt zügig zu, die Preise sind stabil, die Gewinne steigen immer noch, an den Devisen- und Bondmärkten herrscht Ruhe. Die expansive Geldpolitik kann ohne Probleme für längere Zeit fortgesetzt werden. Risiken wie ein weiterer kräftiger Anstieg des Ölpreises, das Anziehen der geldpolitischen Zügel in den USA, die relativ hohe Verschuldung des privaten Sektors in Frankreich und in China und die Eskalation des Handelskrieges dürften beherrschbar sein, nicht dagegen das Risiko, dass eines Tages eine Welle von Gewinnmitnahmen die globalen Aktienmärkte in die Tiefe zieht. Wann das geschehen wird, ist wie immer nur schwer vorherzusagen, aber es geht nur um das „Wann“, nicht das „Ob“.
Eine ausführliche Analyse zu den aktuellen Aussichten und Risiken für Aktien und Bonds finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:
Wermuth’s Investment Outlook – Buoyant economies, overvalued equities, April 2018*) (pdf, 661 KB)
*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)