Vom ersten Quartal 2009, dem Tiefpunkt der Rezession, bis zum ersten Quartal 2018 ist der DAX um 217 Prozent gestiegen, das nominale Sozialprodukt Deutschlands aber nur um 37,5 Prozent. Ähnlich lief es in den USA. Aktien haben die Bodenhaftung verloren. Aber auch Renten, vor allem Bundesanleihen, sind sehr teuer: Bei den Zehnjährigen beträgt die Rendite 0,44 Prozent, die Inflation hat dagegen in der Zwischenzeit 2,2 Prozent erreicht. Real haben wir es also mit deutlich negativen Zinsen zu tun. In anderen europäischen Ländern ist es nicht ganz so krass, aber auch dort lässt sich mit guten Festverzinslichen kaum Geld verdienen.
Den Anlegern ist klar, dass das nicht so bleiben kann, weswegen sie einigermaßen nervös sind und den Marktausgang fest im Blick haben. Sie fragen sich, was der Auslöser für eine größere Korrektur sein könnte. Mehrere Kandidaten kommen dafür infrage:
1. Die Insolvenz eines Schwellenlandes in Reaktion auf höhere Dollarzinsen und einen festen Dollar. Mitte Mai kam es zu einer kleinen Panik. Vor allem Argentinien, die Türkei und Brasilien waren betroffen, Länder, die große Twin Deficits aufweisen, also Defizite in der Leistungsbilanz und im Staatshaushalt. Bisher halten die Abwehrmechanismen und es ist zumindest vorübergehend wieder Ruhe eingekehrt.
2. Italien! Die neue Regierung gibt sich spendierfreudig und nimmt in Kauf, dass sie gegen die Maastricht-Auflagen verstoßen wird. Im Grunde ist die Wirtschaft des Lands auf dem Wege der Gesundung und es gibt keinen Zweifel, dass der Schuldendienst geleistet werden kann. Es handelt sich um eine politische, nicht um eine wirtschaftliche Krise. Allerdings ist eine Bankenkrise angesichts gewaltiger notleidender Kredite immer noch ein Risiko.
3. Eine restriktivere Geldpolitik in den USA und in Europa. Hier wird es keine Schocks geben. Vielmehr haben sowohl die Fed als auch die EZB durchblicken lassen, dass sie die Zügel etwas anziehen werden, aber eben nur piano.
4. Ein Handelskrieg. Bisher sind die Größenordnungen ungefährlich. Vermutlich wird es nicht zu einer Eskalation kommen, weil selbst der amerikanischen Regierung klar sein dürfte, dass dann alle verlieren werden. Im Handelskrieg gibt es keine Gewinner.
5. China. Der private Sektor ist stark verschuldet und es könnte sein, dass die Erträge aus den schuldenfinanzierten Investitionen bald nicht mehr ausreichen, die Gläubiger zu befriedigen. Das Land verfügt allerdings über gewaltige Reserven und hat nur relativ geringe Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland. Allerdings ist die Lage wegen der schlechten Datenlage nur schwer zu durchschauen und potenziell gefährlich.
6. Die Carbon-Blase: das Zeitalter der fossilen Brennstoffe neigt sich dem Ende zu, aber noch steigen Ölproduktion, CO2-Emissionen, die globale Durchschnittstemperatur und die Gewinne der Ölproduzenten. Alternative Energie wird immer billiger, so dass die Nachfrage nach Erdöl, Gas und Kohle irgendwann stark zurückgehen wird. Das ist aber kein unmittelbares Risiko für die Kapitalmärkte.
Eine ausführliche Analyse der aktuellen Risiken für Aktien und Bonds finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:
Wermuth’s Investment Outlook – Extremely expensive stocks and bonds, June 2018*) (pdf, 754 KB)
*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)