Die Inflation bleibt weiterhin niedrig, niedriger als das die Profis erwartet hatten. Zuerst gab es am heutigen Dienstag die Außenhandelspreise für Januar – die Einfuhren hätten um 0,3 Prozent gegenüber Dezember billiger werden sollen, heraus kam minus 0,7 Prozent. Im Vorjahresvergleich lag die Rate nur noch bei +0,7 Prozent. Die Inflation der Einfuhrpreise ist seit ihrem Höchststand von 6,3 Prozent im Juli also deutlich gefallen. Da die Ausfuhrpreise nach wie vor leicht steigen (2,4 Prozent gg. Vj.), haben sich die Terms of Trade in den letzten Monaten deutlich verbessert, so dass es auch von daher einen Schub bei den verfügbaren Einkommen der Haushalte gegeben hat. Der Aufschwung steht auf einem immer solideren Fundament. Zudem gibt es keinen Kostendruck in den Pipelines – nicht nur die Einfuhrkosten sonder auch die Lohnstückkosten sind zuletzt deutlich gefallen (-1,1 Prozent zwischen Q3 und Q4, und -1,7 Prozent gg. Vj.). Was will man mehr: der konjunkturelle Aufschwung wird immer kräftiger und gleichzeitig sinken die Kosten.
Zudem sieht es so aus, als ob es den Verkäufern auch im Februar nicht gelungen ist, die höhere Mehrwertsteuer an ihre Kunden weiterzugeben. Nach den Vorabmeldungen aus Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Hessen und Baden-Württemberg dürfte die Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen von 1,7 Prozent im Januar auf 1,8 Prozent im Februar gestiegen sein. Und das wärs dann gewesen mit dem Mehrwertsteuerschock, den die meisten Analysten vorhergesagt hatten.
Ein Rätsel bleibt die rapide Zunahme der Geldmenge M3, wo der Vorjahresabstand, wie heute ebenfalls gemeldet wurde, auf 9,8 Prozent gestiegen ist. Warum ist so viel Liquidität im Markt? Nur zur Erinnerung: die EZB strebt mittelfristig eine jährliche Zuwachsrate von 4 1/2 Prozent an. Ein Grund ist natürlich, dass die Anleiherenditen nur unwesentlich höher sind als die Zinsen auf Termingelder und andere kürzerfristige Einlagen – um es im volkswirtschaftlichen Slang zu sagen: die Opportunitätskosten der Liquiditätshaltung sind gering. Eine zusätzliche Erklärung liefert die starke Konjunktur und, damit verbunden, der bisherige Boom am Aktienmarkt. Beides hat dazu geführt, dass wieder mehr Kredite aufgenommen werden, vor allem vom privaten Sektor, und dort vor allem von den Unternehmen und den Häuslebauern. Der Staat baut dagegen seine Verschuldung gegenüber den Banken zur Zeit ab. Kredite sind auf der Aktivseite der Bankbilanzen das wichtigste Gegenstück zu den Einlagen auf der Passivseite, aus denen sich M3 zusammensetzt (Bargeld macht nur 7,4 Prozent von M3 aus).
So rasch M3 expandiert, so gering ist das Risiko, dass sich daraus eine neue Inflationsspirale entwickelt. Der einst so enge Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation der Verbraucherpreise ist wohl auch im Euroraum zusammengebrochen. Die Fed hat ein solches Phänomen schon vor Jahren beobachtet und ganz unzeremoniell die Geldmengensteuerung aufgegeben. Zuletzt hat sie sogar ganz auf die Ermittlung des M3-Aggregats verzichtet. Wir dürfen gespannt sein, wann die EZB nachzieht. Na ja, so spannend ist das auch wieder nicht, da der Abschied auf Raten ja schon seit einiger Zeit im Gange ist.