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Aussicht auf ein solides Wachstum

 

Produktion und Auftragseingang in der Industrie

Die deutschen Konjunkturzahlen, die diese Woche veröffentlicht wurden, waren gemischt. Während es beim Auftragseingang im Juni nach ersten Schätzungen erneut einen kräftigen Anstieg gab, sank die Produktion im Produzierenden Gewerbe saisonbereinigt um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat, so dass sich im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal nur ein Anstieg von 0,1 Prozent ergab. Das könnte ein Dämpfer für das Wachstum im zweiten Quartal gewesen sein. Die Aussicht ist aber trotzdem nicht schlecht, dass das reale Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal ähnlich stark gestiegen ist wie im ersten. Hierfür sprechen die Entwicklungen auf der Nachfrageseite.

Nach dem Einbruch im ersten Quartal dürfte der privaten Konsum wieder positiv zum Wachstum beigetragen haben. Ein Indikator dafür sind die Einzelhandelsumsätze. Sie haben im Quartalsvergleich real um 1,8 Prozent zugelegt, während es zuvor noch einen Rückgang um 7,1 Prozent gab. Die Investitionen dürften im zweiten Quartal dagegen nicht mehr so stark gestiegen sein wie im ersten Quartal. Darauf deuten der schwächere Zuwachs bei der Investitionsgüterproduktion und der Rückgang beim Bau hin.

Die am heutigen Mittwoch veröffentlichten Zahlen zum Außenhandel geben Anlass zu der Annahme, dass der Außenbeitrag dieses Mal wieder kräftig zum Wachstum beigetragen hat. Während die nominalen Exporte im zweiten Quartal saisonbereinigt leicht gestiegen sind, gab es bei den Importen einen leichten Rückgang. Da die Importpreise wesentlich stärker gestiegen sind als die Exportpreise, wird der reale Außenbeitrag um so größer ausfallen.

Es ist also durchaus möglich, dass es im zweiten Quartal real und saisonbereinigt gegenüber dem ersten Quartal eine Zuwachsrate von 0,8 Prozent gegeben hat.

Erwerbstätigkeit und BIP 0708

Dafür, dass es auf der Angebotsseite nicht ganz so schlimm aussieht, wie es die Produktionszahlen im Produzierenden Gewerbe suggerieren, spricht der Beschäftigungsanstieg. Saisonbereinigt waren im zweiten Quartal im Durchschnitt 110 Tsd. Menschen mehr beschäftigt als im Vorquartal. Gegenüber dem Vorjahresquartal ist das ein Anstieg um 1,7 Prozent. Bei einen Zuwachs des BIP um 0,8 Prozent würde sich gegenüber dem Vorjahresquartal ein Anstieg um 3,2 Prozent ergeben, nach 3,6 Prozent im ersten Quartal. Langsam sieht es danach aus, als ob Deutschland doch nicht mehr der kranke Mann Europas ist.

Im Jahresvergleich könnte sich das Wachstum zwar etwas verlangsamen, das heißt aber nicht, dass die Dynamik des Aufschwungs verloren gehen wird. Das zeigen der Auftragseingang, aber auch die Lage am Arbeitsmarkt. Im Juli war die Zahl der Arbeitslosen erneut saisonbereinigt um 45 Tsd. gesunken. Das entspricht etwa dem durchschnittlichen monatlichen Rückgang seit Anfang 2006. Zudem findet der Beschäftigungsaufbau, vor allem auch der der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze, auf ganzer Breite, über alle Sektoren hinweg statt, einzige Ausnahmen: das Kredit- und Versicherungsgewerbe. Und es werden weiter Leute gesucht. Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit hat im Juli einen neuen Höchststand erreicht.

So schön diese Zahlen auch sind, absolut gesehen sind 3,8 Millionen Arbeitslose nach wie vor ein Armutszeugnis. Wenn es im bisherigen Tempo weitergeht, dauert es noch fünf Jahre, bis wir wieder unter die Marke von einer Millionen kommen.

Insgesamt befindet sich die deutsche Wirtschaft auf einem soliden Wachstumspfad, hat aber noch lange nicht das Stadium der Überhitzung erreicht. Angesichts des starken Euro wäre eine ambitionierte weitere Verschärfung der Geldpolitik das Letzte, was wir uns wünschen würden. Real stagnieren die effektiven Stundenlöhne schließlich noch immer und Lohninflation ist beim besten Willen nicht auszumachen. Auch in den anderen Ländern der Währungsunion nicht.